Das VinoCamp2011 warf in der Session zur Diskussion rechtlicher Themen mit Thomas Günther und mir einiges an Fragen auf, deren Beantwortung oftmals nur angerissen werden konnten.
Auch dieser Artikel kann/will/soll hier keinesfalls eine ordentliche rechtliche Beratung ersetzen, wie auch überhaupt davon abzuraten ist, alles, was irgendwo im Web zu irgendeinem Thema mit rechtl. Relevanz gepostet wird, ungeprüft zu übernehmen.
Zu viele Halbwahrheiten, Veraltetes, und zu vielfältig sind die Einzelfälle… Und genau über einen solchen wird im Streitfalle auch ein Gericht zu entscheiden haben.
Hier also noch ein paar Zusammenfassungen und Erläuterungen zur Session, die natürlich ebenfalls nicht allumfänglich sein können und wollen.
Inhalte Dritter | Urheberrecht
Was sich auf jeden Fall verallgemeinernd feststellen lässt, ist folgendes: Beim Umgang mit Content Dritter, also all dem, was nicht selbst erstellt wurde, ist stets Vorsicht angebracht. Dies gilt insbesondere bei der Verwendung von urheberrechtlich relevantem Material anderer, welches auf der eigenen Webseite/ Shop/ Blog etc. eingebunden oder kopiert wird. Auch im DoItYourself-Web kann man nie von einem konkludenten Einverständnis der anderen ausgehen – im Zweifel also nachfragen (und im Zweifel Nutzung unterlassen!) und die Verwendung bestätigen lassen, zurücklinken auf die Seiten des Urhebers/Erstellers.
Das ist – ganz unabhängig von Rechtsfragen – auch eine Frage des Respekts vor dem Urheber, z.B. dem Fotografen, und i.Ü. auch
„Social Behavior“ im Sinne des SocialWeb-Gedankens.
„Sharing is Caring“ – aber bitte korrekt bleiben!
Eine Veröffentlichung von Inhalten unter Creative Commons wird man im Zweifel nie vermuten oder unterstellen können. Auf der anderen Seite gilt im deutschen Rechtsraum: Das Urheberrecht entsteht durch „Heben“ bzw. „Schöpfen“, und nicht durch Anbringung eines ©-Symbols (Copyright ist ein amerikanischer Terminus; schon die Entstehung des Rechts funktioniert anders als hierzulande). Was also nicht als urheberrechtlich bzw. copyrighted gekennzeichnet ist, darf trotzdem nicht einfach kopiert und verwendet werden! Gerade bei Fotografien ist dies stets zu beachten, ganz unabhängig von ihrer Schöpfungshöhe oder künstlerischem Wert.
Bekommt man von einem Fotografen oder einer Bildagentur das Recht eingeräumt, das Bild für die eigene Webseite, bspw. für einen Artikel zu nutzen, beinhaltet dieses übertragene und übertragbare Nutzungsrecht idR. nicht, dass man es unterlizenzieren darf oder das Werk in anderer Weise als in der lizenzierten (und ggf. bezahlten) verwenden kann. Flyer, Broschüren oder gar Plakate damit zu drucken wäre dann eine lizenzwidrige Verwendung mit den entsprechenden Rechtsfolgen für den Verstoß.
Das Abfotografieren von geschützten Werken Dritter kann ebenso urheberrechtswidrig sein, wie unter bestimmten Voraussetzungen das Nachstellen oder von Bildern, die ein Fotograf in schützenswerter Weise bereits angefertigt hat.
Impressum | Disclaimer
Dass sich auf einer Webseite ein „Impressum“ befinden muss, sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben – es gibt etliche Infos darüber im Web. Die Informationspflichten regeln sich nach dem Telemediengesetz und beinhalten insbesondere die in § 5 TMG festgelegten allgemeinen Informationspflichten. Besonderheiten ergeben sich auch aus anderen Quellen, etwa berufsrechtliche Regelungen, die weitergehende Informationen verlangen.
Es empfiehlt sich wirklich, sich das TMG mal anzusehen, da es auch wesentliche Grundsätze zur Verantwortlichkeit und zum Datenschutz im Web beinhaltet.
Gewerblichkeit – Wichtig: Auch wenn de facto viele Seiten/Blogs etc. kein echtes kommerzielles Interesse verfolgen, werden sie häufiger als rechtlich nicht mehr rein private Seiten bewertet, sondern unterfallen den strengeren Anforderungen für gewerbliche Seiten. Davon ist idR schon bei der Verwendung von Fanpages und Google-Anzeigen auszugehen… verkürzt könnte man festhalten, dass die meisten Weinblogger unter den Gewerblichkeitsbegriff fallen, was also auch entsprechende Impressumspflichten mit sich bringt. Für Winzerblogger sollte das ohnehin klar sein.
