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Jura – alles Käse?

Wenn der Weinanwalt vom Jura schwärmt, dann meint er nicht zwingend die Rechtswissenschaften. Das Jura-Gebirge ist nicht nur eine Reise wert wegen der hübschen Städte und der malerischen Landschaft mit ihren markanten geologischen Schichtungen, er erfreut sich auch eines exzellenten Rufes unter kulinarisch Interessierten Zeitgenossen.
Wer die Weine nicht kennt, (der hat verpennt, aber egal) der hat zumindest schon einmal vom ein oder anderen Käse aus dem frz. Jura gehört – allen voran der „König der Bergkäse“,

Der Comté

Der berühmte Käse mit AOP-Qualitätssiegel (geschützte Ursprungsbezeichnung) aus der Franche-Comté wird aus Rohmilch der Montbéliard-Kühe hergestellt. Deutlich milder als etwa der Gruyère aus der benachbarten Schweiz ist er nicht nur einer der bekanntesten und beliebtesten Käsetorten Frankreichs, sondern findet auch regen Verbrauch in der regionalen wie überregionalen Küche. (Ich hatte zuletzt 1,7 kg importiert… und die waren erstaunlich schnell weg.) Wer Käse-Soufflé kennt, der kennt sie höchstwahrscheinlich mit Comté zubereitet, dazu ein regionaler „Tradition“ aus Savagnin und Chardonnay oder… aber dazu später.

20140906_192705Morbier, Mont d’Or und lachende Kühe.

Findet sich Morbier mit seiner markanten schwarzen Schicht aus Pflanzenasche auch in jeder gut sortierten deutschen Käsetheke (zumindest hier im Süden), sind Cancoillotte und Mont d’Or aka Vacherin hierzulande schon eher selten zu finden. Beide sind jedoch in der Jura-Küche ebenfalls stark präsent, wenn auch nicht ganz so häufig anzutreffen wie der Comté und werden zum beispielsweise zum Gratinieren, für Saucen, Quiche und als Fondue-Käse verwendet. Vacherin Mont-d’Or, der auch auf der Schweizer Seite des Jura einen Bruder hat, lässt sich wunderbar mit Vin Jaune oder Savagnin verfeinern.

5746346233_c26721b7fa_bEin Gläschen für den Käse, ein Glas für den Koch

Den Käse in der Holzschachtel auf Alufolie setzen, anritzen, etwas schwarzer Pfeffer, eventuell ein paar gehackte Knoblauch-Krümel oder frischer Schnittlauch – ab in den Ofen bei 200°C bis es anständig ausschaut, ganz einfach.

Ach ja, die lachende Kuh stammt ebenso aus dem Jura wie viele Supermarkt-Fertigmischungen für Raclette, roten wachsummantelten Babykäse, sowie diverse Schmelzkäse-Zubereitungen. Der bekannte Markenkäse Leerdammer gehört seit Jahren zum Käseriesen Bel, während der Holländische Wessanen-Konzern als ehemaliger Inhaber, sich seit einiger Zeit eher auf Bio-Lebensmittel konzentriert… Aber wir wollten ja über Genuss reden.

Wein zum Käse

Nein, es gibt jetzt keinen ausführlichen Exkurs zum „Wine&Cheese-Pairing“, oder wie sich das heute so nennt. Man merke sich aber: Jura-Käse und insbesondere die weißen Juraweine, das funktioniert bestens. Es muss nicht, kann aber auch ein Vin Jaune sein, welcher phantastisch zu einem gereift-pikanten Comté mundet. Man kann übrigens außergewöhnlich gut mit Vin Jaune kochen, wer einmal eine entsprechende Sauce zum Bresse-Huhn gekostet hat, weiß, was ich meine. Leider teuer. Eine „Cuvée Tradition“, also Chardonnay mit Savagnin (fast oder immer?) als „vins de voile“ unter der Flor-Hefeschicht fassgereift, passt aber fast ebenso gut.IMG_2946

Es muss auch nicht immer von der berühmten Domaine Stéphane Tissot sein, einem der Pioniere in Sachen Biodynamie im Jura, dem hierzulande wohl bekanntesten Erzeuger. Kann aber. Wenn Sie jedoch einen hiervon ergattern sollten, freuen Sie sich und legen Sie ihn ruhig noch etwas in den Keller:

Arbois Vin Jaune En Spois 2006 – ein komplex gewobenes Meisterwerk. Verschiedene Nüsse und Mandeln, indische Curry-Würzmischung, Bockshornklee – ein kräuteriges Bouquet vom Gewürzmarkt. Natürlich mit dem typischen Vin-Jaune-Ton, der an Sherry erinnert, aber doch eigenständig. Kurz muss ich an den Islay Malt Lagavulin denken, vielleicht wegen der torfigen Noten. Eine aberwitzige Länge im Nachhall. Kein Happy-Pharrell-Williams-Song.

That’s Jazz. A Love Supreme. John Coltrane.

Geht auch noch nach Jahren, soll heißen – Reifepotiential bis ultimo. Wenn sich etwas wirklich lange lagern lässt, dann ist es Vin Jaune.

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Vin Jaune ‘Les Bruyères’ 2007

EDIT 19.03.2015

Eben bin ich noch über eine Verkostungsnotiz, besser – über eine ausführliche Weinbeschreibung bei weinquellen.at gestolpert, die ich meinen Lesern nicht vorenthalten will. Leo Quarda beschreibt den Les Bruyères 2007 von Bénédicte & Stéphane Tissot hier, und er scheint ähnlich begeistert von der vielschichtigen Aromenfülle dieser Weine zu sein, wie ich. Definitiv kein Wein für Primärfruchttrinker, sondern ein echtes Erlebnis!