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Discount-Schoppen in der Aktion

In Supermärkten und Discountern gibt es Weine, die regulär im Angebot sind und entsprechend dauernd verfügbar sind. Das mag man gut oder schlecht finden, Fakt ist, dass der größte Teil des deutschen Weinmarktes sich in diesem Segment bewegt. Beim ersten deutschen VinoCamp in Geisenheim haben Michael Pleitgen von der Weinakademie Berlin in seiner Session zum Weinhandel sowie Cordula Eich, die sich mit ihrem SuperSchoppen-Schopper-Weinführer mit diesem Marktsegment befasst, der eine betriebswirtschaftlich und mit Blick auf das Marketing, die andere trinkend bzw. Weine bewertend.

Ein nicht uninteressanter Anteil  in diesen Märkten sind aber auch die diejenigen Weine, die gerade nicht dauernd im Angebot sind, sondern als Spezialitäten oder Sonderposten nur kurze Zeit geführt werden, manchmal auch nur für ein paar Tage, wie dies gerade bei den Discountern als Aktionsware sehr erfolgreich auch mit anderen Artikeln erfolgt und beworben wird.

Aktionsware beim Discounter

Ich hatte hier bei Baccantus neulich schon einmal über Parker Punkte beim Discounter geschrieben, und sicher kann man hin und wieder auch durchaus Schnäppchen machen, zum Beispiel wenn ältere Jahrgänge eines bekannten spanischen Weingutes ab verkauft werden weil der Folge-Jahrgang in den Markt drängt und beim Erzeuger oder Zwischenhändler Lagerflächen benötigt werden, die neben den Transportkosten einen erheblichen und oftmals unterschätzten Anteil am Preisgefüge haben. (Totes Kapital – auch beim Fachhändler ein Thema, über das sich Viele zu wenig Gedanken machen…)

Viele dieser Weine sind jedoch alles andere als Schnäppchen, sondern eher Ladenhüter oder überlagerte Bestände, die schnell getrunken werden sollten und oftmals auch die sensationellen „5,99€ für 90 PP“ nicht wert sind.

Man kann ja nicht immer nur über außergewöhnliche Weine schreiben ohne sich dem Verdacht des Snobismus auszusetzen – also heute mal ganz volksnah vom Discounter-Wühltisch und auch ohne Parkerpunkte oder sonstige Auszeichnung… Diese Woche ein Spanier und ein Sarde im Angebot bei Aldi Süd.

Um es kurz zu machen: Beide Weine waren durchaus trinkbar und sind alltagstaugliche Begleiter für kräftiges Essen oder auch solo. Allerdings sollte man sie meines Erachtens leicht gekühlt trinken, damit sie nicht zu wuchtig daherkommen. Ob man sich eine Woche später noch an Inhalte erinnern mag oder nur an die schick designten Etiketten? Meiner Meinung nach kann man für diesen Preis durchaus schon einiges erwarten, ob nun bei inländischen Erzeugern oder auch sonst. Schaut man sich aber spanische Weine an den Schnitt bei vergleichbarer Qualität deutlich günstiger als Franzosen, Italiener oder deutsche Weine daherkommen, so sind 5,99 € eindeutig zu viel.

CUATRO PASOS 2009 Bierzo DO, 5,99 €. Rebsorte Mencia, Spanien

Etwas sehr opulent mit überbordenden würzigen Noten und Fruchtaromen kommt dieser Autonome aus Nordwestspanien daher, mit einer markanten Säure, die so gesehen einen wichtigen Gegenpol zur opulenten Aromatik bildet. Die vier Schritte aka cuatro pasos sind vielleicht einen Schritt zu viel, gerade was die beschriebene „feine Holzwürze“ betrifft.
Eine spanische Krankheit, das oftmals in Bezug auf Holzausbau zu viel des Guten getan wird oder mit zu stark getoasteten Fässern oder amerikanischer Eiche gearbeitet wird. (einige Exemplare ua. aus la Rioja strotzen ja leider immer noch derart von Holz, dass man das Gefühl hat, auf Sägespänen zu kauen…)
Von massiver Übertreibung möchte ich in diesem Falle allerdings nicht sprechen, es passt schon noch alles einigermaßen harmonisch zusammen, ohne dass der ein oder andere Ton als harte Spitze herausragt. Ecken und Kanten sind allerdings auch keine vorhanden, so dass ein zwar trinkiges, aber auch recht belangloses Weinerlebnis als Eindruck verbleibt –  aus der autochthonen Rebsorte Mencia, die aus  der Region um Villafranca del Bierzo, Kastilien-Leon, (nördlich bzw. oberhalb von Portugal) stammen soll, lassen sich jedenfalls durchaus beeindruckendere Fläschchen füllen.

