Der Mosel-Saar-Ruwer Verband GROSSER RING VDP vermeldet einen Sensationserlös bei der traditionsreichen, seit 1887 in Trier stattfindenden Weinversteigerung des Großen Rings/VDP Mosel-Saar-Ruwer vom letzten Freitag, den 18.09.2015:
Rekord! 12.000 € für eine Flasche Wein!
(zzgl. Aufgeld und MwSt. dann letztlich 14.994 €) – der höchste Preis, der weltweit je für eine Flasche jungen Wein erzielt wurde, so die Pressemitteilung des VDP-Verbandes. Es handelte sich wohlgemerkt nicht nur um eine einzelne, die versteigert wurde, sondern um 22 ganze Flaschen, sowie 36 Flaschen à 0,375l für jeweils 5.500 Euro…
Die Sensationsbouteillen stammten natürlich von keinem Unbekannten – Egon Müller IV aus Wiltingen an der Saar ist nicht zuletzt für seine edelsüßen Auslesen vom Scharzhofberg berühmt und dürfte jetzt noch häufiger als einer der Leuchttürme des deutschen Weins genannt werden.
Vor den internationalen Gästen steigerten sich die Kommissionäre letztlich auf den sechsfachen Wert des Mindestgebots der insgesamt 54 ganzen und halben Flaschen 2003er Trockenbeerenauslese hoch – ein grandioses Ergebnis, der die Stellung der Saarweine sicher auch jenseits der Landesgrenzen erheblich beflügeln wird.
Die VDP.Auktionen haben in der Form der „nassen“ Versteigerungen Tradition, bei der alle Weine, mit Ausnahme der Raritäten und Unikate, verkostet werden können. Außerdem kommen die Versteigerungsweine ausschließlich über die Versteigerungen auf den Markt und sind nicht im freien Handel erhältlich. Glücklich darf sich also schätzen, wer neben all der anderen Präziosen diesen Wein verkosten durfte, bevor er in wessen Schatzkammer auch immer verschwinden wird. Der Schwerpunkt der Versteigerungen liegt allerdings auf den besten Partien der jüngsten Jahrgänge der VDP-Güter, zu denen sich darüber hinaus noch besondere Einzelflaschen aus den Schatzkammern gesellen. Bei der diesjährigen Versteigerung wurden freilich auch andere herausragende Weine versteigert, nicht nur Trockenbeerenauslesen…
Nur mal so zum Vergleich – Top 50
Schaut man in die regelmäßig vom WineSearcher ermittelte Liste der „World’s Top 50 Most Expensive Wines“ von Anfang September, so findet sich auf dem ersten Platz ein Henri Jayer Richebourg Grand Cru, Cote de Nuits aus dem Burgund mit einem derzeitigen durchschnittlichen Flaschenpreis von $ 13,580. Auf dem zweiten Platz liegt der berühmte Romanee-Conti Grand Cru, ebenfalls Cote de Nuits, France mit $13,196. Egon Müller lag Anfang September mit seiner Scharzhofberger Riesling Trockenbeerenauslese auf Platz vier mit $6,924 und mit einem Eiswein auf Platz 34. Das Weingut Joh. Jos. Prüm taucht mit seiner TBA Wehlener Sonnenuhr Riesling Trockenbeerenauslese ebenfalls unter den Top 10 auf (7.), taxiert auf $4,867.
Leuchtturm, Edelsüßer Spitzenwein, Spitzenpreis. So what?
12.000 € – der Wahnsinn! Sprechen die einen von einem epochalen Ereignis mit epischer Bedeutung und dem endgültigen Durchbruch für des deutschen Weinbaus an sich, welchem nunmehr die gebührende Wertschätzung auch pekuniär zuteilwerde, wird anderswo vom Riesenhype gesprochen, welcher zwar sehr wohl für Egon Müller und seine wohl unzweifelhaft herausragenden Weine spräche, nicht aber auf den Rest der Wein-Republik übertragbar sei.
