Fakt – ob nun alternativ oder alternativlos – ist, dass es sich auch in der subjektiven Filterblase angenehmer mit Champagner leben lässt als ohne. Auch und gerade in Zeiten des abnehmenden Lichts…
Überleben in der Blase.
« Bubbles! I love Bubbles! »
Wenn es also in Folge #106 der Weinrallye mit dem Titel PERLEN um Schaumwein geht, und das, obwohl Silvester schon längst vorbei ist, dürfen ein paar schäumend schöne Beispiele nicht fehlen, obwohl ich eigentlich schon auf halbem Weg zur ViniSud nach Montpellier bin. Prickelndes gibt es dort sicher auch: Cava, Limoux, vielleicht auch Prosecco. Aber dazu ein andermal, die Zeit drängt. Und ja, es muss nicht immer Schampus sein. Kann aber. Hier geht’s zum Aufruf zur WeinRallye von Juliane Gassert von <einfachWein.net.>
Heidsieck, Koch, Taittinger, Mumm, Roederer, Bollinger, Deutz, Krug, Piper…
Die Deutschen haben eine gewisse Affinität zu den Petit Bulles, gehören sie doch mit den USA und Großbritannien zu den Hauptkonsumenten weltweit. Vom einfachen Kohlensäure-imprägnierten Perlwein / Prosecco frizzante / Secco über Winzersekt und Crémant bis hin zum Jahrgangschampagner aus berühmten Häusern wird er geliebt. Warum unter den großen Champagnehäusern so viele deutsch klingende Namen zu finden sind, ist eine andere Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll.
Kessler, Sekt und Kaiser
Vom Buchhalter zum Witwen-Teilhaber zum Sekthaus-Gründer. Georg Christian Kessler war in Diensten Witwe Barbe-Nicole Clicquot vom Commis über den Prokuristen zum Geschäftsführer aufgestiegen und wurde zuletzt Teilhaber. 1826 gründete er in Esslingen mit bestem Know-how Kessler, Deutschlands erste Sektmanufaktur. Und sehr geschmeidig kommt das Hochgewächs von Kessler daher, dicht gefolgt vom Jägergrün Riesling Brut.
Man könnte jetzt allerdings auch noch ausführlich über die ebenfalls ausgeprägte Liebe der Deutschen zu Billigsekt wie Rotkäppchen und Co. «Geiz ist geil», «Lidl und alle Discounter sind böse» philosophieren, aber dazu fehlt mir die Lustund heute auch die Zeit. Bilder sagen mehr.
Zum Gedenken an den Preußenkaiser…
und mehr oder weniger erheiternde Facebook-Debatten in entsprechenden Weingruppen und der fast schon traditionelle Verweis auf die deutsche Schnäppchenjägerkultur sei folgendes real-faktisch festgestellt:
die Deutsche Schaumweinsteuer, eingeführt zu Finanzierung der Kaiserlich Preußischen Kriegsflotte, beträgt nach dem Schaumwein- und Zwischenerzeugnis -Steuergesetz:
(§ 2 Abs. 1 SchaumwZwStG) ab 6 Volumenprozent Alkohol 136 €/hl =
1,02 € für eine 0,75 l – Flasche, auch, wenn sie nur 2,79 € kostet!
Wenn man die Kosten für Werbung, Flasche und Verschluss hinzuzählt, bleibt für den Sektgrund Wein bei einem VK-Preis von 2,99 € nicht mehr viel übrig…
Gute Bubbles, fiese Bläschen
Weg von dem klebrigen Gesöff mit den monströsen Marktanteilen hin zur Qualität. Eben gute Bubbles. Trocken. Oder zero dosage. Oder Pet Nat? Wurst. Hautsache gut!
