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EXPOVINA – 56. Zürcher Weinausstellung vom 29.10. bis 12.11.2009 – Teil II

Karamel und Zuckerschoten – Exoten aus Georgien und der Ukraine

Georgien. Nach den feinen Pinot Noirs aus  Graubünden und dem Wallis im ersten Teil unseres Expovina-Besuches wollten wir noch einen Blick in etwas exotischere Weinländer werfen. Aber was heißt schon exotisch? Wein ist der zweitwichtigste Exportartikel Georgiens und die Kaukasus-Region wird von vielen als die Wiege des Weinbaus angesehen, der hier auf über 5000 Jahre zurückblicken kann. Weiße Tsinandali und Mtswane sowie rote Saperavi-Trauben werden hier neben vielen anderen als heimische Sorten angebaut, aber auch internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot und Chardonnay haben längst ihren Einzug in die georgischen Weinberge gefunden.

Ukraine und Weinbau, da denkt man zunächst an Krim-Sekt. Die Krim ist neben Bessarabien und Odessa die wichtigste Weinbauregion der Ukraine, welche ebenfalls auf eine uralte Weinbautradition zurückblickt, die sich bis auf die alten Griechen zurückverfolgen lässt.

Beide Länder sind noch auf dem Weg von der Sowjetischen Massenproduktion zum modernen Weinbau mit Qualitätssicherung, Mengenreduktion und professionellem Marketing. Doch niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass diesen und anderen osteuropäischen Ländern in den nächsten Jahren eine wachsende Bedeutung im weltweiten Weinhandel zukommen wird – auch bei uns wird man in absehbarer Zeit ein breites Angebot an Qualitätsweinen aus dem Osten bekommen, und zwar nicht nur im Bereich bis zwei Euro! (Manch einer sagt schon, ihnen gehört die Zukunft, Australien ist passé, nun denn.)

Große Namen aus der Weinwelt investieren nicht mehr nur in Chile und anderen Übersee-Gebieten, sondern längst auch gezielt in Rumänien, Bulgarien und Ungarn. So investiert beispielsweise der Marchese Antinori außerhalb Italiens nicht nur in Chile, sondern auch in sein Projekt Tuzko Bàtaapàti, Szekszard (Ungarn) und hat in Rumänien nordöstlich von Bukarest alte Weinberge erworben – sicherlich nicht, um Tafelwein zu erzeugen…

Am gemeinsamen Stand von Georgien und der Ukraine empfingen uns zwei ausgesprochen hübsche Damen, die sich redlich bemühten, ihre Länder und Weine zu repräsentieren. Leider konnten sie nur wenig über Rebsorten und Anbaumethoden Auskunft geben.

Die Weine. Ob trocken oder nicht, weiß oder rot, es war erstaunlich. Alle getesteten Weine hatten einen penetranten Karamellton (auch die weißen) und bei einigen hatte man am Gaumen das Gefühl, als würde sich das Wasser vom Zucker lösen. Überhaupt waren Zucker und Karamell neben marmeladigen Eindrücken vorherschend. Feine Aromen, ausgewogene Säure, irgendein interessanter Eindruck zwischen Zungenspitze und Zäpfchen? Fehlanzeige. Auch die „trockenen“ Roten aus Saperavi und Cabernet Sauvignon konnten trotz Barrique-Ausbau nicht überzeugen, auch wenn die Rebsorten sicherlich Potential haben. Bei stolzen Preisen zwischen 13 und knapp 40 Schweizer Franken hätte ich auf der Expovina auch aus Georgien und der Ukraine wahrlich mehr erwartet, als zwei hübsche Messehostessen.

Fazit: Qualitätswein schmeckt anders, egal woher er kommen mag. Trotzdem bin ich gespannt darauf, was sich hier in den nächsten Jahren tut, Antinori & Co. hin oder her.

And now for something completely different – Südtirol

Südtirol ist für mich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Ort für Wein-Entdeckungen geworden. Neben Vernatsch und Gewürztraminer sind es vor allem Lagrein und Riesling, die es mir angetan haben.

Lagrein DOC 2008 – Kellerei Cantina Tramin

Ausgezeichnet für ihren Gewürztraminer Terminum Spätlese 2007 hat die Kellerei Tramin auch ausgezeichnete Lagreiner im Angebot.

Mit 12,70 % Vol nicht übertrieben alkohollastig, was bei Lagrein schon mal gelegentlich negativ auffallen kann. Diesen hier habe ich schon im Herbst kennen und schätzen gelernt und hier wiederum bestätigen können. Schlichte, feine Eleganz, mineralisch und aromatisch, dunkles Granatrot. Brombeeren und ein Hauch von Blütenduft. Klasse Preis-Leistung!

Südtiroler Lagrein Riserva DOC – Weinkellerei Rottensteiner

Intensive dunkle Farbe. Typischer Veilchenduft, auch hier wieder Brombeeren. Weich und rund am Gaumen, doch nicht so samtig wie der Vorgänger.

Lagrein Muri Gries und Rottensteiner
Lagrein von Rottensteiner und Muri Gries

Südtiroler Lagrein DOC 08 der Klosterkellerei der Abtei Muri-Gries Bozen

Ebenfalls sehr angenehm, etwas extraktreicher als der Rottensteiner, kommt insgesamt massiver und voller daher, bleibt aber dabei rund und fruchtig.

Carano Lagrein 07 Baron di Pauli

Schwerer Stoff. Blue Velvet… aus dem Barrique-Ausbau. Spontanvergärung. Eleganter, violetter Samt, eine feine Mineralität. Feine Tannine, Backpflaumen, Kirsche und dunkle Schokolade. Eine echte Entdeckung und sehr empfehlenswert, dieser Lagrein!

Lagrein Carano, Baron di Pauli
Lagrein Carano, Baron di Pauli

Den Gewürztraminer mussten wir leider auslassen, aber einen bemerkenswerten Riesling aus dem Vinschgau/Naturns gab es noch:

Falkenstein Riesling  08 – Franz Pratzner in Naturns

Fruchtig-mineralisch, phantastische klare Note und schlanke Eleganz. Trotz des vielen Lobes und der großen Resonanz der „Berg-Rieslinge“ von Franz Pratzner in der letzten Zeit, etwa bei den „Riesling-Tagen Südtirol in Naturns“, war ich wirklich positiv überrascht von diesem besonderen Wein.

Falkenstein Riesling Franz Pratzner
Falkenstein Riesling Franz Pratzner

Alles in allem war die Expovina für uns ein voller geschmacklicher Erfolg! Wir freuen uns die eine oder andere Entdeckung bald unter dem Weihnachtsbaum finden zu dürfen und dann beim Trinken den nächsten Besuch der Expovina zu planen. 🙂

Zum ersten Teil unseres Expovina-Besuches – Pinot Noir aus der Schweiz