Ein Gastkommentar von Gernot Freund zur Weinrallye
Ich bin ein großer Fan von Frankreichs Süden. Ausgesucht aus dem großen Fundus habe ich ein Rhône-, zwei Roussillon-, zwei Languedoc- und drei Südwest-Weingüter – hauptsächlich in Deutschland unbekannte, aber für meinen Geschmack immer regionaltypische, geniale Weißweine.
Der Neuseeländer Thomas Lubbe kam als Praktikant in den Betrieb von Gérard Gauby im Roussillon. Eigentlich wollte er nur seine Stage machen und dann weiterziehen. Tom verliebte sich während seines Aufenthalts in Calce aber nicht nur in die alten Weinberge des hohen Roussillons, sondern fand in Gérard Gaubys Schwester auch seine große Liebe. Die Domaine Matassa besteht heute aus 14 Hektar alter Rebbestände in vorzüglichsten Höhenlagen. Gemeinsam mit seinem ebenfalls aus Neuseeland stammenden Freund und Önologe Sam Harrop baut er die Weine von Matassa aus.
Die einzelnen Weinberge liegen fast immer mitten im Garrigue, zwischen Zedern, Feigenbäumen und Rosmarin und sind Teil eines intakten Biosystems. Teilweise sind die Parzellen so unwegsam, dass die Bodenbearbeitung nur mit dem Pferd zu bewältigen ist. Die Weine sind klar, finessenreich und extrem aromatisch. Für mich sind seine Weißweine besser als seine Roten.
Matassa Blanc 2006
Vin de Pays des Côtes Catalanes; Grenache gris & Macabeu – Dicht, mineralisch, frisch, Noten von grünem Tee, Limonen, weißem Pfirsich und einer leichten Note vom Meer, am Gaumen zeigt er sich weich mit einem Anflug eines herausragenden Chablis, subtil, extrem komplex mit einer unglaublichen Länge und Intensität – einfach nur wunderbar.
„eating, drinking, dancing“ – Three Trees
Wer nicht ganz soviel Geld liegen lassen will, sollte den Domaine de Majas Blanc VdP des Côtes Catalans 2008 probieren:
einen Rolle 50%, Macabeu 50% mit 12,5% Vol.
Tom Lubbe ist der Partner und Weinmacher bei Majas, die Weine tragen sehr stark seine Handschrift:
In der Nase Veilchen, Rose, weißer Pfirsich und Limonen, leichte Hefenote, am Gaumen, jugendlich kraftvoll und frisch, extrem würzig, filigran, gehaltvoll und komplex, langer weicher Abgang.
St. Sebastien, Banyuls
Romuald Perronne bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie die uralte Domaine St. Sebastien in Banyuls-sur-Mer. Der Keller liegt direkt am Hafen von Banyuls, direkt daneben findet sich eine kleine Bar, in der es neben den Familienweinen auch hervorragende Tapas gibt. Die rund 4 Hektar Rebflächen verteilen sich auf die beiden Appellationen Banyuls und Collioure. Für den Banyuls Blanc werden als Rebsorten Muscat d’Alexandrie und Grenache Gris et Blanc benutzt, für die roten Collioure und Banyuls kann die Familie Becque auf uralten Grenache Noir, Carignan Noir und ein klein wenig Mourvèdre zurückgreifen. Besonders in der Appellation Collioure gilt für die Rebflächen von St. Sebastien, die Reben fallen fast direkt ins Meer! Die gesamten vier Hektar Reben stehen auf Schiefer zumeist in Steillagen. Die Erntemengen sind niedrig, alles geht nur von Hand, die Arbeit gilt als extrem hart. Die Banyuls werden abgestoppt mit einen Alkohol aus der Region und dann zwischen 8 und 24 Monaten oxydatif ausgebaut.
