Wein enthält Alkohol
Das setze ich als bekannt voraus. Von leichten Süßweinen mit entsprechend hohen Gehalt an nicht in Alkohol umgewandeltem Restzucker über 15% und mehr Prozentige Schwergewichte bis zu den aufgespritteten Exemplaren wie Vin Doux Naturels, Sherry, Portwein etc. mit teils über 20 % Vol. – die Angabe des Alkoholgehaltes auf dem Etikett ist ebenso gesetzlich geregelt wie auch der Hinweis, dass der Wein Sulfite enthält.
Ersteres wird ein Wein meistens haben, geschwefelt ist allerdings nicht (mehr?) jeder.
Darüber hinaus enthält der im Idealfall köstliche Rebensaft eine Vielzahl von Substanzen, deren gesundheitsförderliche oder schädliche Wirkungen nicht annähernd umfassend untersucht sind.
Alkohol ist ungesund
Dass alkoholische Getränke die Gesundheit gefährden können ist zwar – so möchte man jedenfalls annehmen – auch bekannt, wird aber auch in vielen Medien, die sich mit Wein als Genussmittel beschäftigen (wie z.B. auch dieses Blog) gerne außer Acht gelassen.
Ohne allzu weit ausgreifen zu wollen und den Zeigefinger mahnend zu erheben sei jedenfalls erwähnt, dass Ethylalkohol nicht nur bei kontinuierlichem Abusus süchtig machen kann, sondern auch Leber, Hirn und Nerven dauerhaft schädigt.
Aktuellen Analysen zufolge sterben hierzulande jährlich weit über 70.000 Menschen an den Folgen des Alkoholmissbrauchs!* Von der DEG wird für Frauen übrigens 20g, für Männer 20g Alkohol täglich maximal empfohlen, was keinesfalls einer abendlichen Flasche, sondern eher einem Glas Wein entspricht.
Auch die Risikofaktoren für verschiedene Krebserkrankungen steigen durch regelmäßigen Alkoholkonsum auch geringerer Mengen erheblich an, selbst wenn man häufig anderes liest. So sind die im Rotwein (besonders im Tannat) enthaltenen Procyanidine als Radikalefänger möglicherweise vorbeugend gegen Herz- und Kreislauferkrankungen. Eine Kompensation der negativen Auswirkungen des Alkohols bei entsprechendem Konsum durch den regelmäßigen Tannat-Genuss erscheint jedoch eher unwahrscheinlich.
Kopfweh-Wein, lass es sein?
Wein kann Kopfschmerzen verursachen, auch das ist so Manchem nach einem fröhlichen Zechgelage anderen Tags schmerzlich bewusst geworden. Das muss allerdings nicht immer am Fusel bzw. den enthaltenen Fuselölen liegen, auch der Genuss höherwertiger Weine kann entsprechende körperliche Reaktionen hervorrufen und nicht immer ist der Alkohol daran schuld.
Rotwein enthält neben vielen anderen chem. Verbindungen beispielsweise phenolische Flavonoide wie Anthozyanidine, Procyanidine und Katechine, welche ihm einerseits seine Farbe verleihen, andererseits durch eine Vielzahl komplexer biochemischer und enzymatischer Vorgänge etwa Migräne auslösen können.
Allergisch gegen Wein?
Echte Weinallergien scheint es wohl auch zugeben, sie treten allerdings weniger häufig auf und lassen sich wohl eher als Unverträglichkeiten gegen Stoffwechselprodukte des Alkoholabbaus im Körper verstehen.
Echte Sulfit-Allergien gibt es ebenfalls. Wesentlich häufiger sind allerdings allergieähnliche Intoleranzreaktionen, verursacht durch einen entsprechend hohen Sulfit-Gehalt. Betroffen sind insbesondere Asthmatiker (sog. Sulfit-Asthma), gehäuft tritt dies bei Weißweinkonsum auf. Durch Reaktionen der Verbindungen mit den Magensäften wird gebundenes wie freies SO2 aufgespalten und resorbiert, was u.a. zu einer Verkrampfung der Atemwege führen kann.
Pseudoallergien, Histamin & Wein
Gesichert scheint mittlerweile zu sein, dass der regelmäßige Konsum von Wein Asthma und andere allergische Beschwerden wie Heuschnupfen auslösen, begünstigen oder bereits vorhandene verstärken kann.* Plötzlich auftretende Halsschmerzen und Hautjucken sowie anschwellende Nasenschleimhäute oder heftige Rötungen im Halsbereich können ebenfalls Weinkonsum-bedingt sein.
Schuld daran sind unter anderem Eiweißbausteine wie Histamin u.a. biogene Amine wie etwa auch Serotonin, die sich im Rotwein, aber auch in Käse, Schokolade und Sauerkraut finden. Histamin kann neben lokalem Juckreiz und Ausschlägen schwere pseudoallergische Beschwerden verursachen. Gerade weibliche Weinkonsumenten scheinen aus ungeklärten Ursachen besonders häufig von entsprechenden Unverträglichkeiten betroffen zu sein.
Nicht alle Weine sind gleich
In qualitativer und stilistischer Hinsicht dürfte das dem geneigten Leser längst bekannt sein, aber auch hinsichtlich des Histamingehaltes variieren die verschiedenen Weine. So enthalten beispielsweise Weine aus Bordeaux und Chianti besonders viel Histamin (bis über 2000 µg/l), ein guter Grüner Veltliner besonders wenig. (unter10 µg/l). Rotweine haben dabei grundsätzlich „bauartbedingt“ höhere Werte als Weißweine, aber auch Kellerhygiene und biologischer Säureabbau bzw. die eingesetzten Bakterienstämme spielen eine erhebliche Rolle. Bedingt lässt sich im Weinkeller der Histamingehalt mit Bentonit reduzieren.
