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Gefällt mir – den Datenschützern aber nicht

Nächste Abmahnwelle?

Abmahnungen – ein leidiges Thema, das natürlich nicht nur Wein-Blogger betrifft, sondern in den letzten Jahren zu einer Plage für die einen, zu einem einträglichen Zubrot für andere geworden ist.

Da lässt ein Winzer einen anderen abmahnen, weil dieser eine Bezeichnung auf seinem Flaschen Etikett verwendet, die jener hat schützen lassen, obwohl es sich um einen Allerweltsbegriff handelt. Ein anderer ist abmahnen, weil ein unliebsamer Konkurrent praktischerweise eine veraltete Webseite betreibt, darin aber seine Umsatzsteueridentifikationsnummer nicht angegeben hatte oder gar überhaupt kein Impressum. (Das ist übrigens in vielen Ländern dieser Welt und auch innerhalb der EU ebenfalls nicht erforderlich!) Vergleichbares findet natürlich auch völlig außerhalb der Weinszene statt.

Land der HighTech-Angst

Das Internet und Social Media im Besonderen sind allgegenwärtig in den aktuellen Webwelten und beeinflussen unser aller Leben in zunehmendem Maße. Von Facebook über Twitter und LinkedIn hin zu diversen Verknüpfungen und Verlinkungen, sowie Verfügbarkeit auf stationären wie mobilen Geräten wie Smartphones  – die Art wie wir kommunizieren und das Netz benutzen hat sich grundlegend verändert wird das auch weiterhin tun. Das bringt natürlich Gefahren für den Einzelnen, und gerade Kinder und Jugendliche müssen entsprechend aufgeklärt und geschützt werden, sowie mögliche Missbrauchsmöglichkeiten verhindert werden. Von den unglaublichen Chancen hört man kaum einen Politiker und schon gar keine Talkshow-Gäste reden.

Noch vor weniger als zehn Jahren hätten viele von uns sich weder kennen gelernt noch stünden im regen lockeren, aber durchaus auch mal gesellschaftlichen und wirtschaftlich relevantem Kontakt miteinander…

In kaum einer anderen Industrienation herrscht aaber eine derartige Verunsicherung und Verängstigung in Sachen moderner Kommunikation, Hightech, Gentechnik und Datenschutz wie hierzulande.
Facebook und Google werden als ernsthafte Bedrohung wahrgenommen – man denke nur an die Street View -Debatte, die es außerhalb der BRD so nirgends gab. Selbst in dem kleinen Dörfchen in der Nähe Fitou, in der ich letzten Frühsommer gastierte, war jede kleine Gasse bei Street View erfasst. Und?

Aktuell – der Facebook-i-Like-button

Nach dem Sturm gegen Google Analytics scheint nun ein neuer aufzuziehen, der sich mit dem beliebten Facebook- Knöpfchen beschäftigt. Ob nun die Verwendung des Knopfes in Blogs und auf Webseiten tatsächlich gegen deutsches Datenschutzrecht verstößt oder nicht ist eine derzeit noch umstrittene juristische Frage, die nicht hierher gehört.

Bemerkenswert finde ich aber folgendes:

ich befasse mich seit 1997 mit dem Thema Internet und Recht und habe so einige Debatten mitbekommen. In Sachen Datenschutz und Datensicherheit war damals aber immer eher die Frage, was der Staat darf und in wieweit ich mich als Einzelner vor dem ungebändigten Interesse des Staates an seinen Bürgern und deren Kommunikationen schützen kann und darf, sowie die Abwägung zwischen staatlichem Interesse an Verbrechensbekämpfung bzw. Vorbeugung einerseits und dem Schutz der persönlichen Privatsphäre vor dem Hintergrund des Art. 10 GG, bzw. der Informationellen Selbstbestimmung. (Stichwort „Gläserner Bürger“).

Heutzutage kämpft Bürger gegen Bürger bzw. Unternehmen gegen Unternehmen. Es wird wegen jedem F… geklagt und abgemahnt. Der eine mahnt den anderen ab, nicht etwa weil ihm ein wettbewerbsrechtlicher Nachteil durch das Verhalten des Konkurrenten droht (manchmal ist ja nicht einmal das der Fall!), sondern weil es dem anderen schadet oder der windige Rechtsanwalt dazu rät.

