Es ist wieder Weinrallye, diesmal im Zeichen der Underdogsorte Scheurebe. Die Geschichte des Sämlings 88 aus Alzey wird sicherlich im Rahmen dieser Weinrallye anderswo ausführlich erörtert und die Mutter des „Rieslingsohnes“ auch künftig unbekannt bleiben.
Rassismus und Diskriminierungen gibt es auch in der Welt des Weines – nicht nur in Deutschland. Es gibt die Angst vor Überfremdung auf der einen Seite wie auch den Hang zu Modeweinen, die weder mit dem Terroirgedanken noch mit regionaler Typizität zu tun haben.
Von Einwanderern und Neuzüchtungen
Und dann gibt es die assimilierten und perfekt integrierten Rebsorten, manche wenige davon Neuzüchtungen, andere Einwanderer aus anderen Weinregionen. Fragen bleiben dennoch offen und allgemeingültige Antworten erscheinen mir oft zu dogmatisch:
Darf man einen Grünen Veltliner auch in der Pfalz anbauen oder einen Merlot in Baden? Brauchen wir Sauvignon Blanc aus Deutschland? Warum baut hierzulande kaum einer Lagrein an und könnten nicht die Cabernet-Neuzüchtungen wie Mitos, Cubin und Dorsa den vielen dünnbrüstigen Roten aus Deutschland etwas extraktreichere Struktur geben? Ist nicht die Zweigelt-Traube eine der Erfolgsstories unter den Neuzüchtungen schlechthin, zumindest in Österreich?
Müller Thurgau war als Massenträger viele Jahre ein Synonym für belanglose pappige Weißweine aus Deutschland und hat sicherlich den Ruf im Ausland nachhaltig geschädigt. Aber lag das an der Sorte oder daran, was daraus gemacht wurde?
Wäre man tolerant könnte man mit Friedrich II. sagen: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“…
Ich bin ein Verfechter der Rebenvielfalt – nicht nur, um die Weinbergsmonokultur ein wenig aufzulockern. Die Klimaerwärmung wird nicht nur dafür sorgen, dass Vitis vinifera sich weiter nach Norden ausbreiten wird, sondern auch dafür, dass in machen Regionen bestimmte Rebsorten nicht mehr angebaut werden können, da sie den veränderten Bedingungen nicht mehr entsprechen. Andere Sorten, etwa Syrah und Grenache, wird man vielleicht auch bei uns künftig finden, der Riesling mancherorts vielleicht seine Spritzigkeit verlieren. Dass manche Neuzüchtungen auch gegen krankheitsbedingte Ausfälle ein Mittel sein können – wer könnte daran ernstlich Anstoß nehmen? Letztlich werden sich Neuzüchtungen aber nur dann durchsetzen, wenn sie neben der „Winzerfreundlichkeit“ auch dem Weinfreund einen hinreichenden Genuss bereiten können und ihn dazu verleiten, sie auch zu kaufen.
Klon 88 & Co.
Kerner, Huxelrebe, Müller-Thurgau, Rieslaner und eben die Scheurebe mögen vielleicht in der Masse nicht an Riesling und andere Edelreben heranreichen, im Einzelfall können sie jedoch durchaus überzeugen und gerade auch im Falle der Scheurebe eine facettenreiche Erweiterung des Spektrums eines Weinguts sein, sofern sie eben ins individuelle Konzept passt.
Ich hatte ein paar Mal das Vergnügen, eine Scheureben-Spätlese im Glas zu haben und war jedes Mal begeistert.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir hierbei vom Weingut Weegmüller aus Neustadt/W. die „normale“ trockene Scheurebe und die Herrenletten Spätlese 08, ausgezeichnet mit der goldenen Kammerpreismünze 09.
Auch aus dem Juliusspital gibt es empfehlenswertes: Würzburger Stein Scheurebe Spätlese…
Verkostet
Beim lokalen Dealer fand sich auf die Schnelle Gestern eine Scheurebe Kabinett 2009 Schlossberg von der WG Achkarren, Kaiserstuhl/ Baden.
12,0 % Alk. / 6,3 g/l Restzucker / 6,20 €.
Angenehm würzig-duftiges Bukett in der Nase, grünlichgelb im Glas, Aprikosen, schwarze Johannisbeeren und gelbe Pfirsiche, vollmundig am Gaumen, was sich leider im Abgang nicht fortsetzt. Ein Wein, der aber zu kräftigem Essen passt und auch vor scharfem Asiatischen Gerichten nicht einknicken wird.
Bei uns gab es passend zur Jahreszeit eine Quiche Lorraine dazu, wunderbare Sache…
Alles in allem eine Sorte, der man durchaus mehr Aufmerksamkeit schenken sollte und mit der ich mich wohl künftig häufiger befassen werde!