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Montagne de la Séranne und Buèges – Landschaften, Leute, Weine

Gastartikel von Barbara Alban zur WeinRallye #97 » Vins du Sud «VinsDuSud-Weinrallye#97

[BA] Wenn man von Montpellier aus nach Norden schaut, dann schiebt sich die Karstlandschaft der Montagne de la Séranne wie ein Riegel vor die Cevennen. Davor verläuft in einem weiten, sanften Tal die Buèges, ein kleines Flüsschen, Nebenfluss des Hérault (hoffentlich hab ich die accents richtigrum verteilt!).
Saint-Jean-de-Buèges (zum Geier mit diesen accents) ist ein Dorf – hm, wie vermeide ich jetzt die Begriffe „typisch französisch“ und „idyllisch“? – am Fuße einer kleinen Burgruine.

Zu Gast bei der wunderbaren Conny von „L ‚Aire de la Séranne

Eine bezaubernde liebenswerte Dame, vor ewigen Zeiten nach Südfrankreich ausgewandert, betreibt in Saint-Jean-de-Buèges ein einfaches Gästehaus, ein „Gite“ (da gehört jetzt ein „Dach“-Accent hin befürchte ich)*. Aber eben nicht nur Urlaub zum Füße hochlegen, sondern mit Bildungsanspruch! Abends auf der Dachterrasse Urlaub mit langem Essen, Sitzen, Reden, und das gehört in Frankreich auch dazu – Weintrinken.
Aber Tags über wirklich Bildungsprogramm: Die Geschichte des Tals, wo sich Protestanten und Katholiken abwechselnd die Köppe eingeschlagen und dann wieder friedlich koexistiert haben. Die Landwirtschaft: Holz zuerst, dann Schafe, Seidenraupenzucht und Seidenspinnerei, von der heute noch allein gelassene Maulbeerbaumhaine in den Feldern künden, und heute halt Oliven und Weinbau.
Aktuelle ökologische Probleme betreffen hauptsächlich das Thema Wasserwirtschaft mit immer heißeren und vor allem sehr trockenen Sommern.
In den Monaten Juli und August wird das knapp 1000 Einwohner zählende Tal von ca. 3000 Touristen überrannt, ein wichtiger und willkommener Wirtschaftsfaktor, der aber auch ganz alltägliche Probleme mit sich bringt: Wie dimensioniert man eine Kläranlage? Richtet man diese auf 4000 Personen aus, (Kostenfrage!) ist sie 10 Monate völlig überdimensioniert, baue ich für die üblichen 1000 Einwohner, versagt sie im Sommer unter völliger Überlastung.
Nicht nur Vorträge, sondern Selbermachen wie bzw. Untersuchungen der Wasserqualität des Flüsschens und wie sie sich im Verlauf ändert; Wanderungen (die mich über meine Kraft- und Konditionsgrenzen brachten) um die Landschaft eben auch ganz konkret “in sich aufzunehmen“.

Im Wald breite, komplett frei geschlagene Schneisen mit blankem Boden, alle Kilometer hässliche große Stahltanks, in unseren Augen Frevel an der Natur, dort bitter nötige Waldbrand-Prävention: Pinien, Kiefern, aromatische Kräuter wie Thymian oder Oregano – was für uns so herrlich duftet, sind ätherische Öle, die im Brandfall explodieren wie Benzin. Wenn der Nadel/Kiefernwald erstmal brennt, ist alles verloren, bis die an der Küste stationierten Löschflugzeuge da sind, ist es zu spät! Die einzige Chance liegt darin, den Beginn sofort zu bemerken und zu löschen, bevor er sich ausbreitet. Deshalb breite Schneisen, mit (Feuerwehr)LKW schnell zu befahren, Tanks mit Wasservorräten vor Ort. terroiristes-internationaux_design

Diskussion mit dem Bürgermeister über seine Bemühungen, einen Weiler wieder zu beleben: schwierig mit einer Wasserversorgung ausschließlich aus Zisternen; wir brauchen Landwirtschaft um die Flächen frei zu halten, aber welche Landwirtschaft ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch in der Lage, Menschen so sicher zu ernähren, dass sie die Dörfer nicht verlassen müssen? Wenn er die Lösung hätte, säße er für die Grünen im Europa-Parlament und nicht als ehrenamtlicher Bürgermeister im Dorf…

Eine Wanderung in das Naturschutzgebiet „Ranquas“

Connys Mann Christian hat das Gelände mit Laubwald aufgeforstet, als Brandschutz. Im Gegensatz zum allgegenwärtigen Kiefernforst brennt Laubwald nicht oder weniger gut und schafft sich sein eigenes kühl-feuchtes (relativ zur Umgebung) Kleinklima, ein Versuch die Entwicklung „umzukehren“ oder besser gesagt: wieder auf den ursprünglichen Zustand vor der flächendeckenden Abholzung zu bringen. Ein Jahrzehnte-Projekt auf den trockenen Karstböden. Christian bewirtschaftet die Fläche sanft unter Naturschutzgesichtspunkten, schützt Orchideen und andere seltene Pflanzen, aber sein ganzer Stolz ist ein dauerhaft dort sesshaftes Adlerpaar: „Queen“ und ihr Terzel, die regelmäßig brüten und auch schon Jungvögel aufgezogen haben! Für sie opfert Christian sogar Nachzucht seiner Schafherde „ob ich die für mich schlachte oder für die Adler…“

