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Weine, die keiner braucht…

Die meisten Weinliebhaber der schreibenden Fraktion tun dies am liebsten über Weine, die ihnen einen bemerkenswerten oder zumindest berichtenswerten Genuss bereiteten. Miserable oder einfach banale Weine finden deutlich seltener ihren Weg in die Gazetten und Blogs.

Heute befasse ich mich mit drei solchen Exemplaren, die mich aus diversen Gründen verwunderten. Alle drei waren zwar trinkbar, (ein anderes Flascherl fand die Tage nach einem halben Glas den Weg in den Ausguss, und ich bin alles andere als ein Weinsnob, leider habe ich es aber so umfänglich verdrängt, dass ich darüber auch nichts mehr berichten kann..).

Ein Schwergewicht aus Brinisi im Stifelabsatz Italiens, Apulien.

„Der Brindisi Riserva ist von rubinroter Farbe mit violetten Reflexen.“ So der Beschreibungstext beim Discounter Norma, wo dieser Italiener für 4,99.- in der Aktionstheke zu finden war. Und ja, die Farbe ist korrekt beschrieben. Etwas vordergründig holzig, etwas überladene Fruchtigkeit, die beschriebenen Fruchtaromen tendieren zur Konfitüre, aber mit einiger Luft im Verlauf der Verkostung durchaus trinkbar. Allein – kein Wein, der mir aufgrund seines vielschichtigen Aromenspiels im Gedächtnis bleiben wird. Nein, die Flasche selbst ist das Bemerkenswerte daran, nicht „das darin“, um was es ja eigentlich gehen sollte.
Stolze 1143g bringt die leere (!) Flasche auf die Wage, da wird das zielsichere Einschenken zur späten Stund und in sofa-surfender Position befindlich schon zur echten Herausforderung. Das ist deutlich mehr als doppelt soviel, wie eine durchschnittliche 0,75er-Weinflasche wiegt. Deutlich zuviel. Suggeriert Gewicht in den Augen mancher eine besondere Flasche, so halte ich dies – mit Verlaub – für Dicke-Eier-Geprotze. Wäre der Inhalt jetzt ein Brunello oder sonstiger besonders hochwertiger Wein, dann würde man eine besondere Flaschenausstattung sicher eher akzeptieren oder als besondere Wertigkeit interpretieren, sofern man auf solche Äußerlichkeiten wert legt.
Allein – hier stimmt auch der Inhalt nicht, denn als besonders hochwertig möchte man ihn wahrlich nicht beschreiben.

Heavy Heavy Monster Show
Man kann sich unschwer ausmalen (oder vielleicht sogar präzise ausrechnen, Freiwillige vor!), wieviel zusätzlicher Treibstoff für den Transport von ein paar Paletten dieses Weins über 1500 km von Süditalien nach Nürnberg zum Norma-Zentrum benötigt wird, von der weiteren Verteilung über die Filialen in der Republik ganz zu schweigen. Das ca. 2.5 fache einer normalen Weinflasche an Leergewicht bedeutet aber nicht nur mehr LKW-Diesel und damit auch mehr CO2-Ausstoß, sondern auch erheblich mehr Abfall, Abnutzung des Straßenbelags und natürlich auch mehr Energie bei der Flaschenherstellung und zu ihrer (hoffentlichen) Entsorgung im Altglasrecycling… Von Dicken Botteln hatten wir es ja hier schon einmal… daher genug davon jetzt. Baccantus an Norma: Bitte aufhören damit und leichtere Flaschen ordern und lieber mehr für den Inhalt zahlen!

Crozes Hermitage

Aus einem Einkaufscenter im grenznahen Frankreich stammt dieses Gewächs. Und ja, auch einen Hermitage kann man trinken, wenn er aus dem Supermarkt kommt. Dieser hier stammt aus dem Cave de Tain; zum Vergleich das Flaschengewicht mit  473g im Normbereich. Hermitage ist die wohl berühmteste Appellation der nördlichen Rhône und vielleicht auch weit darüber hinaus, gelegen zwischen Valence und Lyon im Département Drôme. Hermitage gilt als zumeist wesentlich hochwertiger als Crozes Hermitage, doch die Weine des Cave de Tain gehören zu den angeseheneren und hochgelobten aus dem Gebiet.
Während der Hermitage dieses Produzenten wirklich zu gefallen weiß, vermag der Crozes nicht zu überzeugen. Freilich kann man ihn trinken, ohne dass einem der Kopf von den Schultern rollt, aber das durfte man bei dem Preis auch erwarten. Ob sich der Guide Hachette nun zum großen Lob hinreissen lässt, ist eine Sache, ich bemerke nach der halben Flasche gepflegte Langeweile im Glas für um die 10€. wer faselte da was von ausgewogener Tanninstruktur? Bullshit, das geht deutlich besser, auch an der Rhône. Etwas südlicher sowieso. Und wenn nicht dort, dann eben im gelobten Languedoc

Château de Paraza 2010, AOC Minervois

Mit 6,50 € bei Backhaus.weindepot.de oder Weinmuse.de (oder in der Norma-Aktion für 4,99€) auch keine Bückware aus dem Languedoc – für diesen Preis kann man schon etwas erwarten. Mit einer bronzenen Medaille aus Macon 2011 ausgezeichnet, so what, auch dieser Wein ist nicht schlecht. Nur leider auch nicht wirklich gut.

Zumal sich im Minervois wie anderswo im Languedoc etliche bessere Exemplare zum gleichen Preis finden lassen…  (wer Beispiele braucht, fragt mich einfach!, fahre Morgen und im Mai wieder runter…)

Sicher, man kann ihn noch ein wenig liegen lassen, dann wird er noch etwas runder, blabla. Es wird nicht besser, nur weichgespülter. DASKANNDOCHNICHTSOSCHWERSEIN!

Mir reicht es jedenfalls für heute, ich hol mir jetzt ein schönes Glas 12jährigen Glenfarclas Single Highland Malt Whisky, vielleicht ist der Samstag so noch zu retten…

Slàinte!