Verstärkt – Sherry, Port & Co. – die Expertenrunde
Mit aufgespritteten Likörweinen befasste sich schon der Eingangsartikel zur Miniserie bei Baccantus. Nach einem Exkurs zum Thema Sherry von Jan Buhrmann nun die Fragen an die Experten zu ihren Vorlieben.
Es antworteten Stephanie Doering (SD), Sommelière & Mrs. TVino, Vladimir Catalina (VC), Weinküfer und Dipl. Betr. Weinwirtschaft, Mega Stuttgart, Sherry-Educator und Sommelier Jan W. Buhrmann, (JWB), Ilkka Sirén (IS, auf engl.) Finnischer Winefreak, Viini.tv bzw. theviinitv.com–Macher und #fortifiedFriday-Host.
[Baccantus] Portwein, Sherry, oder Vin doux naturel?
Und wenn ja, wie viele? 😉
Was gefällt besonders an den genannten oder auch anderen Süßweinen? Bevorzugt Ihr beispielsweise Portwein gegenüber Sherry und könnt Ihr sagen, warum?
(SD) Es kommt auf die Situation an. Zum Aperitif gerne einen Sherry. Dazu Oliven. Der bester „After-Work Drink“ überhaupt! Und beim Besuch eines Grand Hotels mit einer fetten Zigarre und ein Glas Vintage Port in der Lobby sitzend Leute beobachten. (das mache ich wenn ich groß bin…) Vin Doux naturel – auch immer gerne! Aber dann nur mit meinen Sommelier-Freunden oder denen, die das verstehen.
(VC) Wie bei allem im Leben – es muss zur Situation passen. Generell bin ich eher der Sherry-Trinker, aufgrund seiner Vielseitigkeit von Furztrocken bis Plombenzieher. Auch dann als Essensbegleiter universeller. Port find ich vor allem zur Schoki und zum Käse spannend. Vin Doux trink ich eher selten.
(JWB) Die Gruppe der Süßweine spielen derzeit in der Weinwelt eine eher untergeordnete Rolle. Für mich es die Abstand spannendste vinophile Randgruppe überhaupt. Sei es Port, Madeira, Sherry oder Banyuls. Das alles sind Weine, die auf eine jahrhundertealte Geschichte und Weinbautradition zurückblicken. Es sind Weine, die sich keinen Trends unterwerfen. Darin sehe ich allerdings auch den Grund, dass viele der Südweine ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Viele schreckt vielleicht der hohe Alkoholgehalt ab. Leicht trinken ist angesagt, aber man muss ja nicht immer gleich eine Flasche trinken. Für mich sind es Weine, die es verdienen, dass man sie genießt und ihnen die gebührende Aufmerksamkeit schenkt.
(IS) All of them, for sure, but probably not at the same time. Port wine is very close to my heart. I used to work in Douro valley and there I fell in love with the region and its wines. I like acidity, complexity and longevity, all of these you can find in fortified wines. That’s one reason why I love them. I love all kind of wines and I always try to keep an open mind but I find fortified wines super fascinating.
Nur nach oder vor dem Essen oder auch dazu?
Man kann ja mit den Süßweinen nicht nur kochen, sondern sie auch zum Essen trinken… nicht nur als Nachtischweinchen…
(SD) Es passiert ja eher selten, dass man sich eine Flasche Sherry oder Port kauft. Und warum nicht auch zu einem Essen? Trinken und Essen gehören ja zusammen – oder macht meist in dieser Kombi am meisten Spaß. Ich kann mir schon vorstellen, dass man Port (ältere Vintage vielleicht einfacher) aber auch Sherry zum Essen trinken kann. Ich suche mir eh erst das Getränk und entscheide dann was es zu Essen gibt. Werde es testen!!!
(VC) Also zum Essen mehr Sherry, dann aber die herberen Versionen. Fino, maximal Amontillado – zu Tapas einfach genial. Sherry macht mehr Hunger 😉 Port dann doch eher mehr in der Nachtischecke oder Solo.
(JWB) Jan Pettersen von der bekannten Bodega Rey Fernando de Castilla bringt es auf den Punkt: „Sherry gehört raus aus den kleinen Copitas, rein in richtige Weingläser und auf den Tisch.“ Sherry ist ein vorzüglicher Essensbegleiter. Mir fallen da unendliche Kombinationen ein: Austern mit einem Manzanilla, eine Consommée mit einem Amontillado oder ein PX mit foie gras oder einem Schokoladendessert. Einen Oloroso genieße ich am liebsten nach dem Essen mit einer guten cubanischen Cigarre. In der Küche lassen sich gerade die oxidativ gereiften Sherrys perfekt als Aromaten einsetzen.
(IS) Yes, yes and yes. I would probably start with a fresh Manzanilla from Sanlucar de Barrameda or a dry madeira wine made from Sercial grape variety. Then continue with a Palo Cortado and end the dinner with old colheita from Douro. I never drink solely fortified wines during dinner, I like to mix things up.
Ruby, Tawny, LBV, Colheita, Reserva – was braucht man zuhause, was ist entbehrlich?
(SD) Weißen Port auf jeden Fall!- damit passiert ja kaum etwas, wenn die Flasche offen ist. Wenn man dann noch Tonic im Haus hat, ist man auf der Siegerseite. Praktisch sind halbe Flaschen- davon dann Tawny und oder LBV. Die sind nicht teuer, und selbst zu zweit kann man so eine kleine Flasche easy schaffen.
(VC) Am ehesten LBV. Das ist die schöne goldene Mitte im Port was Geschmack und Preis angeht.
