Weinberg in der Flasche
Neben vielen anderen Faktoren wie bspw. erhöhten Bearbeitungskosten für Steillagen, den Energiepreisen, dem Lohnniveau für Angestellte und Erntehelfer sowie externe Faktoren wie Angebot und Nachfrage, Spekulation und viele weitere beeinflussen natürlich auch die Preise für Grund und Boden nicht unerheblich den Preis, den ein Weinproduzent letztlich für seine Flasche verlangen muss.
Die Weinbergspreise sind dabei regional extrem unterschiedlich, was kaum verwundert; Bodenqualität und Parzellengrößen spielen neben Appellationen und großen Namen ebenfalls eine wichtige Rolle. Tendieren die Preise bei besonders raren und besonderen Lagen und Böden wie im Burgund an der Côte d’Or in die Millionen pro Hektar, so ist in anderen Gegenden der Quadratmeter schon für ein paar Euro zu haben, von Rodungsprämien mancherorts ganz zu schweigen.
Ein steigendes Engagement der großen internationalen Erzeuger in extrem günstigen Regionen ist letztlich ebenfalls eine nahe liegende Konsequenz. So erwarb Marchese Antinori in den letzten Jahren alte Weinberge nordöstlich von Bukarest, sowie Flächen in Ungarn für sein Projekt Tuzko Bàtaapàti, auch Bulgarien und Georgien werden für einige Produzenten zunehmend attraktiv.
Neben den Faktoren, die ausschließlich und direkt die jeweiligen lokalen Gegebenheiten des Weinbaus widerspiegeln, gibt es – ebenfalls nicht verwunderlich – solche, die weniger von der landwirtschaftlichen Nutzung selbst her, als durch heranrückende Bebauung mit attraktiven Wohnlagen in Verdichtungsräumen und der mittelfristigen Umwidmung in Bauerwartungsland bestimmt werden.
Weinbau, Wohnen und Arbeiten?
Weinbau wird vielerorts nicht nur in abgelegenen Landstrichen betrieben, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft von Industrie, wie in Stuttgart – Untertürkheim oder sogar im Stadtgebiet von Stuttgart selbst (z.B. Weingut der Stadt Stuttgart).
Aus Freiburg, Wiesbaden und anderen überdurchschnittlich attraktiven Wohnregionen ist vergleichbares bekannt. Auch in Frankreich befinden sich vielerorts die Weinberge in attraktiven Wohn- und Urlaubsgegenden, obwohl der Weinbau in unserem Nachbarland meist wesentlich ländlicher geprägt ist.
In der Schweiz ist der Preis für Grund und Boden ebenfalls ein erheblicher Faktor auch im Weinbau, befinden sich doch bedeutende Erzeugungsflächen auch hier in teuren und überaus beliebten Wohngegenden. So finden sich wichtige Rebberge nicht nur in der Bündner Herrschaft und im Wallis, sondern auch in Basel, Zürich und Umgebung sowie am Genfersee zwischen Lausanne und Vevey im Laveaux.
Wein(berg)preise – nicht nur für Gewinner
Eine kleine Liste mit Preisbeispielen zur Verdeutlichung der Unterschiede:
Quellen: safer.fr, grandsdomaines-saferlr.com, statistik.baden-wuerttemberg.de, WEINWIRTSCHAFT NEWSLETTER, eigene Recherchen.Es bleibt abzuwarten, ob und wie es den Erzeugern auch in den teuren und teuersten Lagen langfristig gelingen wird, ihre Verkaufspreise den Kunden gegenüber plausibel zu vermitteln und letztlich am Markt durchzusetzen.
„Mein Wein ist zwar nicht wirklich gut, dafür aber extra teuer, weil mein Weinberg mich so viel gekostet hatte“ – so wird es jedenfalls nicht funktionieren…
Bilder: Weinberg Stuttgart: Stuttgart Marketing, Tabelle: Eigene
Na ja, zumindest in Frankreich sind die Anbauflächen am teursten, deren Weine sich schon traditionell zu astronomischen Summen verkaufen, das Problem existiert so also nicht. Man kauft ja keinen Boden, nicht mal ein „terroir“, sondern einen prestigeträchtigen Namen auf dem Ettikett, der sich von vornherein auszahlt. Kein Wunder, dass z.B. in Bordeaux die großen Namen fast alle Investoren gehören (für Privatbesitzer ist ja dort das Problem der Erbschaftssteuer auch nicht zu vernachlässigen…).
Nachtrag/Aktualisierung:
Gerade bei Herrn Kollegen Supp gefunden bei EnoWorldwine vom 16.08.2011:
Durchschnitt für 1ha entwickelte Rebfläche in Frankreich etwas mehr als 95.000 EUR, bei enormen Unterschieden (sie mein Artikel).
Champagne knapp 870.000 EUR,
Languedoc dagegen nur 11.200 EUR.
(letzteres passt wieder zum obigen Durchschnittswert).
1 – 1,2 Mio EUR im Medoc/ BDX für den ha ist schon enorm, auch bei sinkenden Preisen…