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Durch die Bündner Keller

1. Mai

Tag der Arbeit.  Tag der offenen Weinkeller in der Deutschschweiz. Was tun? Wir trafen uns mit Daniel Ebneter von la table d’hôte, um uns durch die Weinkeller der Bündner Herrschaft „zu arbeiten“, eine doch eher angenehme Tätigkeit.

Veranstaltet vom Branchenverband Deutsch-schweizer Wein (BDW) ist die Aktion aus der Perspektive der Weininteressierten sicherlich gelungen. Aus Winzersicht wird der ein oder andere wohl auch neue Kunden erreicht haben, die sich nicht nur durch die Bekanntheit der großen Häuser, sondern auch durch Plakatierungen an Straßen und Hofeinfahrten auf so manchen Umweg von ihren Maiwanderungen haben bringen lassen.

(mehr zur Aktion ‚Tag der offenen Weinkeller‘ hier)

 

Nicht nur Brot und Wein – vom obligatorischen Bündnerfleisch über Bergkäs zu Salsiz (einer Bündner Wurstspezialität) bis zur Heusuppe mit Blüten… auch kulinarisch war es durchaus erfreulich, was die Weingüter so zu ihren Weinen reichten.

Rätikon im Rücken, die Sonne im Gesicht, den Rhein zu Füßen

Der Weinbau in der Bündner Herrschaft, das „Burgund der Schweiz“ erstreckt sich rechtsrheinisch von Fläsch bis Bonaduz, wobei der Schwerpunkt in den Gemeinden Fläsch, Maienfeld, Jenis und Malans liegt. Bündnerschiefer und Kalkstein prägen die Lagen wie das milde Klima des Rheintals und der „Traubenkocher“ Föhn. Schwerpunktmäßig Pinot-Noir mit über 70%, Riesling x Silvaner (Müller-Thurgau), Chardonnay, aber auch viele Spezialitätenweine und bemerkenswerte uralte Sorten wie der seltene Completer, eine weiße autochtone Sorte, die in Malans schon seit dem Jahr 926 nachgewiesen ist. Auf knapp über 400 ha strecken sich die Rebberge an den teilweise extrem steilen Hängen empor, an denen mancher Freeclimber seine Freude hätte. Die meisten Winzer bewirtschaften zwischen 3 und 10 ha, doch auch bei den kleinen und Kleinstbetrieben lassen sich beachtliche Qualitätsweine finden.

Weine der Spitzenerzeuger dieser vom Klima und Terroir verwöhnten Region wie Adank,  Gantenbein, Fromm oder Studach sind weltweit begehrt und da die erzeugten Mengen recht klein sind, auch entsprechend schwer erhältlich.

So verwundert es auch nicht, dass am Tag der offenen Weinkeller am 1. Mai nicht alle bekannten Erzeuger dabei waren, es blieben jedoch noch mehr als genug Teilnehmer übrig, die ohnehin kaum an einem 1. Mai zu schaffen waren…

Verallgemeinernd lässt sich feststellen, dass das Qualitätsniveau gerade beim Pinot Noir – hierzulande Blauburgunder genannt und auch schon seit dem frühen 17. Jhdt angebaut – auf bemerkenswertem Niveau liegt, die ebenfalls (zumindest aus deutscher Perspektive) meist recht hohen Preise liegen aber immer noch weit unter denen, die international für entsprechende Qualitäten zu zahlen sind. Eine 5-Euro-Weindiskussion findet hier aber auch nicht statt;-)

Der blaue Burgunder wird häufig im Holzfass ausgebaut (es wurden einige französische Barriques bekannter frz. Hersteller in den besuchten Kellern gesichtet) und man kann sagen, dass der Umgang mit dem Holz im Allgemeinen sehr wohldosiert erfolgt, ohne die feine Pinot-Aromatik zu überdecken. Gerade auch die einfacheren Roten mit fruchtigen Tönen zeigten sich als typische klassische Burgunder im positiven Sinne. Die großen Weine überzeugen durch Eigenständigkeit,  trotz gelegentlicher Anklänge von der Côte d’ Or. Interessant die Unterschiede der Weine in der Mineralik: je nach Standort geprägt vom Bündnerschiefer oder Kalksteinlagen. Zugeholzte Obertöne und Tanninbomben sucht man glücklicherweise meist vergeblich, ebenso wie glattgebügelte Plüsch-Pinots mit Vanilleduft.

