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Streit um den Weinkeller – Weinvorräte sind keine Haushaltsgegenstände!

Nicht oft hat der Weinanwalt die Gelegenheit, hier bei Baccantus aus der Welt des Weines und des Rechts zu gleicher Zeit zu berücksichtigen. Gestern erreichte mich allerdings eine Pressemitteilung des AG München, (03.09.2012 – PM 45/12) in der es eben genau darum geht: Um den Wein und das Recht, genauer: das Recht am Wein oder die Frage, wer bei der Trennung der Ehe den Wein bekommt und ob er im Zugewinnausgleich zu Berücksichtigen ist.

Auch wenn sich diese Entscheidung des OLG München nicht auf jeden beliebigen Weinkeller und auf jede Weinflasche übertragen lässt, so merken wir uns doch gerne folgendes:

Weinvorräte sind keine Haushaltsgegenstände!

Bevor man sich nun aber freudetrunken in die Scheidung stürzt, sollte man sich anwaltlich beraten lassen, gerne auch weinanwaltlich😉
Hier nun also die Pressemitteilung im O-Ton:

Der Streit um den Wein…

Ein Weinvorrat ist dann kein Haushaltsgegenstand, wenn er nicht der gemeinsamen Lebensführung dient, sondern dessen Pflege – ähnlich wie bei einer Briefmarkensammlung – sich als Hobby eines der beiden Ehepartner darstellt. Bei einer Trennung hat dann der andere Ehepartner keinen Anspruch auf eine Aufteilung der Weine.

Im Keller eines Münchner Ehepaares befand sich eine Sammlung teilweise sehr wertvoller Weine (darunter auch ältere Jahrgänge Chateau Petrus und Chateau Lafleur). Der Ehemann hatte diese im Laufe der Jahre angeschafft, da er sich schon lange für Weine interessiert hatte. Während die Ehefrau nur ab und an einen Schluck davon trank, kümmerte sich der Ehemann um den Bestand. Er dokumentierte anhand einer Liste die gesammelten Flaschen, überwachte zu welchem Zeitpunkt ein Konsum am besten in Frage kam und wählte entsprechende Weine zum Verzehr aus. Auch den Schlüssel zum Weinkeller hatte nur er.

Als sich das Ehepaar scheiden ließ, verlangte die Ehefrau die Hälfte des Bestandes, hilfsweise einen Schadenersatz in Höhe von 250.000 Euro.

Der zuständige Familienrichter wies diesen Antrag jedoch ab:

Der Weinvorrat sei kein Haushaltsgegenstand.

Haushaltsgegenstände seien alle beweglichen Gegenstände, die nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Ehegatten für die Wohnung, den Haushalt und das Zusammenleben bestimmt sind und damit der gemeinsamen Lebensführung dienen.

Der Begriff sei weit auszulegen. Daher würden grundsätzlich auch Vorräte an Nahrungsmitteln, die zwar keine Haushaltsgegenstände im eigentlichen Sinne darstellen, darunter fallen.

Keine Haushaltsgegenstände seien aber die Gegenstände, die ausschließlich dem Beruf oder dem persönlichen Bedarf eines Ehegatten dienen. Auch die Gegenstände, die zum persönlichen Gebrauch bestimmt seien und den individuellen Interessen eines der Ehegatten dienten, würden nicht unter den Begriff der Haushaltsgegenstände fallen. Entscheidend sei dabei die Zweckbestimmung und Nutzung im Einzelfall. Nicht zu den Haushaltsgegenständen gehörten daher etwa Münzsammlungen und Briefmarkensammlungen.

Der Weinkeller sei vom Ehemann bewirtschaftet und gepflegt worden. Er allein habe die hierfür bestimmten Weine ausgewählt und erworben. Auch habe er allein die zum Verzehr bestimmten Weine – teilweise minutiös nach dem besten Verköstigungszeitpunkt – ausgewählt. Die Ehefrau habe selten den vom Antragsteller ausgewählten Rotwein konsumiert, sei nie an der Auswahl der Weine beteiligt gewesen und habe auch nie Wein selbst erworben. Der Wein habe damit nicht der gemeinsamen Lebensführung gedient, sondern sei vielmehr als eine Liebhaberei des Antragstellers einzuordnen.

Die Pflege des Weinkellers stelle sich daher als ein Hobby des Antragstellers dar. Dies zeige sich auch deutlich daran, dass die Antragsgegnerin keinen Zugang zu dem Weinvorrat hatte. Das unterscheide den Weinvorrat hier deutlich von Lebensmittelvorräten, die zum gemeinsamen Verzehr bestimmt seien. Insoweit sei der Weinvorrat mit den Münz- oder Briefmarkensammlungen vergleichbar.

Eine Aufteilung des Hausrats scheitere neben der fehlenden Einordnung als Haushaltsgegenstand aber auch am fehlenden gemeinschaftlichen Eigentum der Beteiligten an dem Weinvorrat. Der Antragsteller war vielmehr Alleineigentümer der Weinflaschen.

Eine Zuteilung von im Alleineigentum eines Ehegatten stehender Haushaltsgegenstände an den anderen Ehegatten, sei nicht mehr möglich, da für einen derartigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Eigentümerstellung heute keine Rechtfertigung mehr bestehe. Ein etwaiger Ausgleich für eine in der Ehe gewonnene Wertsteigerung sei über das Güterrecht (z.B. über den Zugewinnausgleich) zu schaffen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Entscheidung des OLG München, 01.08.2011; 12 UF 161/11;
veröffentlicht am 03.09.2012.
Vorinstanz: AG München, Urt. v. 03.12.2010 – 566 F 881/08;
Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 03.09.2012