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Ich und mein Sherry!

Eigentlich hatte ich ihm ja nur ein paar Fragen gestellt und es sollte eine Art Interview zT. Sherry werden… „habe mal ein wenig vor mich hin geschrieben“ meinte Weinberater, Sherry-Educator und Sommelier Jan Wilhelm Buhrmann, nun ist ein prächtiger Baccantus-Gastbeitrag daraus geworden, der in die Reihe über Verstärkte Weine passt und mit den Fragen & Antworten weiterer Experten ergänzt wird. 

[Von JWB] Also ich stehe dazu, Sherry ist neben Riesling und Spätburgunder nicht nur mein absoluter Lieblingswein, sondern ich trinke ihn auch gerne. Und damit räume ich auch gleich mit dem ersten Vorurteil auf: Sherry ist mehr als nur ein Aperitif oder ein antiquiertes Getränk alter Damen. Sherry ist einer der vielseitigsten Weine, die ich kenne: vom knochentrockenen Fino/Manzanilla über die oxidativ gereiften Amontillados, Olorosos bis hin zu den Süße-Explosionen eines Moscatels oder Pedro Ximènez.


Sherry reift in einem fast einzigartigen System. In den Bodegas liegen mehrere Fassreihen übereinander, in der untersten liegen die besten Qualitäten, aus welchen eine bestimmte Menge für die Abfüllung entnommen wird. Das Defizit wird mit der gleichen Menge aus der darüber liegenden Reihe aufgefüllt, das ganze setzt sich bis in die oberste Reihe fort, die dann mit dem jungen soeben aufgespriteten Wein aufgefüllt wird. Das ganze nennt sich Solera y Criadera und wurde vermutlich im 17. Jahrhundert entwickelt. Damals durften in Bodegas immer nur ein Jahrgang gelagert und verkauft werden bevor der  neue  Jahrgang eingelagert  wurde. Die Bodegabesitzer hatten riesige unverkaufte Vorräte in Ihren Keller und fingen an, die Weine des Vorjahres mit dem jungen Wein aufzupimpen.
Im Laufe der Jahre wurde der Jahrgangsverschnitt immer weiter perfektioniert, um ein gleich bleibendes Geschmacksbild zu kreieren. Sherry ist also einer der ersten Markenweine überhaupt.

Nur der Vollständigkeit halber – Sherry kommt aus Südspanien und die besten Weinberge mit den weißen kreidehaltigen Kalkböden liegen rund um die Städte Sanlucar de Barrameda im Westen, der namensgebenden Stadt Jerez de la Frontera  im Landesinneren und der Hafenstadt El Puerto de Santa Maria im Süden. Die Bodegas, in denen die Sherrys heranreifen, dürfen nur in diesen drei Städten liegen.

Doch nun zurück zum Sherry. Dieser Wein blickt auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück, sie ist gespickt mit allerlei Mythen. Viele denken bei Sherry an Sherry dry, medium und Cream, erinnern sich an die seltsam riechende braune Flüssigkeit, die sie aus den verzierten Glaskaraffen auf dem Spirituosenwagen der Großeltern kennen. Sherry riecht ja auch komplett anders als ein Riesling oder ein Burgunder. Die Aromen von der Florhefe und die vom oxidativen Ausbau sind nicht nur für geübte Weinnasen im ersten Moment fremd. Aber einen gereiften Gorgonzola empfindet auch niemand im ersten Moment als wohlriechend, bevor er ihn zu schätzen weiß. Dennoch oder vielleicht genau deswegen hat es diese vinophile Randgruppe Sherry verdient, dass man ihm ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenkt.

Sherry ist eine phantastische Cocktailzutat, probiert mal einen AperoSpritz und gebt zum Schluss einen Spritzer Manzanilla hinzu – perfekt! Anstelle des Vodkas mixt Euren BloodMary mit einem guten Amontillado, so bekommt der Longdrink sogar richtig Charakter.

Ich trinke Sherry nicht nur gerne als Aperitif, da wird man ihm einfach nicht gerecht. Dieser Wein ist ein perfekter Essensbegleiter. Die Jerezanos trinken Finos und Manzanillas (so nennt man den Fino aus der Hafenstadt Sanlucar de Barrameda) gut gekühlt zum Aperitif zu den Meeresfrüchten und Fischen, welche tags zuvor noch friedlich im Atlantik schwammen. Zu Austern, Matjes oder geräucherten Fisch kann ich mir keinen besseren Wein vorstellen.
Ich könnte noch weiter ausholen und mich in Speise-Wein-Kombinationen geradezu verlieren. Also lasst es mich in aller Kürze zusammenfassen und einen Appell an alle XXXXX: Immer wenn Ihr beim Kombinieren einer Speise mit Wein am Verzweifeln seid, greift zu einem Sherry. Es gibt ja ein paar Weinkiller. Artischocken, Tomaten, Essigbetonte Speisen, Sushi, geräucherter Fisch oder Fleisch und eine kräftige Consomée sind nur einige Beispiele. Alles Speisen, die den meisten Weinen das Fürchten lernen. Und welcher Wein passt am besten zur Currywurst?

Ich persönlich trinke nach dem Essen gerne einen alten Oloroso. Wenn dann VOS oder VORS auf dem Etikett steht, ist er mindestens 20, bzw 30 Jahre alt (bei Sherry handelt es sich ja um einen Jahrgangsverschnitt und somit ist immer das Durchschnittsalter gemeint), bleibt mir nichts anderes übrig, als der Gang zum Humidor. Cuba darf es sein, Nicaragua auch.

Ich könnte noch ewig weiterschreiben, aber Ihr könnt das alles im kommenden Frühjahr in meinem Sherrybuch in aller Ausführlichkeit nachlesen.

In diesem Sinne: salud, dinero y amor!

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