Fest steht: nach wie vor stehen fast ausschließlich deutsche edelsüße Weine in den Top-Rängen solcher Listen wie der des WineSearchers, sei es bei den Jungweinen, sei es bei den Raritäten. Auch wahr: Der Preis für deutsche Weine ist stellenweise einfach unterirdisch (der durchschnittlich im Markt erzielte Flaschenpreis sowieso), nicht nur bei den Steillagen-Rieslingen an Mosel und Mittelrhein. Die Aussagekraft solcher Vergleiche mag somit dahinstehen und ob sich langfristig eine „strahlende Leuchtturm-Wirkung“ über die deutschen Weinlande ergießen wird, bleibt abzuwarten.
Maximilian von Kunow vom VDP-Weingut von Hövel in Konz-Oberemmel/ Saar sieht größere Auswirkungen auf den gesamten Deutschen Weinbau durch diesen Versteigerungserfolg und die steigende Bedeutung der Trierer Weinversteigerung an sich. Diese ziehe inzwischen die zahlungskräftigsten internationalen Kunden und deren Vermittler an die Mosel und sorge für eine Renaissance der feinfruchtigen Prädikate bei den beteiligten Winzern, was sich auch in den Preisen niederschlägt. Ein steigendes Interesse im Ausland sorge außerdem für einen Export in weitere Länder, was ebenfalls nicht nur für einzelne Winzer von Bedeutung sei, so von Kunow.
Nicht schlecht – also für einen deutschen Wein!
Meines Erachtens nach sind es solche Ereignisse, die eben auch außerhalb der kleinen Weinwelt mittelfristig ihren Nachhall erzeugen werden und den Ruf einer Region positiv beeinflussen, und es gibt noch viel zu tun für den Ruf. Sehr viel. Nicht nur an Saar und Mosel… 12.000 €?
15 €? Für einen Deutschen Weißwein?
Wie? 35 € für einen Riesling?? Dafür bekomme ich ja schon einen…
Wer kennt das nicht, diese Bekundungen, dass man ja bei „richtig guten Weinen“ nur solche aus Frankreich oder Italien trinken könne, vielleicht noch aus Spanien und USA?
Es gibt sie immer noch, diese Vorurteile, und es gibt sie nicht nur in der Provinz.
Lassen wir Egon Müller mal beiseite, wir haben keinen Petrus, keine Domaine de la Romanée-Conti und kein Château d’Yquem oder Château Latour, aber auch keine Analogien zu den Supertuscans wie dem Tignanello.
(Lesenswert hierzu Manfred Klimek nebst Diskussion bei thewineparty.de)
Ob wir sie brauchen?
Sagen wir mal so – Leuchttürme bzw. mehr Aufmerksamkeit und Reputation von Winzern wirken sicher irgendwann auch auf die Region. Beim einen früher, beim anderen etwas später. Wer kannte vor 50 Jahren die Maremma als Weinbauregion, wer hat heute noch nie von Sassicaia oder Tignanello gehört? Nicht nur an der Côte-d’Or profitieren auch die Nachbarn und weniger bekannten Erzeuger auch in preislicher Hinsicht von den berühmten Domänen.
„Es ist verdammt viel guter Wein im Markt. Wer soll das alles trinken?“
Otto Henning fragt sich in der Facebook-Gruppe Hauptsache Wein:
„Aber dass die Leute deutlich mehr Geld für Wein ausgeben, weil eine Region ihr Prestige anhebt? Das glaube ich nicht.“
Die deutschen Trinker eher nicht, kurzfristig jedenfalls. Also doch die Chinesen?
Erst wenn die letzte TBA nach China,
der letzte Eiswein nach Singapur verschifft
und die letzte Steillagen-Auslese versteigert wurde,
werdet Ihr feststellen, dass Pinot Grigio und Dornfelder
nicht glücklich machen.
Ob wir sie brauchen?
Sagen wir mal so – Leuchttürme bzw. mehr Aufmerksamkeit und Reputation von Winzern wirken sicher irgendwann auch auf die Region. Beim einen früher, beim anderen etwas später. Wer kannte vor 50 Jahren die Maremma als Weinbauregion, wer hat heute noch nie von Sassicaia oder Tignanello gehört? Nicht nur an der Côte-d’Or profitieren auch anderswo die Nachbarn und weniger bekannten Erzeuger auch in preislicher Hinsicht von den berühmten Domänen.
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Foto-Credits: Copyright Roland Morgen.
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