Die 22. ProWein ist überstanden.
Mit neuer Anordnung und in neun Messehallen traf sich vom 15. bis 17. März 2015 die internationale Weinwelt in Düsseldorf.
Über 52.000 Fachbesucher, davon 47 Prozent internationaler Herkunft, 5.970 Aussteller aus 50 Ländern – soweit die Zahlen der Pressemitteilung des Veranstalters. Sieben Prozent plus bei den Besucherzahlen laut ProWein machen etwas stutzig, ließen mir als Besucher wie auch manchem Winzer die teils doch recht luftigen Gänge in manchen Hallen eher das Gegenteil vermuten, aber gut – letztlich sind die reinen Zahlen weniger relevant als die Qualität der Kontakte und der angebahnten Geschäfte…
Die neue Hallenanordnung führte bei vielen alten Messehasen zu einigen Orientierungsschwierigkeiten, doch hörte man viele positive Stimmen und bessere Wege von Übersee über Frankreich nach Deutschland und über Italien und Österreich retour. Die Halle 17, in der die Aussteller aus der Alpenrepublik erstmals untergebracht waren, war auf jeden Fall einer der Gewinner, nicht nur der besseren Atmosphäre wegen. Das neue Messekonzept führte sicher nicht nur bei mir zu einer deutlich erhöhten Verweildauer bei den Nachbarn, sondern konnte auch mit einem Wohlfühlfaktor punkten, der deutlich über dem der bisherigen Eingangshalle lag… ok, das war nicht so schwer 😉
Höchstes Niveau
Das gezeigte Niveau war nach meinem Dafürhalten erstaunlich hoch, und ich habe mich bewusst nicht nur bei den bekannten Topwinzern aufgehalten, bei denen ohnehin immer alle stehen und von denen man weiß, dass sie gut oder sogar Weltklasse sind.
Der 100 Punkte Mann: – Der zurecht vielgelobte Markus Molitor bewies zuletzt mit drei Riesling-Auslesen von 2013, dass Riesling auch jenseits von Edelsüß / Trockenbeerenauslesen zum Besten gehören kann, was sich in der Welt der edlen Weine für Geld erwerben lässt. Man muss aber gerade hier betonen, dass auch die restliche Range vom Einstiegswein bis zu den Top-bewerteten Auslesen bei Molitor eine wahre Freude ist, während mancher der bekannten Kollegen bei den Einsteigerweinen – sofern nicht ohnehin bevorzugt Spezial-Abfüllungen aus Traubenzukauf fürs gemeine Volk auf die Flasche kommt – sich nur in preislicher Hinsicht besonders hervortut.
Selbst bei völlig unbekannten Winzern wurden zwar auch nicht immer nur Überraschungen gezeigt, aber eine Weinbauqualität in der Breite, die sich sehen und vor allem trinken lässt. Nur sieben Korkschmecker in 3 Tagen – auch die Korkqualität nimmt wieder zu, die Edel-Schraubverschlüsse allerdings auch, aber das nur nebenbei.
Riesling internationale
Ein Trend, wenn man so will, ist ein ‚Riesling mit internationalem Stil‘, besser noch: Ein perfekter deutscher Riesling: Präzise gemacht, keine Fehler duldend, demokratisch und konsensfähig, trocken und glasklar. Relativ günstig aber nicht billig, perfekt gestylter Auftritt – die Frise sitzt und im Web wird Responsive Webdesign perfekt umgesetzt. Die Agenturen machen einen super Job, die Winzer auch, alle sind happy. Abgesehen vom Fachhändler, der nur 15 % bekommt.
Wenn es passt und zur gebuchten Medienkommunikation passt, gibt man sich auch gerne jung und wild, abgestimmt zum Style von Flaschenetikett bis Onlineauftritt.
Dass die Weine selbst dabei oftmals ohne markante eigene Signatur bleiben, sondern dem erstaunlich uniformen Einheitsprofil entsprechen, mag viele Gründe haben. Sicher hat es nie eine so gut ausgebildete Winzerschaft wie heute gegeben und die Technik wird beherrscht. Wer im Weinbau Erfolg haben will, muss sich aber auch verkaufen und darstellen, und auch das wird besser beherrscht als je zuvor.
Im Ergebnis schmecken dann aber auch die Weine so einheitlich wie es der Auftritt vermuten lässt – Riesling. Sehr gut. Woher? Egal. Mosel oder Rheingau, Rheinhessen – nicht mehr zu erkennen, ein technokratischer Deutscher Qualitätswein in perfekter Aufmachung und ohne raue Kante.
Terroir? Believe the Hype…
Leider steht bei einigen Erzeugern die Medienpräsenz mit resultierendem Bekanntheitsgrad in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Qualität ihrer Weine, Riesling hin oder Silvaner her.
Umso erfrischender daher, jenseits der ausgetretenen Pfade zu wandeln und anderes und andere zu entdecken.
Zwei Kollektionen mit Schwerpunkt Riesling haben mir 2015 persönlich besonders gefallen:
Die von Florian Lauer vom Weingut Peter Lauer aus Ayl im Saartal, sowie die vom Standnachbar Maximilian von Kunow vom Weingut von Hövel aus Konz-Oberemmel. Der feinherbe Vergleich von Oberemmeler Hütte und Scharzhofberg ist jedes Jahr aufs Neue spannend. Und nein – Riesling muss nicht immer und überall völlig trocken sein. Manchmal gerade nicht, und wenn es so gut passt wie hier, dann gerade nicht.
Weitermachen!
Womit sich der Weinanwalt sonst noch beschäftigt hat: geniale Blaufränkisch bzw. Lemberger hier und diesseits der Alpen, Weißwein aus Nordspanien, Orange Wine von der Nahe… demnächst bei Baccantus.
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Credits: Logo & Messeplan von Messe Düsseldorf GmbH.
Champagne Glases / Riedel. Pic by Stefan Schwytz.
Baccantus – Shirts by Stefan Schwytz, eh klar…
Informativ – feinherbe Rückschau ohne Jubelperser Arien. Der kritsche Blick auf zunehmend austauschbare Stilistik bei den heimischen Rieslingen ist wohltuend. Das sich spritzig-fruchtig brave Weine mit kurzer Halbwertszeit zunehmend über Skills wie die Haarfarbe der Weinschaffenden definieren ist auffällig. Mein persönlicher Gewinn war erneut die Möglichkeit Weine aus Ländern probieren zu können, die hier sonst schwierig zu bekommen sind. Wiederum hatten z.B. einige kleine Betriebe aus Slowenien Weine im Gepäck, die in Sachen Qualität, Stilsicherheit und Individualität überzeugten.
Super Rückblick. Danke. Und was Du über die Rieslinge schreibst, stimmt! Leider, oder?
nun, es gibt natürlich Ausnahmen. Aber eben auch gewisse Trends… und ich bin eben kein Fan von Gleichmacherei und Taste like
fuckingeverything else…