Der Collioure Blanc ist ein Cuvée aus Grenache Gris 90% und Grenache Blanc. Die Grenache Gris ist eine tolle Rebsorte. Aus ihr werden ganz eigenständige Weine gewonnen, wie dieser Collioure. Auf Schiefer gewachsen zeigt er die typische Mineralität, dazu kommen wunderbar fruchtige Noten nach Birne, Weinbergs-Pfirsich und schönen Limonentönen, weich, rund, schmelzig – und vor allem mit einem schönen langen fruchtigen Abgang.
Domaine Felines Jourdan, Mèze
Die Domaine Felines Jourdan gehört der Familie Jourdan seit 1986. Die Jourdans sind seit vielen Generationen Winzer im Languedoc. Heute besitzen sie rund 110 Hektar. Die Weine werden von der Winzerin Claude Jourdan gemacht. Ihre Weine stehen für Eleganz und eine sanfte Mineralität und Charakter.
Die Domaine de Felines liegt direkt hinter dem Strand am Etang de Thau und hat Lehm-Kalk-Böden. Les Cadastres, zwei Kilometer weiter nördlich auf einem Plateau gelegen, gehört zur Appellation Picpoul und hat sehr unterscheidliche Böden Lehm, Ton, rot, gelb weiß dazu Kalkstein.
Die Weine stehen auf drei verschiedenen Terroirs für die Picpoul de Pinet und ihre anderen Weine. Die Picpoul ist eine autochthone Rebsorte aus dem Languedoc. Aus ihr werden die Weine für Fisch und Crustace des Languedocs gewonnen. Die Picpoul von Felines Jourdan glänzt durch eine sehr angenehme Säure, jugendlich, frisch und einen sehr schönen zitronigen Geschmack mit tollem Abgang.
Château des Monges, la Clape
Das Château des Monges steht heute an der Stelle einer ehemalige Abtei der Zisterzienserinnen. Sie wurde im 11. Jahrhundert wegen Unzucht aufgelöst, die Damen auf der Insel hatten nicht den besten Ruf in der Region… Die Abbaye steht an der Straße zwischen Narbonne und Gruissan Plage.
Die Weine der Abtei sind durchweg hochwertig und sehr typisch für La Clape mit viel Würze und Kräutern, dazu dann noch eine schöne Fruchtigkeit. Chateau des Monges Blanc ist ein Weißer aus hauptsächlich der Rebsorte Bourboulenc: Gute Säure mit Aromen von Zitrusfrüchte (Grapefruit) und leichte Anklänge an tropische Früchte, dazu würzige und leicht salzige Noten.
Domaine Guy Capmartin, Madiran, Maumusson
Die Domaine Guy Capmartin ist neben Montus von Alain Brumont eines der ältesten Weingüter des Madiran. Es gehörte früher zum bekannten Château Barrejat. Guy Capmaartin ist der Bruder von Denis. Guy übernahm nach der Trennung den Part „Le Couvent“, ein sehr altes Lieu-Dit mit zwei unterschiedlichen Lehmböden, einmal mit Silicium einmal sehr kalkhaltig. Denis bearbeitet heute sehr traditionell 16 Hektar Reben. Auf der Domaine werden keine chemischen Produkte verwendet, es wird eine strenge Mengenbegrenzung eingehalten und natürlich wird manuell geerntet. Die meisten Reben der Domaine sind in einem Alter zwischen 60 und über 100 Jahren, vor allem die Tannat-Reben gehören zu den ältesten in Maumusson.
„Mein Großvater hat mir erklärt, das schon sein Großvater ihm erzählt hat, die Reben seien alt gewesen“, so Guy Capmartin. Der Stil von Guy ist eine gelungene Mischung von traditionellen Madiran mit einem kleinen modernen Touch, der die Weine eleganter, ansprechender, ein wenig zugänglicher macht. Die Böden des Gutes bestehen aus Kiesterrassen und kiesigem Geröll von Gletscherablagerungen, teilweise sandiges Schluff.
