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Pinot vs. Burgunder? Es muss nicht immer Noir sein.

In der Not hilft nur Pinot.

Pinot – Style of Burgund ist jedenfalls das heutige Weinrallye-Thema, zur WeinRallye N° #103 hatte Peter Ladinig hier aufgerufen.
Ob es hilft wird man sehen.

Pinot vs. Burgunder - Style of Burgund. Logo zur WeinrallyePinot vs. Burgunder?

Pinot vs. Burgunder? Spricht man über Burgunderweine, so geht vielerorts ein Raunen durch den Raum: die einen fangen an, ehrfürchtig die Appellationen und weltberühmten Einzellagen der Côte d’Or runter zu beten. Das geht dann über Corton-Charlemagne, Montrachet (man hört schon die Ohhs und Ahhs der Chardonnay-Fraktion) sowie Clos de Vougeot, Échezeaux bis hin zu La Tâche und Romanée-Conti im Dörfchen Vosne-Romanée südlich von Dijon.

Spätestens jetzt hat der eine Schnappatmung vor lauter Ehrfurcht, der nächste denkt sich – kann ich mir eh nie leisten und werde ich nie trinken – bis hin zu einem gegrunzten: » mir doch Wurst, ich trinke eh nur Riesling « (Variante: » Deutscher Spätburgunder ist ja fast genauso gut und viel preiswerter «.)

» I’m Not Drinking Any #@%$ Merlot! «pinot-shirt1

Eins steht fest: Eine bessere Werbung für Pinot Noir als durch den Spielfilm Sideways von Alexander Payne aus dem Jahr 2004 mit Paul Giamatti kann man sich kaum ausdenken. Der verhöhnte Merlot wird sich seins denken und mit etwas Cabernet Sauvignon und vielleicht noch Franc vereint aus Bordeaux freundlich herüber winken. Denkt man allerdings an die weltweiten Millionen Hektoliter von nichtssagenden seicht-klebrigen Spätburgunder, so mag die Überhöhung der Rebsorte ebenso fragwürdig sein wie das Bashing von Merlot oder ABC – anything but Chardonnay.
Like it or not – ein paar der besten Weine der Welt werden mit Chardonnay erzeugt!

Chardonnay im Burgund:

  • Puligny Montrachet 1er Cru „Les Folatieres“ Domaine Olivier Leflaive 2012.
  • Domaine Roulot, Bourgogne blanc 2012, Côte d-Or, Meursault u.a.
    (gerne auch wieder 2007, lieber Marc Herold!)
  • Corton Charlemagne -diverses von Pascal Marchand, Tollot Beaut, Domaine Jacques Prieur, Chanson, Louis Latour.

Leider teuer. Geider leil.

pinot-vs-pinotBurgunder über alles?

Für 2014 weist das Statistische Bundesamt für den deutschen Spätburgunder eine bestockte Rebfläche von 11.783 ha aus, was 11,5% der Gesamtfläche repräsentiert. Ein Plus von 4.176 ha seit 1995!
Und? Bei aller Liebe zum Pinot und seinen Spielarten – er kann so genial wie banal sein, wie eigentlich jede Rebsorte (okay, Dornfelder ist eigentlich immer banal, manchmal schafft es trotzdem einer, daraus etwas Interessantes zu keltern…).  Und weder ist jeder Pinot aus der Bourgogne gut (wahrlich nicht – preiswerte Vertreter sind rar) noch ist jeder deutsche Spätburgunder schlecht (also ein paar würden mir schon einfallen…). Verallgemeinerungen bringen also nichts und niemanden etwas.

Pinot wird jedoch zu viel, zu oft falsch und zu oft am falschen Standort angebaut.
– Mehr Blaufränkisch bzw. Lemberger, jawohl!

Der Umgang mit der Diva fällt nicht jedem zu und verlangt den Winzern einiges ab.1width280height280appearanceid648version1477606990

» Pinot kann halt nicht jeder, macht aber fast jeder «
 – so ein recht bekannter Winzer mal an einem launigen Abend und ein paar ausgezeichneten Flaschen.

Etliche Klone gibt es, etwa den verbreiteten Marienfeld-Typ mit längeren Traubenstielen und geringerer Botrytis-Anfälligkeit. Viele machen diesen Klon-Typus für die nervige, weichgespült speckig-süße Kirschfruchtigkeit des typisch deutschen Spätburgunders verantwortlich, der viele Rotweinliebhaber lieber zum „Original aus Frankreich“ greifen lässt. Doch die Klone, die oft jahrzehntelang im Weinberg stehen, sind nicht alles.

High End Pinot made in Germany?

