Weinlust – Weinfrust – Hassliebe Gastronomie & Wein
Zur Weinrallye #55 ein paar Gedanken zur Gastronomie und dem Thema Wein.
Ein Essen ohne Wein nennt sich Frühstück, oder wie war das? Für viele gehört jedenfalls zu einem anständigen Mahl auch ein anständiges Getränk, zumeist in vergorener Form, also Wein oder Bier.
Zur Ausgabe #55 der Weinrallye hat diesmal Peter Ladinig vom Institute of Drinks geladen. Hier steht im Winzerblog, was es mit der Veranstaltung auf sich hat.
Bier?? So mag sich vielleicht der passionierte Weinfreak wundern, aber es ist nun mal so, dass in der Gastronomie eben auch zum Essen viel Bier getrunken wird, „aus Gründen“, wie man im Neusprech derzeit sagt.
Ein Grund ist sicher eines: Bier ist meistens wesentlich günstiger als Wein. Ein weiterer: man weiß in der Regel, was man bekommt. Bei vielen Gastwirten verhält es sich anders – und ich spreche hier natürlich nicht von Spitzengastronomie.
Wir haben beides: Rot und Weiß!
Und weil Sommer ist, auch Rosé? Toll. In vielen Lokalen steht auf der Karte nur eine Beschreibung wie: Müller-Thurgau, trocken, Dornfelder, halb trocken. Vielleicht noch ein Hinweis auf die Provenienz (Baden, Pfalz etc.).
Aber wenn ich zum Beispiel Merlot, Chile, „weich und rund“ auf einer Karte lesen muss, dann überlege ich mir, ob ich mir überhaupt die Weinkarte bringen lassen soll, sofern eine solche separat vom Menü existiert.
Und haben wir dann einmal tatsächlich eine Weinkarte, so herrscht zumindest in Deutschland oft eines:
Gähnende Langeweile! Selbst in gehobener Gastronomie finden sich oft die ewig gleichen Weine auf der Karte, woran sich oftmals sogar der Lieferant erkennen lässt, der ist nur allzu gerne übernimmt, die gesamte Weinkarte für das Lokal zu entwerfen.
Wenn ein solches Lokal dann sogar noch über einen eigenen Sommelier verfügt, so dass man getrost fragen, ob er sich nicht lieber Korkenzieher“ schimpfen möchte.
Ich bin nun wahrlich kein Weinsnob und auch kein überambitionierter Gastrokritiker, aber es verwundert schon, dass so viele Restaurants nicht die Chance nutzen, Wein als echten Mehrwert zu begreifen. Dass es auch anders geht, zeigen die rühmlichen Ausnahmen, in denen der Wirt (oder Sommelier) auf eine individuelle Handschrift in der Weinkarte Wert legt, auch wenn ein paar vertraute keinesfalls schaden.
Man kann mit Wein ja schließlich auch Geld verdienen, wenn man es will. Es gibt sogar Lokale, bei denen man die Flaschen mit nachhause nehmen kann! In Südfrankreich habe ich in einigen recht anständigen Restaurants gegessen, die Oenothek mit Speiselokal kombiniert hatten und in denen beim Konsum der Flaschen zum Essen einfach ein Korkgeld erhoben wurde. Man konnte die Flaschen allerdings auch direkt für zuhause erwerben, teilweise gab es sogar ein paar offene Weine zur freien Degustation.
Wenn man als Wirt allerdings versucht, den Gast über den Tresen zu ziehen oder ihm einen stinknormalen um nicht zu sagen banalen Tropfen, den es in vergleichbarer Qualität in jedem Supermarkt für 5 € gibt, für 25 € an drehen zu wollen, so dass man sich im Ende nicht wundern, wenn die Leute frustriert zum Bier greifen.
Überhaupt – die offenen Weine.
Wie führt man den schüchternen Gast, der ja vielleicht auch wieder kommt, an das Thema Weinkonsum heran? Mit schlechten weinen im Offenausschank? Damit diese lieber gleich eine teure ganze Flasche kaufen? Sind wir ehrlich, man kann und will nicht immer eine ganze Flasche Wein trinken (ok, wollen vielleicht schon;-), es gibt schließlich auch Autofahrer, Schwangere oder Solisten im Restaurant…
Der optimale Gast ist der, der zum einen zufrieden is(s)t und dem der Wein geschmeckt hat, zum anderen natürlich auch der, der noch ein zweites Glas oder vielleicht dann doch eine ganze Flasche bestellt, und der gerne wieder kommt und weiter erzählt, dass man in diesem Lokal wunderbare anständige Weine bekommt und eben nicht übers Ohr gehauen wird. (Vielleicht kauft er ja auch noch ein paar Flaschen für zuhause? Soll ja wie gesagt vorkommen…) Ein vergraulter Gast hingegen läuft durch die ganze Stadt und erzählt allen, wie mies die Weine, die Bedienung und das Essen waren.
Es tut der Wirt also gut daran, vielleicht auch mit häufiger wechselnden Weinen im Offenausschank auf Kundenfang zu gehen und diese nicht als abschreckendes Beispiel für den Rest des Weinangebotes an die Gästefront zu schicken. Es sei denn, er will eben seinen Umsatz mit Bier und Softdrinks erhöhen.
Dass man in der Spitzengastronomie gewisse Weine auf der Karte haben muss ist eine Sache, aber auch diese hindert nicht daran, neben die Platzhirsche auf den Weinkarten auch ein paar Kontrastflaschen zu gesellen. Was keiner braucht: arrogante Kellner & Sommeliers, die einem am besten dann noch erzählen, dass sie diesen Wein leider nicht im Keller haben (steht aber auf der Karte), der Wein korke nicht (er korkt wie Sau), es sei korrekt zimmertemperiert (27 Grad ist für einen Glühwein zu kalt, für einen Barolo zu warm)… oder die eine Empfehlung aussprechen, die preislich massiv über dem mitgeteilten Rahmen liegt.
Es gibt sicher noch viele andere negative Erfahrungen mit dem Thema Wein in der Gastronomie, aber im optimalen Fall, denen sie auch gelegentlich gibt, gesellt sich zu einem gelungenen Mahl ein harmonischer Wein – ein Wine&Food-Pairing, oder wie man das so nennt 😉
Das schöne dabei ist, dass sich Speis und Trank auch daheim und mit Freunden bestens genießen lassen, wenn es mit dem Gastwirt nicht klappt, man kochen kann und anständige Weine greifbar sind…
Übrigens – auch ich kenne natürlich Restaurants, in denen alles ganz anders ist, besser, schöner und mit spannenden Weinen. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden… 😉
In diesem Sinne: Prost!