JERZU, Cannonau die Sardegna 2009 DOC, Antichi Poderi, Italia. 4,99 €

Die Rebsorte Cannonau ist wohl der zurzeit bekannteste Weinexport Sardiniens, auch wenn es mit dem Vermentino di Gallura exzellente Weißweine und manch andere Köstlichkeit von der Insel zu entdecken gibt.

Auch wenn es nicht jeder glaubt (da war doch was auf dem VinoCamp, oder?) ist der Cannonau einfach die sardische Bezeichnung für Grenache, der anderswo u.a. auch unter Alicante oder Aragonés bekannt ist. Gerade auch im Vergleich zu den südfranzösischen Grenaches von der südl. Rhône oder aus dem Languedoc-Roussillon, (wo er zumeist als Cuvée mit Syrah und Carignan und oft weiteren Rebsorten verschnitten wird), die sich oftmals in der gleichen Preislage bewegen, fällt dieser eher einfach gestrickte Kandidat weder in qualitativer noch in preislicher Hinsicht besonders auf, allerdings auch nicht negativ.
Wie auch sein spanischer Kollege oben durchaus anständig gemacht, ohne jeden Fehler, aber auch ohne allzu großen Wiedererkennungswert. Auffallend helles Purpur mit Granatreflexen, wenig ausgeprägte, weiche Gewürztöne und eingekochte rote Früchte, recht kurzer Abgang… viel mehr gibt es nicht zu berichten. Ob er – wie angegeben – wirklich mit reifen Käsesorten harmoniert? Mit den Resten meines mittelalten Cantal (vielleicht sollte ich lieber über diesen wunderbaren Käse schreiben?) hatte er jedenfalls schon erhebliche Schwierigkeiten…

In dieser Preisregion spekulieren die Discounter auf die Nehmerqualitäten bzw. die Mitnahmementalität der Käufer – „Ach, schau mal, der sieht ja ganz gut aus, könnte man ja mal probieren und schlecht wird er ja nicht sein.“ Und genauso ist es auch, keiner der beiden Weine ist schlecht, beide anständig trinkbar, aber ein zufriedenes, breites Grinsen ob der erlegten Discount-Beute will sich nicht wirklich einstellen.

 

Motiv des Tages


3 Kommentare

  1. Ich hatte den Wein von Martin Codax als 2008er mal auf dem Tisch. Der Jahrgang hat mir damals ganz gut gefallen. http://bit.ly/kOVkAb

  2. Hast Du Dich in letzter Zeit auch schon mal gefragt, ob die lästigen Holznoten nicht inzwischen eher von Holzschnitzeln als von amerikanischer oder sonstiger zu stark gerösteter Eiche kommen? Die Unterscheidung auf den Etikett ist ja durchaus nicht sehr klar (es reicht ja, wenn die Infusion mit den Teebeuteln vorübergehend im alten Holzfass stattfand..).

    Cordula hat wohl so manchen Vinocamper zu ähnlichen Ausflügen inspiriert – ich dokumentiere jetzt auch immer besonders auffällige Exemplare im Supermarktregal, da komme ich ja solange ich noch in Deutschland bin, eher vorbei, als zu Hause. Und dann schaue ich im grünen Buch nach – die meisten finde ich aber leider doch nicht – die Auswahl dieser passe partout Weine für Großabnehmer ist eben doch zu groß.

  3. Iris, auf jeden Fall. Aber verallgemeinern lässt sich das auch nicht. Es gibt sicher viele sehr üble Holzer mit entsprechenden Methoden, aber auch genügend Winzer, die sehr anständiges bei guter Preis-Leistung abliefern. Die genannten Exemplare sind nicht die Tannin&Chips-Bomber, die man aus Rioja und anderso oft findet, aber auch solche, die nach unserem Geschmack den Holzeinsatz nicht richtig beherrschen.
    Welche Fässer zu welchem Wein passen, das ist ja eine Wissenschaft für sich, die auch hierzulande bei weitem nicht alle drauf haben – so mancher schlanke feingliedrige Spätburgunder wird durchs falsche Fass verhunzt…

    Ich beschäftige mich eher mit den Sonderposten als mit dem Regulärprogramm, dafür gibt’s ja die Cordula… und X-Mio. Kunden in D. 😉

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