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Wettermeldungen II – Spätfrost sucks!

 

Teil II – Zum aktuellen Thema Spätfrost & Schäden hatten wir hier Winzer aus unserem Bekanntenkreis befragt, sowie darüber hinaus zum Umgang mit Hagel. Bei den Winzern Lukas Krauß und Wolfgang Janß vom Rheinterrassenhof hat es erhebliche Schäden gegeben. Baccantus hat nachgefragt.

 

Lukas Krauß, Man mit Hut. Lambsheim, Pfalz: Wir haben wohl um die 80% Schäden durch den Frost, und es gibt keine Versicherung gegen Spätfröste! Warum? das kommt einfach daher, dass ein Frost in dieser Art und Weise nicht bekannt war. Wenn man alte Winzer fragt, dann fällt mal die Jahreszahl 1957. Da war es aber so kalt, dass man vielerorts die Rebstöcke komplett neu von unten aufziehen musste.
Früher wurde mit alten Ölöfen mancherorts Wärme produziert, die dann mit Windanlagen in die Weinberge geblasen wurde. In Neuseeland fliegen teilweise Hubschrauber in so kalten Nächten über die Weinberge und drücken die warme Luft nach unten oder eben auch mit großen, hohen Windrädern. Das geht aber dort auch nur, weil alle eigenen Flächen meist an einem großen Stück um das Weingut sind.

[zum Thema Frostbekämpfung mit Windmaschinen gibt’s hier einen lesenswerten Artikel von Patrick Johner, Kaiserstuhl]

Viele unserer Weinberge haben wir an einem Fleck, und eben genau an diesem Fleck war der Frost extrem, weil es eben eine kleine Kuhle ist. Vielleicht ist es eine Strategie, seine Weinberge mehr zu streuen, was allerdings zu einem Bearbeitungsaufwand führt und oft auch durch Flurbereinigungen beseitigt wird.
Eins sollte man nur nie vergessen in meinen Augen, wenn andere Kollegen sagen, da gehören keine Reben hin. Es gehören überall Reben hin, wo man guten Wein machen kann, ich hoffe, ich habe das ein wenig bewiesen.
Man darf bei der ganzen aktuellen Debatte über Frost und Hagel nicht vergessen, dass wir in den Jahren 2007-09 tolle Jahre mit schönen Erträgen und guten Weinen hatten.
Ich weiß von einem Kollegen vom Kaiserstuhl, dass sie wohl Hagelnetze in den besseren Lagen installiert haben.

Wie gehen wir gerade mit der Situation um? Keine Ahnung, wir haben so etwas noch nie erlebt. Wir kümmern uns darum, Trauben von Kollegen, die weniger betroffen sind oder sowieso nur Trauben produzieren, hinzuzukaufen. Was wir in unseren Weinbergen machen, wissen wir noch nicht. Wir sind Gott sei Dank in den letzten Jahren in die Lage gekommen, zwei Krisenjahre hintereinander zu bewältigen, auch wenn sie mich natürlich enorm in meinem Wachstum bremsen.
Aber das schlimme an diesem Frost ist auch, dass der Jahrgang 2010 schon extrem klein war, wie du weißt, folglich im Moment keiner Trauben her geben will und auch die Keller mit den „Altlasten“ aus den Jahren davor größtenteils leer sind. Die Preise werden wohl wieder anziehen, und das müssen wir leider auch in Form von Preiserhöhungen weiter geben.
Das mit der Kalkulation ist so eine Sache, wir arbeiten mit der Natur, da ist absolut nichts einkalkulierbar, es ist kein gefertigtes Produkt. Es kann sein, dass die nächsten Jahre genau so schlecht aus fallen und deswegen kann eine Flasche Wein bei mir dennoch keine 30€ kosten.
Wen es aber am schlimmsten trifft, sind die kleineren Weingüter, die ihre Weine für 3-5 € verkaufen. Bei ihnen wird wohl im letzten und auch in diesem Jahr nicht viel hängen bleiben, sofern sie vom Frost betroffen sind.

Und immer daran denken: wir arbeiten mit der Natur, mit so etwas muss man auch irgendeine Art und Weise rechnen. Wenn aber alles gut läuft, ist Winzer einfach der beste Job der Welt!

 

Wolfgang Janß vom Weingut Janß, Rheinterrassenhof, Rheinhessen: Es war einmal …  so fangen viele schöne Märchen an, die ich als Kind von meiner Oma vorgelesen bekommen habe. Sie  ist nun leider seit elf Jahren nicht mehr bei uns, aber nicht nur ich, wir alle hier im Rheinterrassenhof behalten sie in sehr schöner Erinnerung. Das Jahr 2011 bleibt sicherlich auch in meiner Erinnerung! Fest… für die nächsten Jahre, das steht fest!