Offene Keller & Entdeckenswertes

Weinbau Hanspeter Kunz

Hinterdorf 7, 7306 Fläsch
www.weinbau-kunz.ch


Sympathischer Familienbetrieb mit 4 ha & eigener Torkel in Fläsch, Weine vom Bündnerschiefer in Südlage, Integrierte Produktion (IP Suisse).

Schon die Basis-Pinots aus dem Stahltank im klassischen Blauburgunderstil überzeugen mit frisch-fruchtiger Mineralik. Die Blauburgunder Auslese und Barrique  kommen deutlich kräftiger daher, trotzdem noch elegant und mit feinen Obertönen, ohne übertriebene Schwere, aber mit angenehm schmelzigen Beerenaromen. Interessant auch der fruchtig-kräftige Rubris, eine Cuvée aus Diolinor und Pinot Noir.

 

Kunz-Keller, Weine und Destillate

Fläscherstrasse 2, 7304 Maienfeld
Tel: +41 (0)81 330 15 55
www.kunz-keller.ch


Seit 2005 ist Carina Kunz für den Kunz-Keller verantwortlich, der neben Wein auch einige bemerkenswerte Destillate bereithält.

Gefallen hat uns besonders der Sélection 2008 – Pinot Noir. Dunkles Rubin, Espresso und Schokolade, dunkle Beeren und feinwürzige Tannine, kompakt am Gaumen mit weichem Abgang.

Neben den Tresterbränden werden im eigenen  Laden allerhand Brände angeboten: Nicht nur diverse Obstbrände und Geiste, sondern auch Exotisches wie Spargelbrand und Schlüsselblüemli runden das vielseitige Sortiment ab. Besonders die Vieilles in Form von Grappina, Poire und Prune waren eine mit getrockneten Beeren veredelte Entdeckung.

 

Weingut Schloss Salenegg

CH-7304 Maienfeld
Tel: +41 (0)81 302 11 51
info@schloss-salenegg.ch
www.schloss-salenegg.ch


Das Anwesen selbst und seine Parkanlagen sind für sich schon sehenswert, der mächtige Torkelbaum von 1656 aber ein beeindruckendes Meisterwerk, das mit 13 Ochsengespannen zu seinem Endziel im Torkel des Schlosses befördert werden musste. Reb- und Kellermeister Bernhard Wyler hat die Kollektion auf Schloss Salenegg, dem nach eigener Aussage ältesten Weingut Europas, gut im Griff.

Schon der Chardonnay, gereift in Barriques aus Allier-Eiche, überzeugt mit frischer Säure, dezent-geschmeidigen Tanninen und exotischer Fruchtigkeit.

Der Blauburgunder «Schloss Salenegg» 2008 kommt hellrot daher, mit typischer Blauburgunder-Charakteristik der Region, ohne sich dem Pinotgeschmack aus Burgund oder Übersee anbiedern zu wollen. Ein traditioneller Bündner in vollendeter Machart mit wunderbarer Beerigkeit.

Pinot Noir Barrique «Schloss Salenegg» – 2008 aus der Magnum – unser Favorit  (bis wir den 2003er probierten…) dunkles Rubinrot, feinwürzige Nase mit dunklen Kirschen, Holunder und schwarzen Johannisbeeren. Angenehm kraftvoll-geschmeidig am Gaumen mit gut eingebundenen Holznoten und geschliffenen Gerbstoffen, ohne wuchtige Übertreibungen. Elegant-konzentrierter Abgang, der auch nach einem langen 1. Mai noch im Gedächtnis bleibt.

Neben Wein & Destillaten gab es eine Degustation mit Verjus und Essigsorten aus der eigenen  Delikat Essig Manufaktur. Neben würzig-feinen Weinessigsorten waren Quitte, Apfel und Himbeere wirklich herausragend.   Der Verjus als kaltgepresster Saft grüner Blauburgunder-Trauben ebenfalls mehr als erwähnenswert.