Weinschimmel, Schimmelwein?
Die viel beschworene Keller-Flora eines Weinkellers enthält neben den diversen Stämmen der Saccharomyces cerevisiae und anderer Hefen fast schon zwangsläufig auch Schimmelpilze, auf welche eine Vielzahl von Allergikern teilweise heftig reagieren und die sich in Spuren (Sporen;-) auch im Endprodukt finden können.
Achtung Wein!
Wer jedenfalls nach dem Konsum von einem oder mehreren Gläsern Wein regelmäßig entsprechende Reaktionen wie zu geschwollene Nebenhöhlen, andere erkältungsähnliche Symptome oder Hautausschläge beobachtet, sollte sich auf entsprechende Unverträglichkeiten ärztlich untersuchen lassen. (Man könnte hierzu vielleicht einen Bernkasteler Doctor… aber lassen wir das;-)
Ob allerdings ein Warnhinweis auf dem Etikett wie „kann Spuren von allergieauslösenden Schimmelpilzen“ und „enthält Histamine“ sinnvoll ist? Eine Kennzeichnung und Angabe aller Substanzen, bei denen eine Allergie- oder Pseudoallergie auslösende Wirkung gesichert oder vermutet wird, sowie Warnhinweise auf andere mögliche Gesundheitsgefahren durch weitere Inhaltsstoffe und chem. Verbindungen auf dem Weinetikett würde wahrscheinlich eher einen Beipackzettel rechtfertigen…
Was meint Ihr zu einer Etikettierungspflicht?
Muss man von einem Allergiker nicht ein gewisses Maß an Vorsicht und Eigenverantwortung erwarten können? Oder sollen alle bekannten bzw. verdächtigen Allergene angegeben werden? Auch Additive? Sulfitangabe künftig mit Menge/Liter? Weinschönung mit Eiklar? Veganertauglich? Mindesthaltbarkeitsdatum???
Ganz sicher gilt auch künftig: Don’t drink & drive!
Das ist in jedem Falle gesundheitserhaltend, nicht nur für die eigene…
Weiterführende Links
- *Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e.V.
- *Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE, www.dge.de)
- *DGE zum Thema „Herzschutz durch Alkohol, insbesondere Rotwein“
-
Weinallergien, Allergologie und Wein
- *DGP zum Thema http://www.lungenaerzte-im-netz.de/lin/linaktuell/show.php3?id=1842&nodeid=18
- Die Welt.de zT. Länger leben mit dem richtigen Rotwein
- Histaminbase.at über den Histamingehalt einzelner Alk. Getränke und Weinsorten (interessante Liste!)
Eine Erweiterung der Pflichten zur Angabe von Zusatzstoffen wurde bereits mehrmals verschoben. Eine Eiklarschönung müsste zum Beispiel mit „enthält Spuren von Eiern“ „oder von „Eiweiß“ gekennzeichnet werden osä. Auch wenn diese wieder herausfiltriert werden müssten.
Ich finde man traut dem Konsumenten keine Selbstbestimmung mehr zu. Vielleicht gibt es in paar Jahren eine Obergrenze wie viel jeder im Wirtshaus trinken darf, auch wenn man nicht mit dem Auto unterwegs ist. 🙂
Bin eher für Eigenverantwortung als Etikettierungspflicht. Aber auch dafür muss es für den Konsumenten möglich sein Inhaltsstoffe und Verfahren zu erfahren. Servicepersonal sollte die Weinkarte dementsprechend kennen. Im Grunde ist das nur übers Etikett leicht und zielführend zu verbreiten.
Sehe ich genauso. Aber mit was muss der Konsument rechnen? Wo fängt man an, wo hört man auf?
Alk. Sulfite sind klar, Histamine sind auch immer drin. Künstl. oder natürliche Zusatzstoffe. besondere Allergene wie Eiweisse, Fischblase (auch Eiweis?), ist der Winzer Raucher oder isst er womöglich gar Fleisch oder Erdnüsse und sind letztere transgen? 😉
Was ist eigentlich mit nackten Füßen im Bottich? 😉
Im Idealfall einfach: Alkohol, Sulfite (oder eben auch keine, doch doch, ich hab Kollegen, die können das und es schmckt sogar:-) ja, und was sonst noch so natürlich in nicht mit Chemie gespritzten Trauben drin sein kann. Das passt auf jedes Etikett. Die nackten Füsse (mit entsprechenden Desinfektionsmitteln) kann man sich sparen, dazu gibt s Holzstampfer (aus nicht tanninbetonten Sorten, bei passendem Mond geschlagen und handgeschnitzt;-)…Auch wenn so ein schönes Foto vom nackt stampfenden Winzer beim Export offensichtlich hilfreich ist
http://www.jennyandfrancois.com/natural-winemakers-week-2011-new-york-city/
der Mann ist Franzose, dürfte das aber wohl in Frankreich nicht veröffentlichen, wenn er nicht mit dem Loin Evin (Wein = Suchtmittel mit strengen Werbebeschränkubngen) in Konflikt kommen will.
eben drüber gestolpert:
interessant zT. Histaminarm bzw. Histaminfreie Weine
http://burgenland.orf.at/stories/505102/
aus Gols / Österreich…