AOC Pacherenc-du-Vic-Bilh Cuvée sec Gros Manseng 85% et Arrufiat 15% – Strohgelb mit grünen Lichtern, in der Nase fruchtige Noten von alten Apfelsorten und exotischen Früchten. Im Mund sehr konzentriert, kraftvoll, angenehm würzig mit einem langen Finale.
Domaine Bordenave-Coustarret, Lasseube
Die Domaine Bordenave-Coustarret liegt in einem einsamen Pyrenäental bei Lasseube auf rund 380 Meter Höhe. Seit 1842 ist sie im Besitz der gleichnamigen Familie. Die Gebäude stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die Sicht ist einmalig:
Im Hintergrund leuchten die weißen Spitzen der Pyrenäen, dazwischen wellt sich die Hügellandschaft der Vorgebirge. Sebastien Bordenave Coustarret ist heute das Haupt der Familie. Der junge Winzer ist ein begeisterter Juraconnais, er liebt seine Weine. Auf 4,5 Hektar versucht er die Typizität der Jurançon herauszuarbeiten:
Frische, Sanftheit, Eleganz und Würde. Bepflanzt sind die Rebberge mit Petit Manseng, Gros Manseng und Corbu. Sebastien kann dabei auf uraltes Rebmaterial zurückgreifen. So sind ein Teil der Petit Manseng mehr als 100 Jahre alt. Sie stehen an steilen Abhängen auf einer dünnen Lehmschicht, direkt darunter fängt der Kalkstein an.
Geschichtlich gesehen ist dieser Teil des Jurançons der Beginn, auf den Höhenlagen rund um Lasseube finden die Bauern an die Manseng-Trauben zu pflanzen.
„Wir haben hier auch ein ganz spezielles Klima“, erklärt Sebastien. Unten im Tal sei es vor allem im Winter oft rund 7°C kälter als oben auf der Hügelkette. Im Sommer dagegen mache die Höhe die Differenz aus und ermöglicht kühlere Nächte. Und im langen Jurançon-Herbst ist es wieder länger warm als im Tal.
Heraus kommen ein fantastischer trockener, ein genialer halbtrockener und ein sehr angenehmer süßer Jurançon:
– Renaissance: 80 % Petit Manseng, 20 % Corbu: ein trockener, fruchtiger Wein mit schöner Struktur und kräftiger Säure, sehr frisch mit langem Abgang (etwas für Profis).
– Domaine Bordenave Coustarret: Gros Manseng 60, PM 40%: schöner, frischer Süßwein voller Fruchtgeschmack ausgebaut im alten Holz.
– Cuvée Barou, 100 % PM: doux, raffinierter, subtiler, komplexer, eleganter und jugendlich erfrischender Wein, reich, komplex, unglaublich schön. In der Nase helle Blumen, Heu, Zitrusfrüchte. Am Gaumen reich, vollmundig, delikat, rund mit einer unheimlicher Balance zwischen Süße und Säure und einem extrem langen Abgang mit Honig und vielen Früchten.
Der 2007 und der 2008er wurden ausgezeichnet mit dem Coup de Coeur vom Guide Hachette!!!
Für mich einer der besten Süßweine weltweit – einfach nur genial.
Domaine Chiroulet, Gascogne
Die Weinberge des Château Chiroulet stehen im Ténarèze in der Gascogne nahe Condom, eigentlich eher berühmt für seinen Armagnac. Die Familie Fezas sitzt seit 150 Jahren auf dem Weingut und macht seit 1897 auch Armagnac. Der Vater des heutigen Besitzers, Philippe Fezas, studierter Önologie und Agraringenieur, hatte allerdings andere Ideen. Sein persönliches Ziel war es, auf den Böden der Gascogne hochwertige Terroir-Weine herzustellen. Und nach Untersuchen fand er unter anderem heraus, dass ein Teil seiner Böden den Lehmböden der Côtes in St. Emilion sehr ähnlich sind. Darauf stehen heute die Merlot-Reben der Familie.
Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Familie Fezas auf Originalreben zurückgreifen kann, da die Reblaus in ihren Weinbergen nie gewütet hat. Und so besitzen sie teilweise noch uralte Tannat-Rebstöcke. Der größte Teil der Reben auf dem 45 Hektar großen Gut ist heute aber zwischen 10 und 40 Jahren alt. Auf Chiroulet dominiert Merlot mit 60 Prozent, er gibt die Frucht und der Tannat bringt Feinheit, Frische und Struktur in die Weine mit ein.
Die Weißweine entstehen aus Gros Manseng, Petit Manseng, Ugni Blanc, Sauvignon und Colombard. Auch hier werden für die Topweine die alten Reben genommen. So wird der Côte d‘ Heux zu 100 Prozent aus 30 – 50 Jahre altem Gros Manseng gewonnen, ausgebaut auf der Hefe im Holzfass, je nach Jahrgang 6 bis zwölf Monate Reifung im Barrique und Demi-Muid – heraus kommt der perfekte Wein für Jacobsmuscheln, Crustace und kräftige Fischmenüs.
Er erinnert ein wenig an eine schönen, reifen Sauvignon Blanc, hat dazu aber Birnen- und Gravensteiner-Noten, die wunderbar mit den würzig-grasigen Anklängen harmonieren, ist extrem schmelzig und elegant, weich und rund.
Der Terres Blanches ist der kleine Bruder, er hat neben Gros Manseng, Colombard Vieilles Vignes und ein wenig Sauvignon Blanc mit im Cuvée. Der TB wurde im Stahltank ausgebaut und kommt ganz auf einen Sauvignon Blanc mit ein wenig fruchtigeren (alte Apfelsorte, Birne) Noten heraus – ebenfalls ein toller Fischwein.
Domaine Grand Bourjassot
Die Domaine Grand Bourjassot liegt direkt an der touristischen Straße von Vacqueyras nach Gigondas und trotzdem findet man das Weingut kaum. Es gehört der Familie Pierre Varenne. Die Weine des 7 Hektar großen Weinguts machen Vater und Tochter Cecile. Sie besuchte im Gegensatz zum Vater eine Weinschule. Trotzdem ist man sich bei den Varennes einig, man arbeitet weiter traditionell. Natürliche Begrünung und kein künstlicher Dünger im Weinberg, das Pferd zum Pflügen anstelle des stark den Boden verdichtenden Traktors, im Keller Spontangärung mit den natürlichen Hefen und Unterstoßen der Beerenschalen von Hand (sog. Pigeage), Ausbau nur in gebrauchten Fässern, keine Schönung, kaum Filtration.
Die zumeist alten Reben (50 Jahre im Durchschnitt, teilweise 100 Jahre alte Grenache Noir) stehen auf kargen Sand- und Lehmböden, auf der Hochfläche an den Abhängen der Denteilles de Montmirail oder in Sablet bedeckt mit Galets Roules. Seit 2005 machen die Varennes zusätzlich noch einen Vacqueyras, dort haben sie 0,5 Hektar. Der Topwein ist der Cuvée Cecile, ein sehr traditioneller Côtes du Rhône, in seiner Anmutung fast mit einer burgundischen Eleganz.
Die Familie Varenne macht nur einen Weißwein – einen Sablet, einen ganz besonderen Weißen: Gewonnen wird er aus durchschnittlich 70 Jahre alten Reben der Sorten Roussanne, Marsanne und Bourboulenc, sie stehen im Gemischten Satz. Leicht oxidativer Ausbau gibt dem Wein eine fast goldene Farbe. Honig, Blüten, kandierte Nüsse, ein wenig Salmiak, ein wenig Ananas und Birne steigen in die Nase. Am Gaumen hat man zuerst Salz, dann wirkt er frisch, rassig, knackig und dann kommen wieder Salznoten vermischt mit Würze und Frucht, ein richtiger Terroir-Wein – perfekt zu einem würzigen mit gutem Essig angemischten Salat.
Grossartiger Beitrag! Macht mich auf weitere Weine mehr als neugierig!