Ich halte nichts von dem unsinnigen Vergleichen von inzwischen oft hervorragenden deutschen Rieslingsekt, ob nun vom Winzer oder sonst wo her, und Champagner. Wenn schon, dann möge man auch bei den Rebsorten vergleichbare Weine miteinander vergleichen, und nicht Riesling mit Chardonnay & Pinot, nicht 36 Monate Flaschengärung mit 9 Monaten, Zero & Demi Brut. Und ja, manchen Bubbles tut etwas mehr Dosage durchaus gut, es darf ja auch mal Spaß machen. Just my 5 Cts…
Oft genannt und wirklich gut:
Weinreich, Bassermann-Jordan, Braunewell, RR von Buhl, Barth, Vaux, Wilhelmshof und natürlich Raumland – zwischen 12 und 35 € finden sich hier wahrlich herausragende Erzeugnisse, die Vergleicherei erübrigt sich und man begibt sich auf die hoffentlich genussvolle Reise zum eigenen Geschmack zu den persönlichen Präferenzen. Alle genannten sind auch recht gut im Markt erhältlich, notfalls hilft das Web bei der Suche.
Champagner für Larry.
Wenn eine Freundin Geburtstag hat und gute Bubbles anfragt, macht man sich schon mal Gedanken über das Thema und schreibt etwas auf. Hier sind ein paar dabei, eine kleine, unvollständige, völlig subjektive persönliche Auswahl von mir.
Gute Bubbles Bottles.
Es gibt etliche Stile & Preise, von muffig-modrig bis fruchtig, von Brioche/Hefig bis Erdbeer mit Eisbonbon… und von ca 16-1700 € geht da einiges, muss aber nicht.
Gesucht war: «Normal» im Preis, aber deutlich überdurchschnittlich in der Qualität, ca. zwischen 30-80 €, keine Extremisten, aber auch keine Angorahasenstreichler. Ich habe die Bezugsquellen-Links gleich dran gelassen, sicher gibt es ggf. immer irgendwo im Angebot etwas günstiger… ich kaufe halt meist gerne dort und so, dass ich über den Versandkostenwert komme, und so bekommt man dann den Keller im Lauf der Zeit voll mit Kram 😉
Zum Vergleich:
Ein imho sehr durchschnittlicher Massen-Schampus wie Moet & Chandon Champagne Brut Imperial oder Veuve Clicquot Ponsardin (die Orange) kostet je nach Laden und Angebot ca 35-45 €, ist allerdings extrem langweilig… und mit dem Preis ziemlich overrated, nicht nur nach meiner Meinung. Dafür schmeckt er auch jedes Jahr gleich, egal wie Wetter und Weine waren… Der Standard Dom Perignon Vintage 2006 (die Prestige-Champagnermarke von Moët & Chandon) liegt bei ca. 130 €, es gibt noch Club-Füllungen wie eine Spezialabfüllung Dom Pérignon Vintage 2006 Björk & Cunningham Edition für ca. 159 € im Fachhandel, oder der „Leucht-Edition“ Dom Pérignon Vintage 2004 Luminous Label für knapp 200 €. Dafür aber mit beleuchtetem Etikett…
Moët & Chandon, Ruinart, Mercier, Dom Pérignon, Veuve Clicquot, Krug gehören übrigens alle zum Luxusgüter-Konzern LVHM, die mit gesamt ca 62,2 Mio. Flaschen fast 20% der gesamten Produktion der Champagne vertreibt. Nicht alles ist davon natürlich schlecht, aber die Eingangs-Cuvées sind einfach nicht konkurrenzfähig in Sachen Preis/Leistung. Müssen sie auch nicht, darum geht es nicht.
Nun aber ein paar ungeordnete Bubbles-Empfehlungen
Einer der Elegantesten unter den Bezahlbaren:
- Champagne Jacquesson »Cuvée N° 739« Extra Brut 44,50 €
bei der K&U – Weinhalle in Nürnberg, einem der besten Weinhändler Deutschlands. Schon die »Cuvée N° 738« wurde als einer der besten Champagner unter 50 € bezeichnet und der aktuelle 739er steht dem in nichts nach.
3.5 g /l Restzucker (ziemlich sehr Brut…) biologischer Anbau, Spontanvergärung – hier wird ein echter Individualist erzeugt, der nicht in jedem Jahr gleich schmeckt und dies auch gerade nicht beabsichtigt. 57% Chardonnay, 21 % Pinot Noir und 22% Pinot Meunier. im Mai 2016 degorgiert. Transparenz und Klarheit nicht nur in der Flasche sondern auch in der Kommunikation.