Qualität ist machbar, kostet aber. Auch im Billigheimer-Deutschland. Wer jetzt Huber † sagt, der nimmt die Spitze vorweg, doch auch andere zeigen, was möglich ist. Von nichts kommt aber nichts. Wenn man diese Wochen verfolgt hat, wie etwa Dirk Würtz den »Caviar de Pinot« von Balthasar Ress im Rheingau produziert, der versteht vielleicht, wie viel Arbeit in einem hochwertigen Wein steckt:

» Die Trauben werden von Hand entrappt, das heißt jede einzelne Beere wird von Hand vom Stilgerüst gezupft. Danach werden die Trauben mit den Füßen leicht gestampft und das Ganze gärt in offenen Holzfässern. […] «

Viel Arbeit. Bei den Top-Häusern der Côte de Nuits wird natürlich ebenfalls strengst selektiert, was zwangsläufig zu geringem Ertrag und somit höheren Preisen führen muss.burgunder-raus

Die Üblichen Verdächtigen

Unter den Pinot-Freaks werden häufig Friedrich Becker, Huber, Fürst und Ziereisen genannt, nicht zu vergessen Markus Molitor, sowie aus dem Rheingau diverses aus der berühmten Pinot-Schiefersteillage Assmannshausens, dem Höllenberg.

Richtig klasse sind allerdings auch:

  • Weingut Stadt Klingenberg/ Main aus dem Schloßberg von Benedikt Baltes
  • Spätburgunder Lämmler Bergmandel GG von Rainer Schnaitmann
    (und der Lemberger, aber das ist ein anderes Thema :-),
  • Laumersheimer Kirschgarten von Philipp Kuhn und viele weitere.
  • Sehr gut fand ich zuletzt auch den Spätburgunder Forstberg 2014 von Julia Bertram/ Ahr, nicht zu vergessen ihr
    Frühburgunder Sonnenberg 2014, der mir mindestens genauso gut gefällt.
  • Kalkschuppen GG aus dem Bönnigheimer Weingut Ernst Dautel, Württemberg (auch hier sei der Lemberger erwähnt!) sowie
  • Pinot Noir Kalkstein 2013 von Frank John, Neustadt, Pfalz – Pinot mag Kalk!

» Pinot Noir heißt also Arbeit, nicht nur im Weinberg des Herrn, sondern bis in die Flasche. «

Barrique und Pinot

So mancher Winzer beherrscht seine Reben und liest dann großartige Beerenqualitäten. Mancher macht einen wunderbaren Einsteigerwein und verhunzt dann gleichwohl die Großen mit Holz. Nicht, dass der Spätburgunder dem Barrique und anderen Holzfässern abgeneigt wäre. Aber auch die Verwendung des richtigen Fasses ist eine Kunst, die nicht jeder beherrscht. So füllt etwa ein großer Betrieb am Bodensee seine besten roten Burgunder in Fässer von Seguin Moreau, einem der bedeutendsten Tonnelliers der Welt. Passen Wein und Fass jedoch nicht zusammen, dann… kann man viele Jahre warten, und hoffen, dass der Wein den Barrique-Einschlag mit kräftiger Toastung übersteht. Anderenfalls wurden die feinen, filigranen Obertöne, die den Pinot Noir mit zum elegantesten machen, was die Weinwelt zu bieten hat, mit dem Holzbalken erschlagen.

Sven Enderle und Florian Moll etwa verwenden keine neuen Fässer, um die Geschmacksnuancen der Weine nicht zu überlagen, sondern bestmöglich zu unterstützen. Sie verzichten auch auf Schönung, Filtrierung, Pumpen oder Umlagerung und lassen den Weinen 12 bis 15 Monate die Zeit, die sie brauchen. Bei den Fässern fährt man ins Burgund und versucht, gebrauchte Barriques der besten zu bekommen. Das Ergebnis ist das genaue Gegenteil des oft so banalen deutschen „Gut-Holz-Spätburgunders“.  Muschelkalk und Bundsandstein von Enderle & Moll aus Münchweier gehören für mich seit Jahren zu den eigenständigsten und spannendsten deutschen Pinots, weit über Baden hinaus.

Pinot vs. Burgunder ist so gesehen eine Frage, die sich mit einem » es kommt drauf an, was man draus macht « beantworten lässt. Es kann, muss aber nicht eine Anlehnung oder Interpretation des Bourgogne-Stils sein. 

Noir – und sonst so? Grigio? Blanc?noir-gris-blanc-meunier
Neben der klon- und mutationsfreudigen Rebsorte Spätburgunder und ihren Varianten gibt es etliche weitere, die letztlich alle vom Ur-Pinot Noir abstammen. Der wurde übrigens schon im Jahr 884 am Bodensee in Bodman-Ludwigshafen aktenkundig, wo Kaiser Karl III. im Pfalzgarten Burgunder pflanzen lies. Wahrlich keine neumodische Rebsorte also hierzulande.
Bis in die Bündner Herrschaft den Rhein hoch blickt man also auch östlich der Burgundischen Pforte auf eine weit über tausend Jahre währende Tradition mit der Sorte. Gantenbein, Donatsch und Fromm etwa sollte man erwähnt haben, besser noch getrunken.

