Es ist wieder Zeit für die nächste Weinrallye! Die Etappengestaltung zum #33-ten Durchgang mit dem spannenden Thema Aromatische Weine – Weine aus Aromasorten kam diesmal von Vinissimus.
Und da Matthias sich heute mit dem Älterwerden im Allgemeinen und Besonderen beschäftigt 🙂 muss ich mich wohl alleine dem Thema nähern.
‚Uuuhs‘ und ‚Aaahs‘ im Glas?
Aroma- oder Bukettsorten sind ja so eine Sache. Den meisten gemein ist ein markanter, prägender Ton, der sich zumeist auch ohne besondere regionale Prägungen wiedererkennen lässt. Die typischen chem. Verbindungen erinnern nicht von ungefähr oft an Parfumtöne, auch wenn hier kaum jemand von Kopf-, Herz- und Basisnote sprechen würde. Wie auch bei den Parfums gibt es natürlich nicht nur individuelle Vorlieben und Geschmäcker, sondern es ist oftmals einfach ein Zuviel des Guten. Vinissimus schreibt treffend von lauten und manchmal vorlauten Weinen.
Man stelle sich ein feines Spargelessen im Restaurant vor, und vom Nachbartisch weht eine steife Brise „Joop!“, „Poison“ oder „Opium“ herüber… trotz ihres hohen Wiedererkennungswertes (oder Weindeutsch Sortentypizität) sind sie nicht nur nicht jedermanns Ding, sondern können auch dezentere, frischere Töne durchaus eine markantes, im Gedächtnis bleibendes Eigenbukett haben, ohne dabei aufdringlich daherzukommen. (Um bei der Damenparfum-Analogie zu bleiben – L’Eau D’Issey femme statt Opium…)
Dessertweine aus Aromasorten sind eine verbreitete Unterart, spannender finde ich allerdings die Frage, wie ein Winzer es gerade bei trockenen Stilen schafft, den intensiven Aromen durch die Säure einen Kontrapunkt zu setzen und das ganze so auszubalancieren, dass ein harmonisches Gesamtgefüge dabei herauskommt, das einen nicht erschlägt.
Aromasorten, welche denn nun vorstellen? – Mein erster Gedanke galt einem meiner Lieblings-Gewürztraminer aus dem Elsass, der aber schon an Neujahr ausgetrunken war. Andere Traminer sind derzeit auch nicht vorhanden, und da ich nicht das dringende Bedürfnis verspürte, rekonvaleszierenderweise kurz vor Pfingsten in einer Tourismusmetropole am Bodensee nochmals durch die Stadt zu humpeln « Lasst mich durch, ich bin Weintrinker! » verblieb nur der Weg in den eigenen Keller, der sich bequem mit dem Aufzug erledigen lässt. Was könnte man hier als Aromasorte definieren?
Gefunden habe ich einen Muskateller vom Weingut Bercher-Schmidt, Vogtsburg-Oberrotweil im Kaiserstuhl.
Muskateller Kabinett Trocken 2007
11,5 % Vol. Schraubverschluss.
Sehr helle Farbe. Würzig-präzise Muskatnase. Im Mund ebenfalls sortentypische Muskattöne (wünsche mir spontan etwas San-Daniele-Schinken dazu…), ein wenig Gaia-Melonen in den Gaumenecken und feinfruchtig-florale Noten von Duftrosen. Frische, aber angenehm animierende Säure, keinesfalls aufdringlich oder breitgetreten in den Aromatönen. Etwas Weinstein in der Flasche. Mit 11,5% angenehm leicht und vielseitig verwendbar. (Ja, geht auch zum Spargel…) Mehr als tauglich für Balkonien und den Sommer, der sich ja vielleicht doch noch einstellt…
Muskateller – family & false friends
Muskatteller ist äußerst variantenreich und hat neben dem Muscat Blanc à Petits Grains und dem Gelben Muskateller noch etliche Unterarten und Verwandte. Mit der Partei nicht verwandt oder verschwägert, (oder allenfalls entfernt) sind aber auch viele Sorten, die ob ihres Muskattones ebenfalls einen entsprechenden Namensbestandteil haben:
Muscadet, auch Melon de Bourgogne genannt, Muscadelle aus dem Bordellais (riecht ähnlich wie Muskateller) und Weißer Muskat-Gutedel, eine Spielart des Chasselas. Auch der aromatische und oft zu den Aromasorten gezählte Sauvignon Blanc wird gelegentlich Muskat-Silvaner bezeichnet, der Blaufränkisch bzw. Lemberger hingegen als Schwarzer Muskateller, was sich mir ehrlich gesagt nicht wirklich erschließt. Grüner Veltliner als Grüner Muskateller bezeichnet kann man vielleicht schon eher verstehen, aber herrscht nicht schon genug Verwirrung bei den Bezeichnungen?
Eine weitere erwähnenswerte Bukettsorte mit Muskatnote ist die Tafeltraube Muscat d’Hamburg, die auch als Württemberger Weinspezialität insbesondere im Remstal und bei Heilbronn als Muskat-Trollinger angebaut wird und wohl eine Kreuzung aus Trollinger und Muscat d’Alexandrie ist.
So weit, so gut. Ob eine Aromasorte zum heutigen Finale der Champions League gereicht wird? Man wird sehen, was der Abend bringt…
[edit]
Der Initiator dieser #33ten Weinrallye-Etappe, Vinissimus aka Robert Freudenthaler hat hier die Beiträge der Teinehmer gesammelt und hier und dort selbst einige interessante Gelbe Muskateller vorgestellt.
Der Weinfachberater Ultes stellt in seinem Blog noch einen weiteren bemerkenswerten Gattungsvertreter vom Kaiserstuhl vor, und zwar den Eichstetter Herrenbruck Muskateller vom Weingut Friedrich Kiefer Eichstetten, Baden.
Hallo Stefan,
lesenswerter Beitrag mit geschliffener Wortwahl und feiner Methapher..
Danke!
Ja, wirklich sehr schön geschrieben! Bin froh, dass du nicht weg-humpeln musstest und ein – wie es sich hier liest – gutes Tröpfchen daheim hattest. Irgendwie finde ich sogar, dass der Wein gut zur #Amselmelodie passt. (Aber so garnicht zu #Kärcher)!
Skål