Die Brüder Jean-Hervé und Laurent Chiquet sind für mich zwei der größten Champagner-Persönlichkeiten der Gegenwart. Die Dégorgement Tardif Cuvées von Jacquesson »Cuvée N° 733, N° 734 und N° 735« sind auf einem Niveau, das technisch wie geschmacklich nur schwer zu übertreffen ist und stellt für mich unter den „normal im Handel erhältlichen“ eine individuelle Extraklasse dar. Mit 79-89 € am oberen Rand unserer Liste. In jeder Hinsicht.
- Champagne Bruno Michel »Blanc de Blanc 1. Cru« 39,95 €
Bruno ist nicht nur ein sympathischer, für die Champagne eher kleiner Winzer, sondern auch einer der besten Bio-Champagner-Produzenten. Mit dem hier kann kein Standard Veuve C. und kein Moët mithalten. Auch sehr fein:
- Champagne La Cuvée Brut Blanche Bruno Michel Bio 34,95 €
- ERIC RODEZ CUVÉE DES GRANDS VINTAGES, €61,90
Ein großartiges Sortiment hat Nicola Neumann von Champagne-Characters.com in München. Viele ungewöhnliche Sachen, vom kleinen Winzerschampus bis zum feinsten Grand Cru. Auch richtig gut von Rodez ist der hier:
- MILLESIME 2006 €49,90.
Champagne Lallier kenne ich erst seit ein paar Jahren und dank Birgitt Mockler in Ludwigsburg. Der
- CHAMPAGNE Lallier Grand Cru Millésime 2005 € 59,90 bei Aromakost.de
„präsentiert sich mit feinen, reifen Aromen von frisch getoastetem Brot und frischer Butter. Im Hintergrund dezente Fruchtnoten von Aprikose. Im Geschmack kommt er mit überschäumendem Temperament und komplexer Struktur daher. Cremiger Schmelz wird von frischer Fruchtsäure umspielt. Wunderbar ausbalancierte Champagner, der nach dem Öffnen etwas Zeit zur Entfaltung braucht.“
Blabla- her mit der Flasche! Geiles Zeuch!
Bewertungen & Awards, falls von Interesse: Wine Spectator: 92 Punkte für 2005, Wine Enthusiast: 91 Punkte für 2005, Stephen Tanzer: 90 Punkte für 2005, Decanter: Top 50 Champagner des Jahres 2013, IWSC: Gold (Outstanding) für 2005.
Es gibt vielerorts schon den 2008er, (hier für 56,50 € /bellvini.de) ich kenne aber nur den 05er-Jahrgang. Den 2005er gibt’s noch bei aromakost.de € 59,90. Ist aber sicher bald leer.
- CHAMPAGNE LALLIER – GRANDE RESERVE GRAND CRU
Einen großartigen Grand Cru liefert Lallier zum Preis eines Standard-Markengesöffs. 65% Pinot Noir, 35% Chardonnay. 91 PP, 17/20 J.Robinson, zZt. Reduziert für 30,92 € bei Vinatis.de
- Champagne Lenoble Brut Intense ca. 30 €
Sehr viel Champagner für wenig Geld – mehr geht kaum, nur anders. „Strong buy“ hab ich irgendwo gelesen… 30% Chardonnay aus dem Grand Cru Village Chouilly, 35% Pinot Noir aus dem Premier Cru village Bisseuil in Cruce, 35% Pinot Meunier aus Damery im Marne-Tal. Basisweine aus der Ernte 2011, Vins de réserve: 35%. Im Holzfass gelagert: 18%, Dosage: 5g/l. Lebendige Frische, straff strukturiert, kein Rumgelaber. Etwas Mandarine und reife Zitrone, reife Berläpsch-Äpfel in der Nase, geschnittener Ingwer, weißer Pfeffer, Orangenblüten und Buttertoast. La vie est belle intense! Bettane et Desseauve 2016 COUP DE CŒUR 16.5/20, 91 Punkte Wine Spectator.