Variatio delectat 

Lassen wir Rosé, Weißherbst und Blanc de Noirs mal beiseite. Es bleiben unter vielen insbesondere Weißburgunder, Grauburgunder sowie Schwarzriesling, der als Müllerrebe oder Pinot Meunier einen wichtigen Beitrag zum Champagner liefert und eine der drei Hauptsorten stellt.
Und Beaujolais? Die Gamay-Hauptregion nördlich von Lyon gehört definitiv zum Burgund. Und die Crus aus Morgon und Fleurie können absolut burgundisch iSv. „Style of Burgund“ sein.

Darüber mehr dann am 25. November 2016 bei der nächsten WeinRallye „Gamay woldwide“ hier im Blog & anderswo!

Gamay Crus du Mogon, Fy, Charme, Fleurie

Weißer Burgunder vs. Weißburgunder

Manch einer bestreitet bis heute, dass es Weißburgunder von Weltrang gibt, der sich auf Augenhöhe mit den großen Chardonnay Gewächsen messen kann. Egal. Und mag auch so sein. Dennoch – schön zu sehen und zu trinken, was aus dieser Sorte auf beiden Seiten des Rheins und anderswo gekeltert wird.

Ein paar Pinot Blanc Lieblinge ohne Wertung:

  • Von Winning, Deidesheim , Pfalz (ca. 25 €)
    Weißer Burgunder I trocken 2012, Pfalz – vielleicht einer der größten Pinot Blancs aus D.? Egal, jedenfalls ein Erlebnis.
  • St. Antony, Nierstein, Rheinhessen Weißburgunder VDP.Gutswein (8,50 € ab Hof)
  • Weingut Fogt, Reinhessen
    2015 Weißer Burgunder trocken (7,20 € ab Hof)
    Badenheimer Römerberg 2014 Weißer Burgunder trocken aus dem Barrique (12,00 € ab Hof)
  • Winzerhof Stahl, Auernhofen DAMASZENER STAHL [Weissabgleich] Weißburgunder 2015, (11,50 € ab Hof)
  • Weingut Friedrich Kiefer am Kaiserstuhl:
    Weißburgunder /  Kabinett Trocken (7,70 €),
    Weißburgunder Spätlese Tradition trocken (9,90 €) und
    Weißburgunder / QbA Trocken Dreistern (14,90 € ab Hof)
  • Herrenhof Lamprecht aus der Steiermark:Weißer Burgunder Sand & Kalk (11,50 € bei weinfurore.de)

Es wären sicher noch viel zu nennen. Etwa von der Cantina Terlan/ Südtirol, der Weissburgunder von Philipp Kuhn und viele weitere. Auch beim Thema Grauburgunder, welches manchmal von den gleichen Kandidaten in vergleichbarer Qualität bespielt wird, wäre etwa Kiefer zu nennen…

Blanc des Oranges?

Da war doch noch was. Orange Wine? Man nehme einen maischevergorenen Weißwein, bspw. Weissburgunder, produziert wie ein Rotwein. Man trenne die Beeren vom Stielgerüst – und vergäre das Ganze mit den Schalen. Man erhalte einen Pinot Blanc orange vom Weingut Balthasar Ress | Rheingau, der Spaß macht, auch wenn er vielleicht für Fortgeschrittene ist. Leo Quarda (weinquellen.at) dazu:

 

» Das ist der mit Abstand „lustigste“ Orange Wine, den ich je getrunken habe. Das ist Wein, den man unbedingt ganz ohne alles in seiner vollen Pracht erleben sollte. «

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Prost! Cheers! Santé!

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Was ist die WeinRallye? Die wirklich einfachen Regeln der Weinrallye stehen seit jeher HIER im Winzerblog bei Thomas Lippert.

[edit]
Hier noch die (bisherigen) Beiträge der Kollegen im Web:

  • der Gastgeberbeitrag fehlt noch…
  • Wo einst „Karl der Kühne“ Hof gehalten hat von Sammlerfreak Peter Züllig.
  • Thomas Günther von Weinverkostungen.de über das Santenay-Rätsel:

Weinrallye #103: Das Rätzel um einen Santenay

 

Weinrallye # 103: # Style of # Burgund

  • Juliane Gassert von EinfachWein über Burgundische Küche und Badische Burgunder:

Style of Burgund. Weinrallye #103.