 

Weingut Donatsch

Winzerstube zum Ochsen
Sternengasse 6, 7208 Malans
Tel: +41 (0)81 322 11 17
www.donatsch-malans.ch


Die Weinstube zum Ochsen ist nicht nur ein Lokal mit beachtlicher Vinothek, sondern beheimatet in ihren uralten Gewölbekellern auch die Weinkeller des Weingutes Donatsch in Malans. Von den Edelstahltanks bis zum Keller mit frz. Barriques ist alles vom Feinsten, um nicht von den Weinen zu reden…

Donatsch Pinot Blanc und Chardonnay «Passion» aus 2008 – beide sehr sortentypisch und vollendet.

Eine Offenbarung für mich – der Donatsch Completer 2008, den es nur limitiert und in Zuteilung gibt. Faszinierend und ungewöhnlich im Spiel von Säure und Fruchtaromen bei dieser uralten Sorte, Quitte, Mandeln und grasige Töne, etwas Bergamotte – wer diese Spezialität aus Malans noch nicht kennt, das ist wirklich mal eine lohnenswerte Entdeckung „off the beaten track“!

«Tradition» 08, «Passion» 07 und «Unique» 06 sind die drei Pinot Noirs des Hauses in aufsteigender Folge. Der erste leider schon ausverkauft, der zweite ein Burgunder, an dem sich manch namenhafter Erzeuger ein Beispiel nehmen könnte. Ein Pinot auch für erklärte Nicht-Fans des üblichen Spätburgunders. Mitteldunkles Rubinrot, Dörrobst und Birnenmus, wohlbalanciertes Spiel von Säure und charakterstarken Tanninen, cremig-dicht am Gaumen mit starkem Abgang.

Eine kleine Steigerung führt uns noch zum «Unique», bei der man allerdings nicht weiß, ob sie nicht dem Jahrgang geschuldet ist. Wäre interessant gewesen, auch vom «Passion» den 06er parallel zu verkosten. Auch hier limitierte Zuteilung, ob sich die qualitative zur preislichen Steigerung allerdings lohnt, mag dahinstehen, zweifelsohne ein edler, wunderbar dichtgewebter Pinot-Noir-Stoff auf internationalem Niveau. ungemein stimmig mit schönem Extrakt und animierender Säure, schmeichelnd weiche, schmelzige Beerenstilistik mit guter Tanninwürze bei merklichen edlen Holztönen.

Zum Schluss noch eine süße Spezialität aus Pinot Noir: Der Donatsch «Vintage» 2007, der „wie ein Vintage-Port“ gekeltert wird und trotz kräftiger Würze auch die feinen Noten klingen lässt… noch eine Entdeckung.

[kein Pinot, aber dennoch eine weitere Entdeckung im Keller von Donatsch
– eine stattliche Sammlung von Mouton Rothschild ab dem Jahrgang 1922…]

 

FAzit – Wir kommen wieder!

Aus meiner Sicht ist die Veranstaltung ein gelungenes Event, dem man wünschen mag, dass es sich fest etabliert, und dannach sieht es derzeit auch aus. Auch wenn vielleicht so mancher Winzer die Nase rümpfen mag über kollektivistische Veranstaltungen und wieder andere ihre edlen Tropfen nicht ans Fußvolk ausschenken wollen – ich denke, es ist eine Chance mehr zum Dialog zwischen Produzent und Konsument, die man nicht ungenutzt lassen sollte. Ich habe jedenfalls seit dem 1. Mai einige neue Weingüter auf meiner persönlichen Weinkarte und empfehle sie hiermit auch gerne weiter. Vielleicht gibt’s ja noch mehr Teilnehmer nächstes Jahr?

3 Kommentare

  1. War am 1. Mai leider nicht in der Gegend, danke für den Reisebericht! Gantenbein und Obrecht (Sonne) waren nicht dabei? Bei nächsten offenen Keller bin ich dabei!

  2. Hallo Benjamin, kein Gantenbein (hätte mich aber auch gewundert…) und kein Obrecht/Weingut Sonne… aber trotzdem eine gute „Ausbeute“ an lohnenden Weinen… hab gar nicht alle aufgeführt… Pinot-CH – wär doch ein Thema fürs nächste #WeinNetzCH, oder?

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