Auch großartig aus der Terroir-Kollektion des Hauses Lenoble: Der Blanc de Blancs 2006 & 2009 Premier Cru, die Cuvée Gentilhomme und Lenoble Cuvée Les Aventures Grand Cru Blanc de Blancs. Beide reine Chardonnay.
Stephen Tanzer 93 Punkte, Fallstaff Dezember 2015: 96 Punkte… liegt aber mit knapp über 80 € auch außerhalb der avisierten Preisrange. Tyson Stelzer’s The Champagne Guide 2016-2017 gibt 94 Punkte für den klassischen Chouilly.
«…a showcase for the rounded, buttery presence and glowing locut,
yellow mirabelle plum and golden delicious apple opulence
of the village, accurately controlled by well-defined acid line…»
- CHAMPAGNER GOSSET GRANDE RESERVE 41,13 € bei Vinatis.de
Irgendwie mag ich fast alles, was von Gosset kommt. Die Grande Reserve z.B. mit 46% Chardonnay, 39% Pinot Noir, 15% Pinot Meunier gehört für mich zu den besten Standard-Brut, die man auch nicht nur beim Spezialisten bekommen kann. Für mich den Standard-Veuves, den Heidsiecks, Moët & Chandons weit überlegen. 17/20 J.Robinson, 93 Wine Spectator, 91 Parker.
- CHAMPAGNER GOSSET – GRAND BLANC DE BLANCS 49,65 € bei Vinatis.de
100% Chardonnay und 100 % Genuss. Punkt.
- Philipponnat Royale Reserve Brut, 29,90 € bei Gourmondo.de
Unter den günstigeren einer der besseren. Weinig, trinkig und würzig. „Läuft wie warmes Brot“. Alkoholgehalt: 12 %, mindestens drei Jahre Reifung auf der Hefe in den Flaschen. Teile der Grundweine werden in Holzfässern gelagert, erstaunlich komplex und kräftig. Philipponnat war angeblich das erste Champagner-Haus, in dem die Flaschen mit Jahrgang, Cuvée-Rebsortenverhältnis, Dosierung und dem Degorgier-Datum bezeichnet wurden. Pinot Noir 65%, Chardonnay 30% und Pinot Meunier 5%.
Winzersekt. Empfehlungen? Gute Bubbles?
Wo fängt man an… bei A wie Aldinger? Kreation Aldinger Wöhrwag 2008. Oder vielleicht der große Aldinger Brut Nature 2010… wer jetzt doch noch zum Champagnervergleich ausholt, der ist preislich ohnehin schon dort. für 50 € beim Lobenberg. Großes Schwabenlob! Raumland – auch hier ist das Vorbild jenseits der Riesling-Sekte klar. Schon die «Basis»-Cuvée Katharina brut (Pinot Meunier, Pinot Noir) des Sekt-Spezialisten aus Flörsheim-Dalsheim in Rheinhessen macht unglaublich Laune bei 12% und ist zu haben für sehr faire 15,80 € bei deutsche-weine.com Hier darf man das mal sagen: Ich habe schon schlechteren (auch Winzer-) Champagner für das Doppelte getrunken!
Finale furioso:
- Raumland Triumvirat Grande Cuvée Brut 2009, 37,00 € bei deutsche-weine.com
Zu guter Letzt nochmal Winzersekt Cru, richtig Gute Bubbles! Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay. Und ja, das ist quasi ein Jahrgangschampagner. Alkohol: 12,0%Vol. Restzucker: 1,7 g/l Säure: 7,1 g/l. Egal – er ist großartig, Brioche, Hefe, Florale Noten und so weiter, alles dran. Und er ist perfekt balanciert. Und nein – er ist mit fast 40 € auch nicht zu teuer für das, was er kann. Wer’s nicht glaubt, der soll Veuve oder MC trinken, bis er überschäumt.
Und Ende und aus.
Cheers, Santé und Prosit,
Eurer Weinanwalt.
Zusammenfassung der hoffentlich perlenden Guten Bubbles und die Links zu den anderen Beiträgen wie immer beim Veranstalter der WeinRallye, dieses mal bei <einfachWein.net.>