zur Weinrallye Wein, Weib und Gesang, das ist bekannt, Essen und Trinken im Urlaub sowieso. Dazu noch etwas Lektüre gefällig? Immer gerne. Wann sonst kommt man noch so entspannt zum Lesen?
Oliven mit Anchovi-Farce sowie eingelegte Sardellen auf der einen Seite, ein anständiges Weinchen auf der anderen und dazwischen man selbst mit Buch in der Hand unter einem Mirabellenbaum sitzend… so in etwa.
Easy reading, easy drinking.
Die Lektüre gerne spannend, aber nicht zu extrem, keine intellektuell verdrehten Geschichten, aber auch nicht banal. Was fällt mir hier ein? Ein paar Bücher, die natürlich mit Wein und Genuss zu tun haben…
Bruno, Chef de Police von Martin Walker
Als erstes fällt mir natürlich die Bruno-Reihe ein, Chef de Police im fiktiven Saint-Denis im Perigord. Die meisten meiner Kullinarik-Verrückten Freunde werden die Bücher ohnehin kennen. Eine fiktive Figur in einer wunderbaren Landschaft zwischen Dordogne und Vézère. Urlaub und Genuss sowie ein paar meiner intensivsten Reiseerlebnisse nach dem Abitur verbinde ich mit dieser Gegend, die wie kaum eine andere für reichhaltigen Genuss, Essen und Trinken wie Gott in Frankreich steht. Enten, Gänse, Trüffel, Walnüsse und Wein, dazu ein sympatischer Dorfpolizist, der zwischen Kriminalfällen mit baskischer ETA, uralten Streitigkeiten von Resistance-Widerstandskämpfern, Trüffelfälschern und diversen Liebschaften so mache kulinarische Entdeckung serviert. Ein Löffel Entenschmalz in die Bratkartoffeln, die Trüffel mit den Eiern in eine Plastiktüte… ein Rundum-Genuss! Der Reihe nach lesen! Mehr dazu in dieser Weinrallye-Ausgabe beim Sammlerfreak Peter Züllig hier: http://www.sammlerfreak.ch/wein/wein-rallye/rallye-88-wein-und-prosa/ Sollte man gelesen haben, die Klassiker-Serie unter den Gastro-Krimis.
Papa, der Wein korkt! Von Kathryn Borel
Ein besserwissender, weinbegeisterter kanadischer Ex-Sommelier-Vater mit seiner launisch-depressiven Tochter auf einer Weinreise quer durch Frankreich. Klingt nach lustiger und kurzweiliger Lektüre, ist aber eher ein Vater-Tochter-Konflikt als eine reine Genussreise. Wein spielt nur nebenbei die große Rolle, ist aber trotz einiger negativer Kritiken ein interessantes Buch. Ich wurde damit beschenkt und hatte auch eher andere Erwartungen, aber man ist ja flexibel. Kathryn Borel als Journalistin und schreibt eine Restaurant-Kolumne für eine Wochenzeitung. Die autobiographischen Züge dieser Weinreise mit Familien-Psychodrama erscheinen kaum versteckt und hinreichend authentisch.
Weinprobe von Dick Francis
Einer der besten und beliebtesten Krimiautoren schrieb dieses Werk schon vor Jahren. Meist geht es in den Romanen von Ex-Spitzenjockey um Pferde und Pferderennen, aber der Schwerpunkt liegt in diesem Buch einmal beim Wein. Ein junger verwittweter Weinhändler gerät in die Bahn von kriminellen Machenschaften einer Schieberei mit gefälschten Weinen – also ein stets aktuelles Thema, bestmöglich verpackt. Millieustudien vom Feinsten, Sprachwitz und mächtig Spannung bis zuletzt – eines der vielen Meisterwerke von Dick Francis. Besser als die meisten Geschichten anderer Autoren, die unter die Rubrik Gastro- oder Weinkrimis fallen.
Teufelsfrucht/ Letzte Ernte / Rotes Gold / Tödliche Oliven. kulinarische Krimiserie von Tom Hillenbrand.
Der ehemalige Sternekoch Xavier Kieffer ermittelt meist unfreiwillig im Gastronomiebereich. Er betreibt in der Luxemburger Unterstadt ein kleines Restaurant mit Huesenziwwi, Bouneschlupp und Rieslingpaschtéit. Quetschetaart mit Sahne gibt’s zum Nachtisch, versteht sich. Er und sein finnischer Freund vertilgen etliche Flaschen Müller-Thurgau aus Luxemburg, diverse Rieslinge und natürlich kulinarische Leckerli, während Kieffer den fiesen Machenschaften von Nestlé (bzw. Firmen, die man dafür halten könnte), Ölpanschern, Tunfischdealern und Foodhuntern auf die Schliche kommt. Mit viel Lokalkolorit, detaillierter Kenntnis von Land und Leuten sowie der Gastroszene geschrieben und etlichen Andeutungen, die man mit etwas eigener Kenntnis schnell zusammensetzen kann. So bekommt nicht nur so mancher Fernsehstarkoch sein Fett weg… auch wenn mancher journalistische Hebel etwas konstruiert angesetzt wird, ahnt man, dass viele Hintergründe vielleicht sogar noch schlimmer sind, als hier angedeutet. Ein köstlicher Spaß mit ernstem Hintergrund als beste kulinarische Urlaubslektüre. Ich habe dies zum Anlass genommen, von Trier auch mal weiter als bis zur Tankstelle nach Wasserbillig zu fahren, und mich mit den Weinen, der Schokolade und ein paar echten traditionellen Köstlichkeiten aus Luxembourg zu befassen.
