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ProWein 2011 – eine Art Fazit


Die ProWein 2011 in Düsseldorf ist passé, man vermeldet neue Bestmarken bei Ausstellern und Besuchern: mehr als 3.600 Aussteller aus rund 50 Ländern präsentierten ihre Weine einem Fachpublikum von ca. 38 000 Fachbesuchern, was im Vergleich zum Vorjahr einem  Anstieg von ca. 5% entspricht. Zufriedene Gesichter und positive Rückmeldungen auch bei den eher exotischen Ausstellern wie Brasilien und Indien sowie so manchem Alteingesessenen.

Ein bekannter deutscher Winzer meinte zu mir schon nach dem ersten Tag, er habe alle wichtigen Geschäfte bereits getätigt, einen großen Kunden aus den USA und einen weiteren aus China hinzugewonnen und könne sich nunmehr repräsentativen Aufgaben sowie dem lockeren Treffen mit Kollegen widmen.

Fragt man bei Händlern, Winzern und sonstigen Aussteller nach scheint das Feedback durchweg positiv, wenngleich an manchen Ständen gerade auch einer bekannten großen Genossenschaft fast durchweg gähnende Leere herrschte…
Ganz anders etwa am Gemeinschaftsstand von Wines of Portugal, die sich meines Erachtens wirklich positiv präsentierten und an dem ein stetiges Gewusel herrschte. Für manchen Aussteller ist die ProWein mittlerweile wichtiger als die Vinexpo geworden, wobei die Qualität der Kontakte und nicht ihre Anzahl entscheidend ist. Neben der Neu-Akquisition von Kunden und konkreten Verkaufsabschlüssen ist der Kontakt zu den bestehenden eine der Hauptziele der Aussteller. Man zeigt Präsenz, was gerade auch für aufstrebende Märkte entscheidend ist, denn auch das Konsumverhalten verändert sich.

Steigender Weinkonsum in Osteuropa und China bei sinkender Binnennachfrage – ein Thema, mit dem sich insbesondere die europäischen Aussteller befassen müssen.
Die starke Heterogenität der Märkte auch in Europa ist ein weiteres Thema, sind doch die Regale im LEH in England gänzlich anders bestückt als in Deutschland. So lassen sich manche Weine beispielsweise in Deutschland nur sehr schwer verkaufen oder eben nur einem fachkundigen Publikum, nicht aber in der Breite und Masse, obwohl diese entsprechend vorhanden wäre. So leidet der Beaujolais Cru wie auch die höherwertigen Gewächse der nördlichen Rhône in Deutschland unter einem Imageproblem – sie gelten als Billigware unabhängig davon, dass gerade unter den Crus aus dem Beaujolais (nicht zu verwechseln mit dem allherbstlich beworbenen Primeur!) teilweise unglaublich feinstrukturierte Gammays zu finden sind.
Beaujolais für 11,50 €? Läuft bei uns nicht! Keine Chance!

So die Antwort eines renomierten deutschen Großhändlers…

Auch in geschmacklicher Hinsicht unterscheiden sich die Vorlieben in den verschiedenen Ländern. So scheinen sich die oben genannten Weine interessanterweise gerade in China eine immer mehr wachsenden Beliebtheit zu erfreuen, so Jean Brac de la Perriére von Chateau de Grandmont aus Blacé.

Erfreulich war es zu sehen und zu hören, dass auch in Sachen Nachhaltigkeit und Biowein die ProWein eine verstärkte entsprechende Präsenz und Nachfrage vermeldet und die entsprechenden Erzeuger nicht in eine Nische gedrängt werden.

Ein echtes Highlight war wieder einmal Österreich: schon im absoluten Einsteigerbereich scheinen die dortigen Erzeugers einfach zu wissen „wo der Barthel den Most holt“… neben den üblichen Langweilern, die sich in jedem Weinland und durchaus nicht nur bei den Einstiegsweinen finden lassen, kann Österreich als Weinland auch hierzulande in so mancher Hinsicht als Vorbild dienen. Bezeichnungen, Klassifizierungen, einheitliches Auftreten mit staatlicher Prüfnummer am Etikett und rot-weiß-roter Banderole schaffen lange nach denen Weinskandalen der Achtzigerjahre nicht nur Vertrauen, man erkennt die Weine auch sofort im Regal… die Interessenvertretungen in Österreich haben es auch geschafft, die wirklich großen Winzer wie Willi Bründlmayer als Leuchttürme bzw. Marketing-Zugpferde vor den Karren zu spannen, und zwar im positiven Sinne. Während man hierzulande oftmals immer noch von den Genossenschaften aus denkt, (man schaue sich mal den gigantomanischen Stand von der WZG an…) versucht man dort gerade im Ausland den Qualitätsanspruch österreichischer Weine zu vermitteln… Aber genug davon, das wäre ein ausführliches Thema für sich!

