Die letzte Weinrallye#52 mit dem Thema Weinbau und Klimawandel ist eben erst vorbei, doch nach Lektüre der vielen anderen hervorragenden Artikel zum Thema gibt es Grund für ein paar weitere Bemerkungen und natürlich ein paar Links zu den Kollegen.
Deutscher Syrah? Jepp. Genau.
Ich befasste mich in meinem Beitrag mit dem Thema Klimawandel in Europa nördlich und südlich der Alpen und hatte einen Syrah vom Kaiserstuhl von Reiner Probst aus Achkarren im Gepäck.
Interessanterweise hatten auch einige Kollegen einen Syrah aus Deutschland als Aufhänger, was zum einen zeigt, dass es eben auch aus dieser typischen südlichen, wärmeliebenden Rebsorte, die bei uns noch alles andere als heimisch ist, bemerkens- und berichtenswerte Weine gibt, zum anderen, dass es durchaus sinnvoll ist, sich mit diesem Thema zu befassen. Und zwar jetzt, und nicht erst in 15 oder 20 Jahren.
Ziereisen und Knipser – um nur zwei hochkarätige Winzer zu nennen, die von Torsten Goffin sowie von Christoph Raffelt hier beschrieben wurden, sind zwei weitere.
Man hört immer mehr auch von Cabernet Sauvignon, Merlot und sogar von Viognier aus Deutschland, und es gibt keinen Grund zu glauben, dass auch diese Rebsorten über kurz oder lang von den längeren Vegetationsperioden und steigenden Temperaturen profitieren werden. Zumindest hierzulande.
Neben der bereits im Hauptartikel erwähnten Verschiebungen der Weinbauzonen nach Norden und dem Trend zu mehr Rotwein in Deutschland aus südlichen Sorten möchte ich nochmals ein paar Worte zu der „Climate Change“ – Situation anmerken.
Mag die Frage, ob und wie sich der Weinbau in Europa und anderswo durch die Klimaerwärmung verändert für viele uninteressant oder nebensächlich angesichts der sonstigen Probleme wirken, so ist doch folgendes zu bedenken: es hängen in großen Teilen Europas, gerade auch im Süden, nicht nur sehr viele Jobs an der Landwirtschaft – und das bedeutet vielerorts eben vor allem Weinbau – Wein ist dort auch die landschafts- und strukturprägende Kulturpflanze, was jeder bemerken wird, der mit offenen Augen durch Südfrankreich, Spanien und Portugal ua. Fährt.
Mit einem „na ja, dann gibt es eben mehr Wein aus Nordeuropa“, ist es eben nicht getan. Schon auf der Klimakonferenz 2011 Climate Change & Wine (wir berichteten hier schon ausführlich über das Thema) wurde auch auf wesentliche andere Aspekte des Klimawandels hingewiesen. Schon die Tatsache, dass Kofi Annan als Keynote Speaker fungierte, zeigt, dass es sich nicht um ein triviales Luxusproblem für eine kulinarisch verwöhnte Randgruppe handelt.
Sehr lesenswert übrigens hierzu der Weinrallye-Artikel von Dimitri V. Taits vom Winelog, der sich vertiefend mit den teils düsteren Prognosen für den Weinbau auf der iberischen Halbinsel bei einem erwarteten weiteren Temperaturanstieg befasst.
Ebenfalls lesenswert und vertiefend ist der Artikel in der deutschen Wikipedia zum Thema „Folgen der globalen Erwärmung auf den Weinbau“ sowie diverse, teils ältere wissenschaftliche Artikel, die sich unschwer ergoogeln lassen.
Bodenerosion, Desertifikation und Wassermangel
– all das ist beispielsweise in Spanien schon jetzt ein massives Problem, was nicht nur Auswirkungen auf den Weinbau hat und von diesem teilweise auch verstärkt wird (Wasserbedarf…) – natürlich auch von dem teils sehr fragwürdigen Anbau von Erdbeeren und Spargel in Spaniens Halbwüsten, was vielerorts nur durch künstliche Bewässerung möglich ist und demzufolge den Wasserhaushalt nachhaltig stört.
Viele dieser Probleme lassen sich schon heute sehr gut auch in Kalifornien studieren, einer Region, die klimatisch viele Vorzüge für den Anbau von Obst und Gemüse zeigt, allerdings eben auch eine Region mit chronischem Wassermangel ist – und der Transport von Wasser aus anderen Regionen über Pipelines zeigt hier und dort massive Auswirkungen von Versalzung der Böden bis zu einem Dauer-Niedrigwasserstand im Colorado River und verschlammten Talsperren und Turbinen… In einer Studie der Stanford University California wird von einem massiven Rückgang der tauglichen Rebflächen in Napa und anderen Qualitätsbauregionen Kaliforniens neben weiteren Auswirkungen in den nächsten 30 Jahren ausgegangen.
„CLIMATE change is a ticking time-bomb for Australia’s $5.5 billion wine industry and threatens some of our favourite wines with extinction (…)“ – so eine weitere Studie zur Problematik in Australien.
Ganz nebenbei – vor ein paar Tagen habe ich interessanterweise gelesen, dass es in Deutschland mehr Flächen mit Solarzellen gibt, als in ganz Kalifornien… keine Ahnung, ob das stimmt, aber bezeichnend ist auch das. Die Klimaerwärmung kommt nicht nur, die Auswirkungen sind vielerorts schon jetzt spürbar. Abwarten, Nichtstun und den Kopf in den zunehmend heißeren Sand zu stecken ist sicher keine zielführende Lösungen. Man kann und sollte sich schon jetzt mit dem Thema befassen, auch wenn die Schlussfolgerungen aus der Klimaerwärmung für den Weinbau sicher sehr vielfältig und komplex sind.
Zu nennen wäre meines Erachtens insbesondere diese:
Eine intensivere Erforschung der Auswirkungen auf Reben, Böden, Mikroorganismen und Schädlinge, wie sie derzeit bspw. schon in Geisenheim stattfindet.
Eine Erprobung von neuen Rebsorten und solchen aus anderen Regionen – wie erwähnt können Syrahs aus Baden und der Pfalz schon jetzt überzeugen…
Eine nachhaltigere Weinbau-Strategie. Hierzulande und in allen anderen Weinbaunationen, um den nicht unerheblichen Beitrag auch der Weinwirtschaft so wenig negativ wie möglich zu halten. Dazu gehören auch Themen wie Transport, Flaschengewicht und Verschlussarten.
Ein Überdenken von Erziehungssystemen, Laubarbeit und Kellertechnik in Anbetracht steigender Zucker- bzw. Alkoholwerte, Sonnenbrandgefahr etc.