Gesetzgeber, Gerichte und Datenschutzbeauftragte tragen durch ihr Verhalten (bzw. Nichtstun) meines Erachtens in dieser Sache nicht wirklich zu einer Verbesserung des Datenschutzes, des lauteren Wettbewerbes oder gar des Rechtsfriedens bei, von notorischen Abmahn-Anwälten ganz zu schweigen.

Eine Übertragung von IP-Adressen ist unabhängig von ihrer Speicherung ein datenschutzrechtlich relevanter Vorgang der Verarbeitung. So weit so gut. Inwieweit aber dieser Vorgang schützenswerte Rechte verletzt, ist eine andere Sache. Ob eine IP-Adresse aber ein personenbezogenes Datum ist, darüber lässt sich trefflich streiten.

Das Facebook nicht eben sorgsam mit dem Thema Datenschutz umgeht dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Wenn ich also als FB-Nutzer auf einer Webseite den „Mag-Ich-Knopf“ anklicke, dann ließe sich dieser Vorgang auch als konkludente Einverständniserklärung in die Übertragung der eigenen IP-Adresse an die Systeme von Facebook verstehen.

Anscheinend wäre es aber anderen wiederum lieber, sämtliche Social Media- Verknüpfungsmöglichkeiten abzuschaffen, da sie hypothetische (teilweise auch konkrete) Gefahren bedeuten.

Die Konsequenzen für das moderne Internet, zumindest in Deutschland, kann sich der versierte Leser unschwer ausmalen. Wer auf der sicheren Seite sein will, der schaltet sämtliche Interaktionsmöglichkeiten ab oder nimmt sie von der Seite. Zumindest den FB-Knopf bis zur Klärung… Am besten und sichersten also: zurück zum Web 1.0!

Fliegende Gerichtsbarkeit und die Wahl eines Gerichtes mit abmahngünstiger Rechtsprechung befördern die Abmahneritis, eherne rechtsstaatliche Grundsätze wie Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit im Einzelfall scheinen keine Rolle mehr zu spielen, man denke nur an das Thema Filesharing & Abmahnung von Minderjährigen.

Mögliche Lösungen sind wohl nur durch die Politik zu erreichen, die allerdings viel zu oft durch Lobbyismus der großen Interessenverbände getrieben wird, (z.B Urheberrechtsschutz). Eine denkbare und praktikable Idee wäre es vielleicht, wenn in UWG-Sachen jeder wie im Arbeitsrecht seine Anwaltskosten selber tragen müsste… das Interesse der notorischen Abmahner ließe schlagartig nach!

Wie wir schon in der Diskussion des Themas mit Dirk Würtz gemeinsam festgestellt haben – So macht das Web 2.0 langsam keinen Spaß mehr!

#DISLIKE!

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8 Kommentare

  1. Waldgeist

    Ich stimme voll und ganz zu. Besonders die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser juristischen Blödelei versteht unsere Politik nicht. So etwas scheinbar „banales“ wie ein „I Like“ Knopf verschafft gerade Mittelständischen Unternehmen (ergo den Unternehmen, die die meisten Leute in Deutschland beschäftigen und dieses ewig sinkende Schiff der Gier über Wasser halten) einen Nachteil gegenüber anderen europäischen Anbietern.

    Man glaubt nicht wie groß der Werbenutzen von Facebook inzwischen geworden ist. Nicht als typische Trickwerbung. Nicht als Geißel des Internets, das den unbescholtenen Nutzer in die Falle lockt, nein. Es ist eine ehrliche Form der Werbung. Motiviert durch den eigenen Sozialraum, die eigenen Freunde. Man findet etwas cool und teilt es. Dadurch drängt Qualität im kommerziellen Bereich nach oben, weil der Schneeballeffekt besonders die „Geheimtips“ zur mehr Aufmerksamkeit verhilft.