Ebenfalls positiv ist mir der Gemeinschaftsstand der Südtiroler Exportorganisation EOS aufgefallen, an dem die Handelskammer Bozen die besten Weine der Region vorstellte. Neben dem allseits bekannten Gewürztraminer zeigten hier neben vielen anderen bspw. die Cantina Tramin eine Kollektion, die durch die Bank weg überzeugte. Neben dem großen  DOC Lagrein Cru Urban und dem renommierten, vom ‚Ora‘ belüfteten Gewürztraminer „Nussbaumer“ DOC punkten hier auch schon der „Kleine Bruder“,  für mich einer der besten Lagreins unter 10 €.

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[kleines Interview mit Hendrik Thoma von TVino]

Überhaupt sollte man allen Winzern ins Stammbuch schreiben:
„Du sollst das Basis-Segment nicht vernachlässigen!“ Teuer kann zwar auch nicht jeder richtig gut, aber einen Einstiegswein völlig zu verhunzen, das schaffen auch so manche Winzer, die an sich einen hohen Anspruch bei ihren Premium-Produkten an den Tag legen…

Bemerkenswert in positiver Hinsicht war auch der Auftritt der Türkei, ein Land, in dem zwar viele Reben stehen, aus welchen aber zumeist Tafeltrauben und Rosinen gewonnen werden, in der sich aber auch im Bereich des Qualitätsweinbaus einiges getan hat in den letzten Jahren. Ich hatte zugegebenermaßen auf der Messe meine ersten Kontakte mit Weinen aus der Türkei und viele Rebsorten kannte ich nicht einmal dem Namen nach. Trotzdem ein Land, das man im Auge behalten muss und dass sich vor seinen Nachbarländern mit Sicherheit nicht verstecken muss.

Auch Ungarn kann im Bereich des Qualitätsweinbaus überzeugen. Nach Ende der Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild werden alte eigene Traditionen wieder betont und man orientiert sich an den erfolgreichen Nachbarn Österreich und Slowenien. Neben dem bekannten Tokajer und der berühmt-berüchtigten schwarzen Mädchentraube (Feteasca neagra) wird zunehmend auf Qualitätsrebsorten wie Cabernet Sauvignon und Pinot Noir, aber auch auf Blauen Portugieser, Blaufränkisch (Kékfrankos ) und Cabernet Franc gesetzt, letztere teils mit Weltklasseformat.
Auch hier mag man aber vermuten, dass es schwer sein wird, hochpreisige Qualitätsweine in entsprechender Zahl über die Alpen zu verkaufen.

Aus Sicht des deutschen Weinbloggers erfreulich war das Bloggertreffen beim Deutschen Weininstitut. In einer großen Runde mit DWI-Chefin Monika Reule zeigte sich diese zum einen bemerkenswert offen für Kritik als auch für Anregungen seitens der Blogger. Die Anerkennung der Weinblogger Szene mag manchem vielleicht befremdlich erscheinen, birgt doch eine gewisse Nähe zu entsprechende Institutionen auch die Gefahr von Abhängigkeiten oder einem „embedded Journalism“. Aber allein die Tatsache, dass man miteinander redet und von Seiten des DWI auch umgehend die Möglichkeit geschaffen wurde, dass sich die Blogger akkreditieren und so wie Printjournalisten Informationen und Bildmaterial nutzen können, ist durchaus positiv zu betrachten. Hierfür gebührt dem DWI ein anerkennendes Dankeschön! (Guter Kaffee übrigens!:)

Stand-technisch ein echtes Highlight war natürlich auch der Messeauftritt der WinePunx von der Weinhandlung Fertsch, wo es neben Punkrock, Würstchen und Bier auch Wein gab, man glaubt es kaum… sicher Konzept, das aufgegangen ist und das zeigt, wie direkte Kommunikation auf einer Messe eben auch funktionieren kann.

Sicher ist jedenfalls eines: mögen die Besucherzahlen noch so gut sein, der Markt wird härter und das auch hierzulande. Das mag manch einer nicht wahrhaben wollen oder kann es noch gut verdrängen oder kompensieren doch schon jetzt drängen immer neue Weinbaunationen auf den Markt. Ehemalige Sowjetrepubliken und osteuropäische – historisch gesehen traditionelle – Anbauländer erzeugen eben nicht mehr nur einfache und einfachste Weine, die hierzulande eben auch die Massenerzeuger unter Druck setzen werden, sondern bewegen sich auch in qualitativer Hinsicht immer weiter nach vorne. In der Geiz-ist-geil-Republik Deutschland werden sich so manche in den nächsten Jahren umschauen, wer ihnen da so die Plätze in den Regalen streitig machen wird…

Ach ja, und der Günter Jauch war auch da… aber das muss ich ja nicht auch noch kommentieren.

Hier noch ein Bericht des DWI zur ProWein 2011.

In loser Folge werden wir hier in den nächsten Tagen von einzelnen Weingütern Regionen und anderem von der ProWein berichten – stay tuned!

Das Shirt für die nächste Weinmesse!