(JWB) Ich habe immer einen Fino oder Manzanilla kalt stehen. Gerne auch in halben Flaschen, ist ein Fino erst einmal angebrochen, sollte er zeitnah ausgetrunken werden. Ist die Flasche länger als 5 Tage geöffnet, verliert er sein frisches Aroma. Die oxidativ gereiften Sherrys halten sich da schon sehr viel länger. Meistens habe ich immer einen der alten VOS VORS (20, bzw. 30 Jahre alt) angebrochen. Ein guter PX, der süßeste aller Sherrys, ist quasi unsterblich und es hält sich viele Monate, wenn die Flasche angebrochen ist.
(IS) As long as you have some port wine at home, you’re good. You have to find the style you prefer which is not always easy but when you find it…BOOOMM! You will know.
Was sind deine Lieblinge? Gerne auch bezahlbare…
(SD) Ich habe, als ich im September in Porto war, einen 30 Jahre alten Tawny von Taylor’s zum ersten mal probiert. Im Moment meine Nummer 1. Niepoort macht super Rubys zu richtig guten Kursen. LBV 2005 von Fonseca ist ganz groß und macht dem Vintage echte Konkurenz.
(VC) Seit Jahren schon LBV von Niepoort. Die Tawnys gefallen mir von Noval! Beim Sherry entweder klassisch La Ina, oder bei den Sweeties PX von La Cigarrera und San Emilio von Lustau.
(JWB) Das schöne am Sherry ist unter anderem, dass er überraschend günstig ist. Man findet hervorragende Finos und Manzanillas schon unterhalb der 10 € Grenze. Ich bin ein Fan von En Ramas, das sind Finos und Manzanillas, die ungeschönt, unfiltiriert und ungeschwefelt abgefüllt werden. Leider sind sie nach ihrer Abfüllung nur ein knappes Vierteljahr haltbar und in Deutschland nur schwer zu bekommen. Aber hat man diese hocharomatischen, vielschichtigen En Ramas einmal probiert, kann man nicht mehr ohne. Amontillados sind meine favorisierten Sherrys, die Kombination aus biologischer und oxidativer Reife macht an. Die Frische und zarte Salzigkeit gepaart mit der maskulinen Kraft des oxidativen Ausbaus – das ist einmalig in der Weinwelt.
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Ilkka Sirén beim #FortifiedFriday über einen Sherry/ Amontillado from Delgado ZuletaSüßweine – next big thing oder auch in Zukunft nur Nische oder Liebhaberei?
(SD) Nichts von beiden. Viele Leute haben einfach wenig Erfahrung damit. Und die wenigsten kaufen sich die Flaschen für Zuhause. Meiner Meinung müssen die Restaurants diese Weine Glasweise anbieten und empfehlen/ erklären. Ich wünschte mir manchmal mehr Abwechslung und mehr Weine offen oder öfter wechselnd. Weil wenn Süßwein, dann dort mit Käse oder Desserts.
(VC) Nein, das Thema ist noch nicht wirklich big. Nach wie vor ist noch viel Überzeugungsarbeit beim Kunden zu leisten. Solang mit den Weinen nur Soßen gemacht werden, wird das ein schweres Thema bleiben…
(IS) Fortified Friday is a global event hosted by yours truly. The idea is to create conversation around these amazing wines and give people a little nudge towards fortified wines. Follow #fortifiedfriday and you will know what’s going on in the world of fortified wines.
Jenseits von Portwein und Sherry – welche süßen Leckerli haben es dir sonst noch besonders angetan?
Bei mir ganz klar die VdN in diversen Variationen, Rivesaltes, Maury, Banyuls, etc…
(SD) Ganz klar Madeira- ein faszinierendes Getränk!!! Jurançon – wer bitte braucht da noch Sauternes? Vin Jaune- zum Käse. Banyuls, Mas Amiel.
(VC) Moscato d’Asti macht immer Spaß, Recioto. Ach ja und mein süßer Liebling: ‚Heaven on Earth‘ von Stellar Organics, Südafrika. Ein Muscat – Natural Sweet Wine mit einem Touch von Tee. Passt auch immer.
(JWB) Eindeutig Madeira. Das sind Weine, die mich in ihren Bann ziehen und scheinbar gar nicht mehr los lassen wollen. Es ist nur zu schade, dass es in Deutschland so schwer ist, gute Sherrys zu bekommen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als meinen nächsten Sommerurlaub Richtung Madeira zu planen.
(IS) Well, if I run out of Port wine and Sherry I will go for Madeira wine. Rivesaltes is excellent as well but I rarely come across a good one in Finland. There are all kinds of exciting things going on in the world of fortified wines. I recently tasted Cape Fortified from South Africa made by Dirk Niepoort and Eben Sadie. It was brilliant! So, you can always make some great discoveries if you keep your eyes (and mind) open.
Die Dame, die Herren, vielen Dank für die Antworten!
Ich denke, dass Fortified/ Verstärkte/ Aufgesprittete Weine in ihrem Facettenreichtum auf jeden Fall eine lohnende Entdeckungsreise wert sind, nicht nur im Urlaub, sondern auch am Esstisch oder gediegen auf dem Sofa…
Weiterführende Links:
TVino, Mega Stuttgart, Jan W. Buhrmann, Viini.tv. bzw. theviinitv.com
#FortifiedFriday – auch in interaktiver Form, vgl. http://de.tinychat.com/viinitv.
Baccantus- Gastartikel „Ich und mein Sherry“ – von J.W. Buhrmann
Zum Baccantus-Einführungsartikel Kräftig & fein – Süßer Wein, verstärkt