    Es ist schon traurig in was für einem Land wir leben. Die Politiker reden immer exakt das Gegenteil dessen was sie am Ende tun. („Bildung ist wichtig“ => Hochschulen bekommen Gelder gestrichen und wir stehen international wie Versager da, trotz excellenter Leerpläne und ambitionierter Professoren usw..) Da macht nicht nur Web 2.0 keinen Spaß mehr, da vergeht mir der Spaß an Deutschland und ich bin mit jedem Tag glücklicher in der Schweiz zu arbeiten.

  2. Wenn die Datenschützerei sich zulasten von Bürger und Unternehmen wendet wird sie pervers. Meine IP-Adresse ist bei weitem nicht so schützenswert, wie meine Bankdaten – dass die nur mit einer simplen PIN geschützt werden, kratzt keinen…
    Dass sich Krankenkassen erdreisten, für jeden Dreck beim Arzt nachfragen zu dürfen – und das sind wirklich persönliche Daten! – scheint auch ok zu sein…

  3. Patric

    Was Krankenkassen, Medienindustrie & Co. gemeinsam haben ist genau das was uns, dem gemeinen digitalen Webvolk fehlt – eine milliardenschwere Lobby um die Interessen, Ideen und die Geschäftsmodelle zu verteidigen die wir so haben.

    Aber ich denke nicht das die Abmahnerei, sei es Impressumspflicht, Analytics oder Like-Buttons, früher oder später in den Griff bekommt – es finden sich immer Leute die gerne Erbsen zählen und damit noch Geld verdienen…

  4. genau. Fragt sich immer nur, wer davon profitiert. Wie oben gesagt – müsste jeder seinen Rechtsanwalt selbst zahlen bei UWG-Sachen, würde man sich als Wettbewerber genaustens überlegen, ob das Verhalten des Mitbewerbers tatsächlich schädigt, oder nur ein Versehen ohne relevante tatsächliche Beinträchtigung darstellt, und die Kosten Nebensache sind. Die Verhinderung und Eindämmung von Wettbewerbsverzerrungen sind ja das eigentliche Ziel des UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Datenschutz ist dennoch ein wichtiges Thema, fragt sich nur, wo man die Schwerpunkte setzt bzw. welche und wessen Daten vor wem und wie weit schützenswert sind…

  5. Gut möglich! Allerdings weigere ich mich im vorrauseilenden Gehorsam hier tätig zu werden. Mir bleibt nur die Hoffnung, dass die Politik die Rechtslage irgendwann an die technische Realität des Internets anpasst und den von mir als durchaus wichtig & schützenswert erachteten Datenschutz zu einem Instrument macht, der wieder den Bürger schützt und nicht eine Abmahnindustrie befeuert.
    Mehr Sachverstand muss her! Genau da hat die Politik trotz einem kurzen Aufflackern nach dem „Piratenparteischock“ mittlerweile alle guten Vorsätze und technisch fähigen parteiinternen Nachwüchsler wieder ruhig gestellt. Leider sind die „Piraten“ als Single Issue Partei für mich auch keine wählbare Alternative.
    Ich kann nur hoffen das der Politik bald vorgerechnet wird, was ihre Technologiefeindlichkeit an finanziellem Schaden für die Wirtschaft bedeutet und dann die Generation Internet im zweiten Anlauf etwas verändern kann…

  6. Mac

    Die Politik macht da mal rein gar nix und wird sich darum nie und nimmer kümmern, weil leider Gottes, die Politiker keine Ahnung haben.

    Siehe Thema Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV)

    Jugendschutz und Datenschutz sind wichtig… man kann es aber auch übertrieben… und in Deutschland wird´s halt gerne übertrieben.

  7. für die Deutschen Politiker, aber auch für die Nicht-Webaffine, ältere und überalternde Gesellschaft wird das Internet als Bedrohung empfunden. Hört man sich die Berichte & Talkshows von Will, Illner und Co. an, muss müsste man ja zu folgendem Schluss kommen:
    Das Web ist ein Hort von Pädophilien, Pornografen, Kriminellen und Killerspielspiele-Spieler in der Ausbildung zum Amokläufer.
    Dass es wie du sagst wichtig ist, Jugend- und Datenschutz ernstzunehmen und dies hierzulande gerne übertrieben wird – d’accord.
    What’s next? Internet(teil-)Sperrungen auf EU-Ebene. Zum Schutze des Bürgers, versteht sich.

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