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Ein englisches Kamel oder ein Rosé aus Cornwall

Heute betreten wir einmal weintechnisches Neuland und widmen uns dem Wein aus einer für uns bis dato unbekannten Anbauregion: England bzw. Cornwall.

Auch wenn so mancher hierzulande gerne auf die Esskultur der Briten herabschaut, so haben sie doch eine der ältesten und distinguiertesten Weinkulturen überhaupt, war doch Bordeaux mit Aquitanien jahrhundertelang englisch dominiert und prägte den Weinhandel mit der Insel wesentlich. Man könnte auch noch die Geschichte des Methuenvertrags und der Liebe der Briten zum Portwein erzählen, aber das ist eine andere Geschichte…

Der Weinbau in England

Der Überlieferung nach brachte Julius Cäsar den Wein nach England, allerdings wird er kaum gereicht haben um die Römer zu versorgen und hatte wohl eher dekorativen Charakter für die reichen Römer und diente eher dazu, sie an die römische Heimat zu erinnern.
Zur Zeit der Eroberung Englands durch die Normannen finden sich die ersten historischen Belege für einen ernstzunehmenden Weinbau in England durch die südenglischen Klöster. Ende des 11. Jahrhunderts waren 46 Weinanbauorte in England erfasst und zu Zeiten der Thronbesteigung Henry VIII. (1509) waren 139 Weinberge substantieller Größe vorhanden.
In den darauf folgenden Jahrhunderten sank diese Zahl stetig und es wird darüber spekuliert, ob dies der Auflösung der Klöster durch Henry VIII. oder der kleinen Eiszeit (15. bis 19. Jhdt.) geschuldet war.
Der Neuanfang wurde zwar von einigen experimentierfreudigen Adeligen vom 17. bis zum 19. Jhdt. regelmäßig versucht, allerdings waren diesen Experimenten keine kommerziellen Erfolge beschieden. So dauerte es bis zum Ende des 19. Jhdt., bis der Weinbau im großen Stil wieder aufgenommen wurde, nur um nach Ende des Ersten Weltkrieges für über 25 Jahre völlig zu erliegen.
Seit den Sechzigern stieg die Anzahl der Weingüter, welche sich in den Siebzigern & Achtzigern noch verhalten, ab den Neunzigern dann aber rasant entwickelte.
Heute gibt es weit über 400 Weingüter mit einer Anbaufläche von insgesamt 2000 Hektar, wobei in England viele kleine Weingüter zwischen einem und fünf Hektar das Bild prägen. Viele Winzer bauen cool-climate-Sorten an und orientieren sich oftmals an deutschen Beispielen aus weniger begünstigten Lagen.
Die Qualität der Weine in England hängt durch den dominanten Atlantikeinfluss mehr als andernorts vom Wetter ab und höchstens zwei Jahrgänge eines Jahrzehnts sind herausragend. Die restlichen Jahrgänge verteilen sich erfahrungsgemäß zu gleichen Teilen auf normale und schlechte Ernten. Seit Jahren erscheinen aber immer häufiger Britische Gewächse auf den internationalen Wettbewerben und hinterlassen hierbei durchaus mehr als nur respektvolle Randnotizen.

Das Weingut Camel Valley in Cornwall

Das 1989 in Bodwin, Cornwall gegründete Weingut liegt an sonnenverwöhnten Hängen des Flusses Camel und gewann bereits für seinen ersten Wein eine Medaille in der „national English Wine Competition“.
Die Winzer Bob und Annie Lindo sind Autodidakten, wobei Bob in Deutschland schon einen Jahrgang mitgestaltete. Die ersten Jahre waren entbehrungsreich und wurden einzig von ihnen und zur Erntezeit von ein paar helfenden Freunden gestemmt, jedoch blieb der Lohn all der Mühen nicht aus. Immer mehr Preise und Medaillen gesellten sich hinzu: 2005 gewannen sie die „International Wine Challenge Gold Medal for Camel Valley ‘Cornwall‘ sparkling wine“, und seit dem einige mehr.
Mittlerweile sind sie natürlich nicht mehr allein und auf dem besten Wege zum Generationenbetrieb: Sohn Sam hat mittlerweile die Leitung übernommen und gewann 2009 die „Trophy & Gold Medal in the International Wine Challenge for Camel Valley Bacchus“. Diesen konnten wir leider nicht verkosten, aber der 2009er Camel Valley Rosé hat bei uns ebenfalls einen guten, wenn auch nicht überragenden Eindruck hinterlassen.
Jancis Robinson meinte zum 2008er Pinot Noir Rosé Brut: ‘Superior Quality‘, ‘widely admired producers’… mit den edlen Schäumern hat man sich bei camel Valley eine begeisterte Fanschar aufgebaut, umso schwerer sind die Tröpfchen zu bekommen.

Das englische Kamel: 2009er Camel Valley Rosé

Der blubberfreie Rosé aus Pinot Noir, Rodo und Dornfelder liegt als zartes Altrosa im Glas und hat eine animierende frische Säure sowie diverse Fruchtnoten (Erdbeernoten laut Webseite) in der Nase. Am Gaumen sind vor allem die frisch-fruchtige Säure und die feinen Pinot-typischen Töne auffallend, jedoch ist er im Abgang leider viel zu schnell vorbei bzw. zu schwach. Aber es handelt sich hier ja auch um einen „Easy drinking Wine“, und dies steht schon auf dem Rücketikett!

Der Camel Rosé ist ein einfacher, aber durchaus trinkiger Sommerrosé für Balkonien, wohl gemerkt nicht nur für einen Englischen Sommer geeignet. Ein Pendant aus – sagen wir der Pfalz – würde man auf 5-6 € taxieren, die britischen Eigengewächse sind allerdings meist deutlich teurer – mit umgerechnet 13 € hat man hier kein Schnäppchen vor sich…

Er ist „Suitable for Vegetarians“ 😉 und was auch immer ein Veggie-Wine sein mag (jaja, schon klar, keine Schönung mit Eiklar usw.), etwas mehr Fleisch auf den Rippen bzw. im Abgang hätte ihm sicher gut zu Glase gestanden, aber in der Kategorie Balkonwein schlägt er sich durchaus respektabel.
Alles in allem aber eine interessanter erster Weinausflug auf die britischen Inseln und sicher nicht unser letzter – es scheint noch viel zu entdecken zu geben auf der Insel in Sachen Wein, mit oder ohne Blubber.

Link zum Weingut



http://www.camelvalley.com
Bildrechte bei Camel Valley 2010 /
All Pics by kind permission of the Camel Valley Estate