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Der Wein-Kabarettist Ingo Konrads über sein Wein-Comedy Buch

Ingo Konrads über sein Wein-Comedy Buch

Bierernst muss man das Thema Wein nicht nehmen, Ingo Konrads tut dies mit Sicherheit nicht. Er ist mit Leib und Seele Weinkabarettist. Und falls man doch mal zum Lachen in den Keller geht, dann doch am besten gleich in den Weinkeller. Seit nunmehr sechs Jahren steht er mit Weinwitz, Wahnwitz und Wortwitz auf hohen Bühnen und in tiefen Kellern. Derzeit begeistert er sein Publikum mit seinem neuen Soloprogramm über Wein und Liebe.
Ingo Konrads lebt mit Frau, Sohn und Weinkeller im Rheintal in Oberwinter bei Bonn.

Hier erzählt er über sein neues Buch, in dem er auf 180 Seiten in gedruckter Form das Beste aus seinem humoristischen Schaffen präsentiert. Im Anschluss kommt dann noch ein kleiner Appetithappen aus dem Werk:
«Störenfriede bei der Weinprobe».

Die bekannte Wein-Journalistin und Master of Wine (MW) Caro Maurer aus Bonn hat das Vorwort für das Buch verfasst und schreibt:

„Dieses Buch erzählt viele kleine Geschichten, die sich letztlich zu einer großen fügen.
Man muss es entdecken, wie einen guten Wein. Schluck für Schluck.
Und am Ende steht da wie dort: Vergnügen.“

Weinkabarettist Ingo Konrads by Heupel

Ingo – was ist Wein-Comedy genau?
Wein-Comedy ist niveauvolle, geistreicher Unterhaltung rund um das Themenfeld Wein. Meine Texte sind vor allem komisch, aber auch literarisch und gelegentlich mit einer Spur Nostalgie versehen.

Wie bist Du Wein-Kabarettist geworden?
Tatsächlich spürte ich schon immer den Drang, mich in Gesellschaft humorvoll zu entfalten. Ich habe häufig in privaten Zusammenhängen die Bühne gesucht, aber erst mit Mitte 40 aus meiner Berufung einen Beruf gemacht. Dabei war Wein schon lange eine große Leidenschaft von mir. Was lag da näher, als beides zu verknüpfen?

Eignet sich denn die erhabene Weinkultur überhaupt zu humorvollen Kabarett-Nummern?
Und ob. Die Weinkultur birgt ein hohes Potenzial für Witz und Komik. Denk doch nur einmal an die seltsamen Rituale einer Weinprobe, die oft befremdlichen Fachbegriffe oder kuriose Ereignisse bei verschiedenen Trinkanlässen. Alles ein im Grunde komisches Theater. Ich muss mir gar nicht soviel ausdenken, die meisten Nummern entstehen durch Beobachtung.

Wie kam es jetzt zu diesem Buch?
Immer wieder bin ich von meinem Publikum gefragt worden, wo man meine Texte nachlesen kann. Das hat mich dazu bewogen, das Beste aus meinem humoristischen Schaffen in Buchform herauszubringen. Im letzten Sommer habe ich dann meine vier Bühnenprogramme zusammengeschrieben und auch noch unveröffentlichte Texte als Bonusmaterial beigefügt.

Worüber handeln die Geschichten im Buch?
Etwa über den Rausch, die Weinprobe, eine Vinotherapie, Künstler und Wein, über den Blaue Bock, Weinhoroskope und, und, und. Natürlich gibt es auch Gedichte über Wein und eine gute Portion Weinwissen.

Gibt es so etwas wie eine Quintessenz in Deinem Buch?
Ich versuche einfach, den normalen Menschen ihre Angst vor dem Wein mit Hilfe des Humors zu nehmen und zu sagen: Leute, bleibt entspannt. Die ganze große und ach so komplizierte Weinwelt kann man auf einen Dreiwortsatz runterbrechen:
„Wein muss schmecken.“
Punkt aus.

Ingo Konrads: „Das Wein-Comedy Buch“. Mit einem Vorwort von Caro Maurer.
180 Seiten, als Hardcover 18,99 € im Buchhandel erhältlich und als E-Book: 5,99 €.
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN 978-3-7439-7211-7 (Hardcover)
978-3-7439-7212-4 (e-Book)
Mehr Infos:
www.wein-comedy.de 

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«Der Elbling wurde wie Rauchbier
in die Liste der für Menschen
ungenießbaren Substanzen aufgenommen.»

Und hier noch ein kleiner Vorgeschmack:

«Störenfriede bei der Weinprobe»

Wer kennt sie nicht, die Zeitgenossen, die es mühelos schaffen, alleine durch ihre Anwesenheit die heiligen Handlungen einer Weinprobe empfindlich zu stören?

Eine Weinprobe hat im Prinzip viel mit einem Gottesdienst gemein. Stumm ergriffen betritt man die heiligen Hallen eines Weinkellers oder eines Probierraums. Kerzen flackern, die Gemeinde wird ruhig.

