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Neues aus Ungarn

Ein Bayer und eine Schweizerin machen Wein in Ungarn. Das ist ja für sich genommen schon eine Nachricht, aber wenn es sich dabei um ambitionierte Qualitätsfans aus der Region Villány handelt, verspricht es spannend zu werden. Wir besuchten Erhard Heumann von Heumannwines.com auf der ProWein 2011 in Düsseldorf.

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Baccantus: Herr Heumann, Ungarn ist in Deutschland für viele Liebhaber ja ein eher unbeschriebenes Blatt in Sachen Wein. Den meisten fallen vielleicht noch der Tokajer, Stierblut und Mädchentraube für 1,59 € aus dem Discounter ein. Dabei gibt es gerade in der Region Villány-Siklós einiges an renommierten Spitzenweingütern, die durchaus auch international ausgerichtete Weine produzieren, beispielsweise aus den Sorten Chardonnay, Merlot, Pinot Noir, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Liegt der verhaltene Erfolg außerhalb der Landesgrenzen am Marketing oder an der Ignoranz und Unfähigkeit der hiesigen Weinhändler und Einkäufer, über den Tellerrand zu schauen?

E. Heumann: Der mangelnde Erfolg ungarischer Weine im Ausland hat mehrere Gründe. Ein Teil liegt sicherlich darin begründet, dass in den letzten Jahrzehnten  vor allem billige ungarische Weine auf den ausländischen Märkten angeboten wurden. Weiter kommt hinzu, dass ein grosser Teil der ungarischen Topweine in Ungarn, vor allem Budapest, selbst verkauft werden. Last but not least ist sicherlich das Weinmarketing für Ungarn noch verbesserungsfähig. Derzeit sind jedoch Initiativen im Gange um hier Fortschritte zu erzielen. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Aktivitäten von Erfolg gekrönt sind. Das Weinland Ungarn hat nämlich sehr viel zu bieten, angefangen von den Tokajern über autochthone Weissweinsorten bis hin zu Rotweinen, welche international keinen Vergleich zu scheuen brauchen.

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Baccantus:
Wo sehen Sie die großen Chancen für ungarischen Wein? Internationale Rebsorten und internationale Stilistik? An „entliehenen“ Rebsorten aus Österreich (Welschriesling, Zweigelt, Kékfrankos bzw. Blaufränkisch, um nur einige zu nennen) sowie Autochthonen mangelt es ja auch nicht gerade…

E. Heumann: Dies lässt sich nicht so einfach beantworten. Ungarn verfügt vor allem bei den weissen Sorten über eine grosse Auswahl von autochthonen Sorten. Erwähnt seien hier vor allem Furmint, Harslevelue (Lindenblättriger), Juhfark, Kéknyelü u.v.a. Dies ist sicherlich positiv beim heutigen Trend hin zu autochthonen Sorten. Bei den Roten ist die einheimische Auswahl kleiner. Hier sind vor allem die eher regionalen Kékfrankos (Blaufränkisch) und Zweigelt zu erwähnen.  Dafür hat vor allem im Süden Ungarns und hier speziell in Villány-Siklós der Cabernet Franc eine neue Heimat gefunden. Reinsortig ist in diesem Weinanbaugebiet die weltweit grösste Dichte an qualitativ hochstehenden Weinen dieser Sorte zu finden.  Ich möchte hier die Aussage von Giacomo Tachis (im Decanter vom April 2011) erwähnen, für den es nicht um die Frage nach autochthon vs. international ging, sondern um die Frage, in welchem Terroir eine Rebsorte die besten Resultate bringt.  Ich bin überzeugt, dass die Kombination Villány-Siklós und Cabernet Franc noch sehr viel Furore machen wird.

Baccantus: Bioweinbau und nachhaltige Weinwirtschaft im Qualitätsweinbau scheinen ja gerade auch in dieser Region schon länger ihren Einzug gefunden zu haben.

E. Heumann: Ja, das ist richtig und wird u.a. durch Uwe Hofmann (Geisenheim) unterstützt. Wir sind derzeit daran, die Konsequenzen für unsere Rebberge zu eruieren.  Wir gehen davon aus, dass auch wir sukzessive verschiedene Vorgehensweisen übernehmen werden. Gewisse Methoden (Begrünung etc.) haben wir bereits eingeführt.   Wir werden aber die Vor- und Nachteile sehr gut abwägen. Unser Ziel ist es, unsere hohe Qualität durch geeignete Massnahmen zu unterstützen oder noch weiter zu erhöhen.