Ein Verstoß gegen die Informationspflichten (auch hinsichtl. Datenschutz) kann zu Abmahnungen durch einen Konkurrenten aufgrund wettbewerbsrechtl. Verletzung von Marktverhaltensnormen iSv. § 4 Nr. 11 UWG. Aber auch der Staat hält Sanktionen für entsprechende Verstöße bereit, so können bspw. aus dem TMG Ordnungswidrigkeiten bei Verstößen mit Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. (!) Das kann einem kleinen Winzer oder Blogger schon in arge Bedrängnis führen…
Datenschutz | Facebook-Like-Button
Das Thema Datenschutz ist vielleicht aktuell eines der spannendsten und relevantesten, wenngleich es kaum (oder keine, wie ich behaupten möchte) befriedigende Antworten gibt und die Politik keine Ideen für einen vernünftigen Schutz ohne unnötige Gängelung und Über-Verantwortung der Webschaffenden entwickelt. (Mich wunderte persönlich beim VinoCamp ja, dass dieses Thema im Gegensatz zu Urheberechtlichen Fragestellungen eigentlich nicht stattfand…). Gerade die Frage nach der datenschutzrechtlich zulässigen und unproblematischen Verwendung des FB-Like-Buttons hatten wir hier bei Baccantus und auch beim Dirk Würtz ausgiebig diskutiert, es gibt zwar ein Urteil in der Sache vom LG Berlin (Beschluss v. 14.03.2011 – Az.: 91 O 25/11), allerdings nicht von umfassender Relevanz hinsichtlich der Breite der Materie und der möglichen Folgen: Es wurde lediglich ein Wettbewerbsverstoß verneint, nicht jedoch die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Verwendung bejaht. Hier empfiehlt es sich, die Berichterstattung zum Thema zu verfolgen und in jedem Falle die Datenschutzerklärung auf den eigenen Seiten anzupassen, falls nicht geschehen. Wir haben bei Baccantus vorläufig die Verwendung des Buttons eingestellt, Dirk Würtz hat eine technische Lösung basteln lassen. (Eine einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung, ob Datenschutzverletzungen abmahnfähige Wettbewerbsverstöße sind, gibt es derzeit übrigens nicht.)
Hierzu noch eine kurze Anmerkung (meine Meinung):
Ich bin zunächst der Ansicht, dass Datenschutz ein wichtiges Anliegen ist und der allzu sorglose Umgang mit personenrelevanten Daten daher ein ernstzunehmendes Problem darstellt. Eine wie in Deutschland bei Politikern, Behörden und leider auch den Leitmedien und Privaten immer mehr verbreite Datenschutzhysterie halte ich für verfehlt, insbesondere dann, wenn sie den „einfachen“ Betreibern von Webseiten und Blogs übertriebene Vorkehrungsmaßnahmen und Aufklärungspflichten abverlangt, die diese kaum rechtskonform bewerkstelligen können. Die Politik ist hier ganz klar in der Handlungspflicht, Klarheit zu schaffen, auch durch neue bzw. angepasste Gesetze. Es kann nicht Aufgabe der Gerichte sein, hier jahrelang im Trüben zu Fischen und mangels verbindlicher Regelungen ein Richterrecht zu schaffen, dass evtl. zwar gesetzeskonform, nicht aber praktikabel und der Bedeutung des Internets gerecht wird, die kleinen Blogger und Privatwebseitenverwender aber komplett überfordert.
Disclaimer
Disclaimer „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt!“ – von derartigen Formulierungen, die sich zuhauf im Web finden, ist jedenfalls dringend abzuraten. Der Verwender bezweckt verständlicherweise damit die Verhinderung von wettbewerbsrechtlichen, urheberrechtlichen oder markenrechtlichen Abmahnungen, provoziert damit aber u.U. das genaue Gegenteil. Wie soll man auch bspw. Abmahnungen wegen eigener Urheberrechtsverletzungen durch deratiges Geschreibe abwenden können? Weder lässt sich eine solche also durch ein fesches Sprüchlein einfach ausschließen, noch entfaltet sie sonst die gewünschte Wirkung.
Eine Abmahnung bezweckt ja zunächst die Herbeiführung einer kostengünstigeren außergerichtlichen Streitbeilegung, welche gerade eine Beschreitung des Rechtsweges über die Gerichte per einstweiliger Verfügung oder Klageerhebung, die zumeist wesentlich kostenträchtiger ist, verhindern will. So ist bzw. wäre der Gegner genötigt, direkt über den Gerichtsweg vorzugehen.
Darüber hinaus stellt die Formulierung (unabhängig davon, dass sie oftmals einfach abgeschrieben wurde…) u.U. selbst möglicherweise ein abmahnungswürdiges Verhalten dar, sollte sie gegen das UWG verstoßen.