Schließlich erscheint würdevoll der Hohepriester oder die Hohepriesterin des Weins, also der Winzer oder die Winzerin, und jetzt beginnt eine nicht enden wollende Litanei der Rebsorten, Weinbergslagen und Lieblingsweine. Kurz bevor wir einzuschlafen drohen, kommt dann endlich der erste Wein in den Kelch, besser: ins Glas.

Sogleich werden wir Zeuge eines immer gleichen Rituals: Die Gemeinde setzt das Weinglas in eine langsame Rotationsbewegung mit der Achse zum Erdmittelpunkt. Dies hat stumm und in aller Ernsthaftigkeit zu erfolgen.

Dann kommt die olfaktorische Komponente ins Spiel. Wie Weihrauch steigen unbekannte Düfte empor. Die Nase erschnüffelt Gras, weißen Flieder oder sogar ein Bukett aus Litschi, Ingwer und Mortadella.

Auf der Zunge spielen sich kurze Zeit später ganze Evangelien ab. Eine vielschichtige Würdigung der Schöpfung.

Genau so muss ein Weingottesdienst ablaufen! So und nicht anders! Wenn unter den Gläubigen nicht immer auch Ungläubige wären, Ketzer, regelrechte Frevler, die die Erhabenheit des Augenblicks nicht angemessen zu würdigen wissen. Ich sage voraus: Solche Typen sind bei jeder Weinprobe dabei.

Da ist zum Beispiel der extrovertierte, dabei aber völlig untalentierte Dummschwätzer. Er kommt gerne im Gefolge eines Betriebsausflugs (heute heißt das Teambildungsmaßnahme).
Manche Kollegen sind sich bekanntlich erst grün, wenn sie zusammen blau sind. Der Dummschwätzer lacht am liebsten über seine eigenen Gags. Er trägt Motivsocken und bunte Comic-Krawatten mit Mickey-Mouse-Motiven, außerdem eine Herrenhandtasche und einen Schlüsselbund, den er mit einem großen Karabinerhaken am Gürtel befestigt hat. Unablässig verwendet er Satzbausteine aus der verstaubten Kiste der 80er-Jahre-Rhetorik, Floskeln, die wir damals schon nicht wirklich komisch fanden wie „Tschö mit ö“ oder „zum Bleistift“. Spätestens in dem Moment, in dem jemand einen Weißwein schlabbert, erkennen Sie den Dummschwätzer, denn dann folgt unweigerlich die Sentenz:
„Weißwein macht keine Rotweinflecken.“ Ich kann das einfach nicht mehr ertragen!

Das zweite Beispiel unter den Sündern ist die symbiotische Ehefrau, die in 42 Ehejahren eins geworden ist mit ihrem Gatten. Sie liest in ihrem Reihenhaus in der Vorstadt die Landlust und trägt exakt die gleichen goldfarbenen Nordic-Walking Stöcke und exakt die gleiche Funktionsjacke von The NorthFace wie ihr Ehemann. Beide stöckeln mit dieser Nordpolarausstattung morgens zum Brötchenholen und klackern dabei stets die ganze Straße wach.

Wenn Sie bei der Weinprobe die folgende Frage hören, wissen Sie sofort, dass es sich nur um die symbiotische Ehefrau handeln kann:
„Günther, schmeckt uns der Wein?“

Der nächste Ketzer im Weingottesdienst ist wieder männlich, ein Angeber, häufig Arzt, und er kennt sich bestens aus mit Wein. Er hat sich aus Eitelkeit von einem Kollegen aus seinem Schulterbereich Eigenhaar auf den schütteren Schädel transplantieren lassen. Seine junge Begleiterin stellt er als seine Nichte vor. Der Angeber ist natürlich weit gereist und von dem Willen beseelt, seine Umgebung an seinem opulenten Weinwissen teilhaben zu lassen. Deshalb lautet der typische Satz dieses Zeitgenossen bei der Weinprobe (ich habe ihn wirklich genau so gehört): „Dieser Wein befindet sich außerhalb meines Genusskorridors!“

Kommen wir zum letzten Weinfrevler des Gottesdienstes, diesmal wieder eine Frau. Sie ist Genderbeauftragte in einem Dax-Unternehmen. Feministische Hornbrille. Moderne Kurzhaarfrisur. Die Kleidung in wildgemusterter lila-schwarz-weißer Leopardenfelloptik. Vorübergehend Veganerin. Erkundigt sich gerne, ob die Rebläuse im Weinberg denn auch mit der Hand eingesammelt und woanders wieder ausgewildert werden. Fordert vehement Gendergerechtigkeit auch in der Weinwelt ein. Also, die Lage „Herrenberg“ geht gar nicht. Umso erstaunlicher ist der Satz, den diese Dame im weiteren Verlauf des Abends von sich gibt:
„Noch so ein Riesling und ich verrate Euch meine Zimmernummer!“

(Bilder: Verlag/Heupel; Text: Ingo Konrads)