Baccantus: Mir fällt neben dem Chardonnay gerade bei den roten Sorten ein vernünftiger und wohldosierter Umgang mit Holz auf. Sie arbeiten dabei mit recht unterschiedlichen Fässern, richtig? [hatte ich gelesen…]Das richtige Fass für den jeweiligen Wein zu finden scheint mir überhaupt ein eine Kunst zu sein, an der auch viele Winzer scheitern oder es eben übertreiben, bspw. so mancher Spätburgunder, der mit einem Eichenholzbalken schlagen wurde…

E. Heumann: Wir verwenden für alle unsere Rotweine Barriques. Wir sind jedoch dazu übergegangen,  die 225 l Fässer viermal einzusetzen und benutzen für Sorten wie den Blaufränkisch und den Merlot vermehrt  500 l Barriques.  Dadurch erhalten wir die Frucht in den Weinen, geben aber doch eine zusätzliche Dimension hinzu. Derzeit haben wir vor allem ungarische Fässer im Einsatz, wobei die Eichen in Nordungarn wachsen und mit einem Alter von 100-120 Jahren geschlagen werden.  Wir experimentieren aber auch mit amerikanischer und französischer Eiche.  Grundsätzlich ist dies aber ein Thema, bei dem man nie auslernt.

Baccantus: Neben dem wirklich großartigen Cabernet Franc mit der dicht gewebten, geschmeidigen Textur haben Sie ja auch eine Auswahl an Cuvées im Portfolio…

E. Heumann: Danke für die positive Beurteilung unseres Cabernet Francs.  Ja, das ist richtig. Wir haben zwei rote Cuvée, den Segreto resp. neu Borosso , welche auf Cabernet Franc basieren, jedoch auch lokale Sorten (v.a. Blaufränkisch) enthalten. Unser Top-Cuvée ist der Terra Tartaro, ein Bordeaux-Blend, in dem der Cabernet Sauvignon den Ton angibt. Dieser gibt dem Wein auch entsprechende Kraft und Druck.  Bei den reinsortigen Weinen wie dem Blaufränkisch, dem Merlot und dem Cabernet Franc versuchen wir die Sortentypizität zum Ausdruck zu bringen, was uns, glaube ich,  ganz gut gelingt. Zusätzlich führen wir noch etwas Weisswein (Chardonnay resp. Cuvée) sowie einen Rosé im Portefeuille.

Baccantus: Die Gretchenfrage: „Nun sag, wie hast du’s mit der Schwefelung?

E. Heumann: Grundsätzlich gilt ja: Ein Wein ohne Schwefel ist bald kein Wein mehr. Spass beiseite, wir schwefeln sehr zurückhaltend. Dies beeinflusst jedoch die Lebensfähigkeit unserer Weine in keiner Weise (der 2000er trinkt sich noch heute sehr gut), erhöht jedoch die Verträglichkeit massiv.
Was die Ausbaumethode anbetrifft, vergären die Weine temperaturkontrolliert – die Roten bei ca. 28 Grad, die Weissen und der Rosé bei 14-16 Grad. Teilweise in offenen Tanks, teilweise in geschlossenen. Die Maischestandzeit beträgt abhängig  vom Jahrgang 10 bis 14 Tage. Auch das Überspülen resp. das Aufbrechen der Maische ist jahrgangsabhängig, in der Regel  4 – max. 6 mal pro Tag.

Baccantus: Wie kann man ihre Weine in Deutschland und in der Schweiz beziehen?

E. Heumann: Die Weine sind in Deutschland bei weinkomplott.de in München erhältlich. In der Schweiz vertreiben wir einzelne Weine durch Philipp Schwander, dem einzigen Master of Wine in der Schweiz. Zudem können alle Weine auch bei uns selbst (info@heumannwines.com) bezogen werden.

Baccantus: Herr Heumann, wir danken Ihnen für das Gespräch!

E. Heumann: Ich danke Ihnen, dass wir die Möglichkeit hatten, unser Weingut und unsere Weine aus einer eher unbekannten Region zu präsentieren.

Nachtrag: Einen kenntnisreichen und lesenswerten deutschsprachigen WeinBlog zum Thema Weine aus Ungarn betreibt übrigens Autor Peter Klingler aus Budapest unter BorWerk.de.

Bilder: Heumann.com , Karte Weinbau in Ungarn: Wikipedia GNU CCommons,
Urh.Té y kriptonita.
Based on file: HU_counties_blank.svg
& file:Hungary map blank.svg Video: S. Schwytz/Baccantus.de,  Shirts: dito.
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