Vignobles Coulet, Terrasses du Larzac

Am letzten Tag dann Besuch beim Ökowinzer des Dorfes: Benjamin Coulet, er arbeitet mit seinem Cousin Valentin Goeminne zusammen, sie haben den Familienbetrieb 2011 übernommen und auf Ökoweinbau umgestellt. Die Vignobles Coulet gehören zur AOC Terrasses du Larzac. Der namengebende „Tour Baulx“ auf dem Etikett der Domaine ist die Burgruine von St. Jean, die Website ist natürlich komplett auf Französisch. Ich verstehe also nix, aber der kundige Leser findet eine Menge Information dort. Bissi schwierige Kommunikation: ich kann kein Französisch, der Winzer kein Deutsch… Mit Händ-und-Füß, mehrfaches Hin und Her-Fragen plus jeweils Übersetzung dauerte die Unterhaltung dann doppelt so lang, was den andern Teilnehmern der Gruppe dann irgendwann zu langweilig wurde. So habe ich nicht so viel fragen können wie ich gerne getan hätte und ehrlich gesagt auch nicht so viel verstanden, wie ich gerne hätte…
Interessant fand ich, dass Benjamin die Öko-Wirtschaftsweise als logische Fortsetzung sieht: sein Großvater hatte noch auf Masse gesetzt, sein Vater die Erträge stark reduziert auf Qualität und nun sei eben „Öko“ die logische Weiterentwicklung – völlig ideologiefrei.
Besichtigung eines Wingerts, zuerst fiel die massive Umzäunung mit Metallgittern im Bauzaun-Stil auf –
„Des Sangliers“ seufzt der Winzer – diese Winzer-Hassvokabel versteh ich sogar auf französisch – wenn ich da an die mickrigen Elektrozaun-Versuche unsrer Winzer denke… aber hier wäre ein so massiver Zaun wahrscheinlich wegen „Eingriff in die Landschaft“ verboten?

Die Weinstöcke schauten aus der Erde wie alte kommunistische Plakate: nur Unterarm mit geballter Faust, trotz Drahtrahmen keine „Bogrebe“, es fiel der Begriff Gobelet-Erziehung – ja, das Wort habe ich schon mal gehört. Die Rebstöcke zeigten erste Blätter, wie lustige grüne Strubbelfrisuren, wenn dann die Triebe erscheinen, sollen sie den Stock beschatten. Das große Problem ist die Verdunstung im Sommer: Eine ausladende Laubwand ließe den Stock verdursten, die Nachlieferung von Wasser aus dem Boden käme nicht nach – wenn ich das so richtig verstanden habe …

Südfrankreich 37 Wein

Dann zur Weinprobe in seinen Verkaufsraum, eine Kellerbesichtigung gab es leider nicht – wahrscheinlich zu speziell? Für die anderen Teilnehmer zu langweilig? Schade, aber Gärungsprozesse und Kellertechnik mit Händ und Füß erklären, wäre wohl eines Pantomimen würdig…

Jetzt nach langer (vor)Geschichte dann endlich zum Wein:
Benjamin produzierte damals je einen Roten, Weißen und Rosé, (inzwischen gibt’s noch ein bisschen mehr, siehe seine Homepage). Die roten Hauptsorten sind Grenache, Syrah und Cinsault und Carignan, bei den weißen Viognier, Vermentino und Grenache blanc.
Der Weiße war mir persönlich auch bissi zu schwer – das liegt aber allgemein am dortigen Klima find ich, das geht mir meistens so.
Der Rote und der Rosé waren wunderbare echte Südfranzosen: opulent, aber klar, warm, sonnig, ohne „fett“ zu sein ….Weinbeschreibungen sind nicht so meins, halt wie der reine „Urlaub im Glas“ – ein Wein der auch hier noch schmeckt und Erinnerungen weckt!

Ich muss mal wieder dorthin, merk ich gerade…

* genau, » gîte « mit accent circonflexe, das Dächle. (der Editor 🙂

Hier noch ein paar ergänzende Informationen über die Vignobles Coulet 
Rue Du Chateau. Le Grimpadou, 34380 Saint-Jean De Buèges
von deren Webseite…

Im Tal der Buèges mit den Weinbergen an den Steilhängen der Séranne auf 250 bis 350 Meter Höhe gehört zu den besten Böden in Larzac (schwerpunktmäßig Kalkstein) in mäßig geschützter Südost-Ausrichtung.

  • Klassifikation AOC TERRACES LARZAC.
  • Erntemenge 20 bis 40 hl / ha
  • En conversion / Umstellung auf Bio
  • Durchschnittsalter der Rebstöcke: 20 bis 35 Jahre
  • Ausrichtung: Süd-Osten.
  • Hohe thermische Amplitude: Tag / Nacht.
  • Rebsorten Rot: Grenache, Syrah, Cinsault, Carignan
  •  Rosé Rebsorten: Cinsault, Grenache, Syrah
  •  Rebsorten Weiß: Vermentino, Grenache Blanc, Viognier