Weinrallye #87 – Thema: Winzerinnen
Dorothée Beil vom Foodblog Bushcooks kitchen hat zur 87ten Weinrallye geladen.
Wein, Weib und Gesang – passt ja zusammen, oder?
Dass man im ach-so-fortschrittlichen 21. Jahrhundert immer noch in manchen Kreisen darauf hinweisen muss, dass auch Winzerinnen mitunter wunderbare Weine machen, ist für sich genommen ein eher trauriger Witz. Zum einen werden in etlichen Familienbetrieben weltweit nicht erst seit gestern die Frauen im Weinberg, Keller und Vertrieb in diversen Formen schon immer mitgearbeitet haben, zum anderen sind bis heute etliche Betriebe an gut ausgebildete Winzertöchter übergeben worden – man schaue etwa nur mal nach Geisenheim oder Heilbronn, wie viel weiblicher Nachwuchs dort heranwächst: Selbstbewusst und hervorragend ausgebildet und nicht immer nur als Weinkönigin vorzeigbar. Aber manchmal auch das.
Persönlichkeiten einst und jetzt
Erfolgreiche Frauen in erfolgreichen Unternehmen gab es auch schon in früheren Jahrhunderten, und damals war dies sicher noch wesentlich ungewöhnlicher und die Gesellschaft voreingenommener gegenüber ihnen. Die gesamte Wirtschaft war eine Männerdomäne und Frauen waren auch in Europa in ihren Rechten stark beschränkt. In der Weinbranche dürfte die Geschichte der Barbe-Nicole Clicquot, besser bekannt als Veuve Clicquot-Ponsardin die erste Winzerin bzw. Wein-Unternehmerin von Weltruhm gewesen sein. Sie übernahm schon im Alter von 27 nach dem Tod ihres Mannes den Betrieb, der Rest ist Geschichte.
Der Vollständigkeit halber seien die anderen berühmten Champagner-Wittwen ebenfalls erwähnt: Mathilde Emilie Perrier und Louise Pommery.
Stefanie Weegmüller-Scherr, Weingut Weegmüller, Neustadt (Pfalz)
Im Deutschen Weinbau fallen mir als Winzerinnen-Persönlichkeiten natürlich zu allererst „die Mädsche“ ein: die Pfälzer Weegmüllerinnen Stefanie Weegmüller-Scherr und ihre Schwester Gabriele Weegmüller. Das Haus Weegmüller betreibt bereits seit 1685 Weinbau, seit 1737 von Haardt aus, dem Balkon der Pfalz über Neustadt an der Weinstraße. Die beiden Damen sind aber nicht nur überaus sympathisch, sondern verstehen sich auch aufs Weinmachen. Man konzentriert sich auf die weißen Sorten.
Vielfach ausgezeichnet füllt die Steffi nicht nur wunderbare Rieslinge vom Herrenletten oder Mandelring auf die Flasche, sie überraschte vor einigen Jahren die Weinwelt mit einem Pfälzer Grünen Veltliner, der mehr als nur ein Achtungserfolg wurde. Mir persönlich gefallen aber auch ihre auf sandigem Lehm und Buntsandstein im gemischten Satz angebaute Cuvée Fleur: Riesling, Gewürztraminer und Silvaner vereint und stets als Allzweckwaffe einsatzbereit. Dass hier auch einer der besten trockenen Scheureben Deutschlands gekeltert werden, sei betont leise erwähnt, nicht dass nachher alles ausverkauft ist… 😉
Theresa Breuer, Weingut Georg Breuer, Rüdesheim (Rheingau)
Bernhard Breuer machte aus dem Weingut Georg Breuer eines der Filetstücke des Rheingaus und führte es in die Internationale Top-Liga der deutschen Produzenten. Nach seinem unerwartet frühem Tod 2004 wurde der Betrieb von Tochter Theresa Breuer zusammen mit seinem Bruder Heinrich Breuer und dem langjährigen Betriebsleiter Hermann Schmoranz weitergeführt. Inzwischen leitet und verantwortet die Anfang 30-Jährige das Unternehmen selbständig, Kellermeister Markus Lundén sowie H. Schmoranz unterstützen sie dabei. Nach dem Tod einer der deutschen Weinbau-Ikonen dessen Betrieb als Tochter erfolgreich fortzuführen, noch dazu als junges, attraktives Mädchen, das erfordert schon einiges an Charakterstärke, weht doch immer noch ein chauvinistischer Wind durch die Weinbaulande. „Nur weil die so verdammt hübsch ist“ allein funktioniert aber nicht dauerhaft und spätestens in Bereichen, in denen der Winzer – oder die Winzerin – als Person unbekannt oder unwichtig ist, spricht allein der Wein selbst…
Caroline Spanier-Gillot, Weingut Kühling-Gillot (Rheinhessen).
In Bodenheim führt Önologin Caroline Spanier-Gillot seit 2002 das VdP-Weingut Kühling-Gillot. Ihre Weine sind sehr eigenständig und deutlich verschieden von denen ihres Mannes, H.O. Spanier vom Gut Battenfeld-Spanier, ebenfalls VdP. „Winzerin des Jahres 2015“ der falstaff Weintrophy mag zwar nicht tiefere Bedeutungsschwere zu haben, nur fürs hübsche Lächeln bekommt man aber selten die breite Anerkennung von Presse, Kollegen und Handel. Hierfür schon: Pettenthal Riesling Großes Gewächs trocken 2013. Ein Riesling-Extremist aus Extremsteillage.
Wer noch hat, darf ihn gerne bei mir abliefern. Besser jedoch: Liegen lassen und mir dann in ein paar Jahren zum 50ten schenken.