Zum Thema Disclaimer ist noch zu bemerken, dass auch eine Haftungsfreizeichnung für Inhalte Dritter und Links („Gemäß des Urteils des LG Hamburg vom 12. Mai 1998 distanziere ich mich…) nicht in jedem Falle trägt: Einzelfälle entscheidet im Streitfalle der Richter, nicht der Disclaimer-Verwender… und wer illegales Treiben Dritter auf seinen Seiten entdeckt, hat sein Hausrecht auszuüben und entsprechend aufzuräumen.
Verantwortlichkeit
Nach § 7 (1) TMG ist man für eigene Informationen, die zur Nutzung bereitgehalten werden, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Daraus folgt, dass man auch im Web die allgemeinen Regeln zu beachten hat, sprich alles, was im Real Life rechtswidrig ist, darf man auch auf den eigenen Webseiten nicht, selbst wenn man der Ansicht wäre, sie wären ja privat. (sehr pauschal gesagt…) Straftaten bleiben ebenfalls solche, unabhängig, ob sie nun auf der Straße oder auf einer Winzerwebseite begangen werden… aber das sollte dem gesunden Menschenverstand ohnehin einleuchten.
Schön wäre es…
Vielen Weinschreibern, Händlern und Journalisten würde es die Arbeit übrigens unglaublich erleichtern, hielten die Weingüter und Winzer auf ihren Seiten einen Download-Berreich zur Verfügung, von dem aus unter den dort genannten Regeln Bilder von Flaschen, Etiketten, Winzer, Weingut etc… sowie Beschreibungen / Datenblätter runtergeladen und verwendet werden können, also quasi eine „Pressemappe“. Die wenigsten machen es bisher (Aldinger fällt mir spontan ein)… man kann sicher viele Gegenargumente finden, aber aus Erzeugersicht hat man so wenigstens korrekte Daten und – im Idealfall – anständige Bilder von sich und seinen Flaschen in der Verbreitung im Netz und Print. Korrekte Aufklärung über die Nutzungsmöglichkeiten/ Lizenzrechte sollte natürlich dann auch sein; die Rechte des Fotografen entsprechend korrekt berücksichtigt werden.
Fazit
Viele spannende Themen „… und alle Fragen offen“. – ich hoffe ja, nicht alle. Bei Fragen einfach fragen, spätestens beim nächsten VinoCamp 2012 wird es viele neue geben 😉
Bildrechte
Fast schon als Beispiel zum obigen Thema / Urheberrecht, Bildrechte … 😉
Die Fotografie von der Session wurde neben vielen weiteren herausragenden Bildern (hier zu finden) von Fotograf Andreas Baldauf vom Fotostudio Beautygrafie erstellt und freundlicherweise die Nutzung gestattet. www.BEAUTYGRAFIE.de
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Shirts / WineWear
many more in the store 😉
Hi,
danke für die tolle Zusammenfassung, daran hatte ich auch gedacht. Die Hinweise, dass letztendlich alles eine Einzelfallentscheidung ist und, dass pauschalisierte Informationen nicht mehr als eine Richtungsangabe sein können, sind wichtig.
Zum Facebook Button kann ich noch das Plugin von Ferner in die Runde werfen: http://www.ferner-alsdorf.de/news-urteile/themen-specials/wordpress-plugins/
Zum Impressum möchte ich noch anmerken, dass bei geschäftlichen Internetseiten weitere Angaben erforderlich sind, dass das Impressum offensichtlich und mit wenigen Klicks erreichbar sein soll und, dass ich das Impressum als Bilddatei als problematisch einschätze. Ebendies gilt für alle „Verbraucherinformationen“. Auf FB-Seiten und in Twitter Profilen schadet zumindest ein Link zu einem Impressum nicht, wenn die Seiten keinen ausreichenden Platz dafür bieten. Der Infobereich für FB-Seiten ist z. B. nur für wenig Text ausgelegt.
Interessant war in der Session u.a., dass einige bereits praktische Erfahrungen mit den angesprochenen Themen machen mussten. 🙁
Stefan, wir freuen uns auf eine Fortsetzung 2012.
Danke Matthias! Wie erwähnt fallen die meisten Seiten unserer Kollegen unter den weitgefassten Gewerblichkeitsbegriff. Die leichte Erreichbarkeit des Impressums ist in der Tat wichtig, bei vielen Seiten aber gut versteckt…
die praktischen Erfahrungen einiger mit den Tücken des Rechts zeigen, dass die Problematiken nicht nur rein akademischer Natur sind und durchaus Relevanz im RL entfalten…
http://baccantus.de/2011/04/01/abmahnfalle-online-weinshop/
^^^ hier hatte ich neulich ua. über eine weitere Abmahnfalle geschrieben – die Preisangabenverordnung, die auch gerne mißachtet wird und dann mißgünstige Kollegen auf den Plan bringt…