Grüner Veltliner Ende April 2011

So sahen die zarten grünen Rebtriebe Ende April aus. Die Welt schien in Ordnung. Es waren zwei tolle ausgebildete „Gescheine“ zu sehen, keine Winterfrostschäden zu erkennen, alle „Augen“ waren ausgetrieben und einem tollen Jahrgang stand nichts im Wege. Der Kompost war in die Weinberge eingebracht und wir waren alle voller Vorfreude auf den 2011er Jahrgang. Dann kam die Nacht vom 4.Mai, die alles veränderte!

Erfrorene von der Sonne verbrannte Triebe…

Auf unseren ersten Ertrag vom Grünen Veltliner hatten wir uns besonders gefreut. Immerhin kommt der Weinberg jetzt ins vierte Standjahr und sollte alle Kräfte haben, schöne vollreife & aromareiche Trauben zu bringen.
Das gibt es dieses Jahr auch nicht mehr!

Chardonnay …

Ebenso müssen wir leider der Tatsache ins Auge blicken, dass es 2011 auch keinen Chardonnay geben wird!
Nach einer Aufnahme von heute Morgen sehen wir, was schon hin und wieder angesprochen wurde: die Reben wachsen wieder! Es kommen neue grüne Rebtriebe zum Vorschein. Aber diese können allenfalls nächstes Jahr für Fruchtruten im Winterschnitt verwendet werden. Wie das nachfolgende Bild schön erkennen lässt, haben wir einen kleinen zarten Trieb mit vier Blättern, aber leider kein „Geschein“ das einen späteren Ertrag erwarten lässt.

Neuer Trieb -leider ohne Trauben

Es ist sicherlich im Moment eine sehr schwere Zeit für die Winzer. Seit einiger Zeit gibt es wohl auch Versicherungen gegen die Maifröste (hab ich irgendwann mal vor geraumer Zeit gelesen!), wir haben keine und ich hab auch von keinem Winzer gehört, dass er eine abgeschlossen hat. Das Ministerium um Herrn Hendrik hat vor zwei Tagen auch schon reagiert, und ist zurzeit  damit beschäftigt, Hilfsprogramme für Winzer aufzulegen. Diese sollen zinsverbilligte oder gar zinslose Kredite geben, (was für mich nur ein kurzer wenn gar vielleicht falscher Weg ist!) bis hin zu Steuerstundungen und Vollstreckungsaussetzungen. Für Betriebe, die bis zu 90% Ausfälle haben sicherlich der letzte Rettungsakt. Und Sie gibt es die Weingüter, auch hier bei uns. Ich kenne Sie.

Am schlimmsten: wir müssen jetzt in unseren Weinbergen weiter arbeiten. Es müssen die zarten Jungen triebe so gestellt und geschützt werden, dass nächstes Jahr eine Rute angeschnitten werden kann. Wir müssen mit dem Schlepper die Bodenbearbeitung weitermachen und Pflanzenschutz muss auch weitergehen.
Es ist schrecklich, in solchen Weinbergen zu arbeiten. Es kostet Geld, eine Menge Mühe und Arbeit, aber Trauben können wir im Herbst trotzdem keine ernten!

Baccantus: Danke an alle Winzer, die hier geantwortet haben!

Weitere Artikel zum Thema:

Weinrebenbilder von Wolfgang Janß vom Weingut Janß 2011, alle Rechte beachten!

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Shirts…

Der 2011er wird trotzdem ein Jahrhundertjahrgang!
Irgendwo… für irgendwas. Oder doch nicht?

4 Kommentare

  1. Sorry, bin leider bis jetzt nicht dazu gekommen dir was zu schreiben. Ich finde es super wie du solche Themen aufgreifst und die Winzer befragst. Die vom Frost betroffenen Winzer tun mir absolut Leid!

    Nicht nur wir vom Weingut Kiefer blieben vom Frost verschont, „unsere Seite vom Kaiserstuhl“ hatte insgesamt Glück! Nach einem mengenmäßig kleinen Jahr wie 2010 wäre es sonst nicht einfach für uns gewesen…

  2. @Ultes

    den hatten wir leider 2010 auch! Deshalb wird 2011 auch doppelt & dreifachbitter für uns!

  3. Rosner, Daniel

    Guter Artikel, ich frage mich immer ob solche Änderungen mit dem Klimawandel zu tun haben (heiße Phasen, extrem aber kurze Regenfälle, Frost und Hitzeperioden, die es so früher nicht gab….)

  4. Ulf

    Ist wirklich ein Jammer. Dazu erst der lange Winter, jetzt die Hitze im Mai und dann der Nachtfrost. Denke auf solche Wetterkapriolen werden sich die Winzer in Zukunft noch mehr einstellen müssen. Der Klimawandel ist wohl nicht aufzuhalten.

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