Eines meiner Lieblingsweingüter im Languedoc liegt im Nordosten der AOC Faugères:
Françoise Ollier, Domaine Ollier Taillefer Fos, Faugères.
Seit der Jahrtausendwende arbeiten Françoise und Luc Ollier, Schwester und Bruder, in ihrem Gut der AOC Faugères nachhaltig. Seit ein paar Jahren ist das in fünfter Generation betriebene Gut komplett Bio-zertifiziert. Ca. 1100 hl füllt man im Schnitt von den bewirtschafteten 36 Hektar.
Françoise ist eine der Initiatorinnen der Vinifilles, der Winzerinnen-Vereinigung aus dem Languedoc-Roussillon. Ein Verein, der vielleicht auch repräsentiert, was weibliche Stärken sein können: Weniger Konkurrenzdenken, Austausch von Wissen und viele gemeinsame Veranstaltungen & Messeauftritte zeigen, wie weibliches Engagement und KnowHow funktioniert: 10 der 20 „Weinmädels“ waren auf der diesjährigen Millésime Bio in Montpellier präsent, alle natürlich zertifizierte Bio-Winzerinnen.
Grenache, Syrah, Mourvèdre in der roten Cuvée Castel Fossibus oder ganz klassisch Carignan, Grenache und Syrah aus dem großen Holzfass bei der Grande Reserve. Beide mit dezentem Holzeinsatz, großer Frische und langer Lagerfähigkeit. Für mich zwei der Paradeweine aus dem Faugères!
Die weiße Cuvée Allegro blanc aus Rolle (Vermentino) und Roussanne im Fassausbau ist ein wunderbarer Vertreter der kräftig-reichhaltigen Weißweine, die sich perfekt statt eines Rotweins auch zum Gegrillten eignen und es auch mit würzigen Schimmel- und Ziegenkäse aufnehmen können.
Domaine LA RéSERVE D’O, Arboras, Terrasses du Larzac.
Dass der biodynamische Betrieb ECOCERT und DEMETER-zertifiziert ist, ist eine Sache, die kühle, alkoholarme feine Frische der Weine, die auf bis zu 400m hohen Terrassen über dem Hérault-Tal wachsen, eine andere. Marie Chauffray macht für mich mit ihrem Mann Frédéric auf 12,5ha ein paar der besten Rotweine des Languedocs überhaupt. Grenache, Syrah und Cinsault spielen hier die Hauptrolle, biodynamisch arbeiten sie vom ersten Tag an. Die freundliche, präzise und bescheidene Art der Winzerin passt zu ihren Weinen, die in ihrer Eleganz eher burgundisch denn okzitanisch anmuten. Dass ihr Mann nebenbei auch noch E-Gitarre und Micro schwingt und mit Teenage Kicks & Co. manch träge Weingesellschaft rockt, ist eine nette Anekdote, doch wer das Sagen im Weinberg wie im Keller hat, ist klar: Marie. Bei einigen Weinen kann sie in manchen Jahren ganz auf Sulfite verzichten, in jedem Falle verwendet sie so wenig wie möglich.
Oder um die Fragen der Veranstalterin zu beantworten:
Ja. Frauen riechen besser, d.h. sie haben den besseren Geruchssinn (Fakt. Meist riechen sie auch besser, aber das hat nichts mit Wein zu tun… 🙂
Nein. Gute Weine brauchen Lage, Lage, Lage. KnowHow, Wetter, Equipment und Geld können auch nicht schaden. Sind aber ebenfalls geschlechtsunabhängig.
Jein. Ellenbogen ausfahren? Muss man manchmal, als Frau wie als Mann… ist nicht schön, aber Weinbau ist nicht nur Winzer(innen-)romantik, sondern Business. Kommt drauf an, wann und wie.
Während manche Winzerinnen, gerade auch in Deutschland, mit viel Marketing-Tamtam, schicken Fotos, Hochglanzbroschüren und „Betonung der Reize jugendlicher Weiblichkeit“ auf Kundenjagd gehen, zeigen diese gestandenen Damen im Languedoc wie in Deutschland, das zum langfristig erfolgreichen Weinbau eben auch das gehört: Wissen, harte, konsequente Arbeit und auch schmutzige Fingernägel…
Der Abstecher ins Languedoc hat mir besonders gut gefallen. Ich kenne das Weingut Ollier Taillefer schon seit vielen Jahren. Als ich zum ersten Mal dort war – es dürften zwanzig Jahre her sein – hat uns der Vater nur Wein verkauft, nachdem ich mit ihm (und seinem uralten Jeep) in die Rebberge gefahren bin. Er bestand darauf, dass ich wirklich sehe und begreife, wo der Wein letztlich herkommt. Ich habe mehrmals in meine Kolumne bei Wein-Plus vom Weingut und der Familie Ollier erzählt und schon manchen Weinfreund, der mich in der Languedoc besucht hat, dorthin geführt. Die beiden Geschwister Françoise und Luc machen es hervorragend. Ich freue mich bereits auf die nächsten Wochen, in denen ich oft ihre Weine – vor herrlicher Languedoc-Kulisse – geniessen werde.
Uebrigens: wer zufällig zum Weingut nach Fos fahren will, bitte sich nicht abschrecken lassen, der Weg ist zwar jetzt gut, aber es geht Kurve um Kurve bis (fast) in den hintersten Winkel von Faugères.
Ich habe immer gedacht dass Frauen besser riechen!
der Weg nach Fos war früher in der Tat noch abenteuerlicher, aber es reicht auch so, Peter Züllig 🙂 Ich liebe die Gegend einfach.