Der Wein dazu: Riesling Forster Ungeheuer Spätlese von Georg Siben Erben 2012.
Das VdP BIO – Weingut Siben Erbenliefert aus der Forster Paradelage in der Pfalz für 14 € ein rundum feines Spätlese-Stöffchen ab. Mit gerade einmal 8,0 % Alk. Und 7,5 g/L Säure kommen 76 g/L smooth wie feinstes Tonic über die Zunge geflossen, das es einfach nur eine Pracht ist. Kein großes Kopfkino, einfach nur zum Genießen. Auch mal schön – man liest ja auch nicht die Kant’sche » Metaphysik der Sitten « in Originalausgabe im Liegestuhl, während einem Ameisen und Marienkäfer über die Zehen krabbeln und man sich fragt, wann der Nachwuchs die nächste Runde Eis anmahnt… nicht nur als Dessertwein geeignet, läuft auch so rund.
Wem das alles zu easy-peasy daher kommt, dem sei das hier empfohlen:
Bordeaux: Ein Roman in vier Jahrgängen. Von Paul Torday
Klar, auch hier geht es um Wein und Genuss, vor allem auch über die exzessive Art. mit der man seine Passion bis zur Selbstvernichtung betreiben kann… Ein erfolgreicher Ex-IT-Unternehmer erwirbt einen spektakulären Weinkeller und geht seinen Weg bis zum letzten Schluck… harter Tobak, eher eine Holy Drinker-Tragödie in 4 Akten. erstaunlich, dass das Buch nicht viel bekannter ist. Eben so fein geschrieben wie die beschriebenen Weine.
Dazu dann aber auch keinen easy Sommerwein, sondern einen Bordeaux.
Château Cambon la Pelouse 2009, Haut-Médoc
In Zeiten der Austerität kein Weltklasse-Chateau wie im Roman von Torday, sondern ein modester bezahlbarer Haut-Médoc aus der Gemeinde Macau-en-Médoc. (ca. 19 € beim Fachhändler). Trotzdem jeden Cent wert. Klassische Cuvée aus 50% Merlot, Cabernet Sauvignon 30%,Cabernet Franc 18%, Petit Verdot 2%. Alle Rebsorten am Start, die man so braucht um anständigen Medoc zu machen. Cambon la Pelouse ist ein recht großer Laden und liefert seit Jahren konstante Qualität. Kein Hippster-Sipp, keine Ausreißer. 2009 ohnehin nicht. Wird nicht ewig altern können, macht aber dafür jetzt schon große Trinkfreude, auch im Sommer. Sicher einer der besten Jahrgänge Cambon, sicher nicht die eleganteste Interpretation, aber ein mittelkräftiger Waldbeerensaft mit Cassis und überreifen Schwarzkirschen. Ein Charmeur, kein Philosoph. Passt auch zur Urlaubslektüre, die etwas nachhaltig und nachdenklich daher kommt, ohne ins Metaphysische abhebt…
Santé, Prosit und gute Lektüre!
Diese Weinrallye wurde ausgerichtet von Victoria Mölich auf dem Blog WeinReich.
Die Weinrallye ist ein Blogevent, das jeden Monat einmal stattfindet (in der Regel am letzten Freitag im Monat). Einer der teilnehmenden Blogs übernimmt die Führung, bestimmt das Thema, lädt ein, verlinkt die Beiträge und erstellt eine Zusammenfassung. Sinn und Zweck einer Weinrallye ist einzig und alleine der Spass und die Motivation, schöne Themen aufzuarbeiten. Bei der Weinrallye darf jeder mitmachen, egal ob Weinblogger oder nicht. Auch Nichtbloggern bieten die Gastgeber immer die Möglichkeit ihre Beiträge auf ihrem Blog zu veröffentlichen. Allgemeine Informationen und Logos findet man auf den entsprechenden Seiten von Thomas Lippert (dem Gründer des Events) auf Winzerblog: http://winzerblog.de/weinrallye/ Wer gerne einmal selbst als Autor/Themengeber mitmachen möchte, findet alle Infos und die kommenden Themen auf der Weinrallye auf Facebooks, Gruppe weinrallye