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Pinot Noir – die Weinrallye#32

Pinot Noir – oder wie ich lernte, die Diva zu lieben

Ein schönes Thema für die Weinrallye#32, nur leider mal wieder viel zu wenig Zeit…
Spätburgunder, Blauburgunder, Blauer Spätburgunder, Blauer Burgunder – Pinot Noir!

Eine Diva im Weinberg, Keller und Glas und eine große Weinliebe, die höchsten Genuss und große Enttäuschungen bereithält. Von vielen für die vielleicht nobelste und nuancenreichste Rotweintraube gehalten, in jedem Falle eine Herausforderung für Qualitätswinzer und den geneigten Weintrinker.
Allzu seicht und belanglos kommen oftmals die Massenprodukte der selben Sorte daher. Und so ist es manchem, der erstmalig und nur mit einfacheren und einfältigsten Vertretern in Flaschenform Bekanntschaft machte, wohl kaum verständlich, warum in den Augen von Liebhabern weltweit ein seliges Glänzen auftaucht, sobald von PN, Côtes du Beaune, Nuits St. Georges, Chambolle-Musigny und Romanée-Conti die Rede ist.

Pinot Noir – Terroir

Der Urtyp aus dem mutmaßlichen Pinot-Stammland Burgund. Terroir – ein Begriff, der in dieser Region erfunden sein könnte, vielleicht ist das ja sogar der Fall. Zersplitterte Weinbergslagen, extrem unterschiedliche Böden von banal bis unvergleichlich in Preis und Qualität, unüber- und undurchschaubare Lagen und Bezeichnungen machen dem Liebhaber die Orientierung vielleicht noch schwerer als im Bordeaux. Und wie im Bordelais wird der weltweite Ruf der vielleicht feinsten und vielschichtigsten Rotweine durch wenige Ausnahmebetriebe begründet und fortgeführt, während andere sich nur allzu gerne von den teils exorbitanten Preisen zur Produktion von mäßiger bis unterirdischer Qualität  verleiten lassen. Nicht selten bekommt man aus der Region Weine für 20 – 50 Euro, die enttäuschend bis untrinkbar sind, während Pinot Noirs aus anderen Regionen der Welt oftmals schon in deutlich niedrigeren Preislagen zu überzeugen wissen. Guter Pinot hat allerdings überall seinen Preis, und der liegt fast immer über dem anderer Rebsorten. Lässt man den Preis bei der Betrachtung beiseite, so hängt das „Maß aller Dinge“ in Sachen Pinot Noir allerdings für viele Kenner immer noch im Burgund, und nicht in Übersee, auch wenn andere wiederum behaupten, dass gerade in dieser Region viel verschlafen wird, was modernere, wirtschaftliche und umweltfreundlichere Methoden in Keller und Weinberg betrifft. Manche gehen sogar soweit zu behaupten, dass man sich im Burgund zu sehr auf den Meriten ausruht, die frühere Generationen zu recht verdient haben.

Nicht Bordeaux, nicht Chianti oder gar Trollinger – meine Weinsozialisierung fand mit Weinen aus Burgund schon im zarten Alter statt, ohne behaupten zu wollen, sie damals auch nur annähernd verstanden zu haben. (und in der Tat habe ich neulich von einem befreudeten Winzer gehört: „ich baue jetzt seit 30 Jahren Spätburgunder an, und est jetzt fange ich langsam an zu kapieren, wie der wirklich tickt.“) Aus Vatterns Keller kamen an Feiertagen Tropfen von der Côte d`Or auf den Tisch, jedes mal eine heilige Handlung. Für lange Zeit für mich die Messlatte ließen sie mich als jungen Weintrinker meist tief enttäuscht von den ersten naiven eigenen Weinkäufen zurückkehren…  Eine Verkostung von Restbeständen von (sicher nicht optimal gelagerten) Weinen aus der Mitte der 70er bis Anfang der 80er ergab wiederholt folgendes Bild: Drei Weine der gleichen Charge, davon einer Essig, einer umgekippter öliger Sherry, einer jedoch der Himmel auf Erden, an den ich mich immer noch gerne erinnere.

Pinot Noir d’ailleurs

Das ewige Vergleichen mit den Weinen des Burgunds hat zwar lange Tradition, es langweilt aber auch ungemein. Gerade bei einer Terroir-Sorte wie dem Spätburgunder ist es doch viel spannender zu sehen, was Winzer aus so verschiedenen Regionen wie etwa Neuseeland, der Pfalz, dem Wallis, der Ostschweiz, Assmannshausen oder Kalifornien daraus machen und wie sie in ihrer eigenen Stilistik die Eigenschaften der Rebsorte mit dem Boden in Einklang bringen, oder eben auch nicht. Ein Friedrich Becker macht in Schweigen an der südlichen Weinstraße, knapp vor der Französischen Grenze gänzlich andere Spätburgunder, als ein Gantenbein oder andere Qualitätserzeuger in Fläsch, Maienfeld, Jenins und Malans, der Bündner Herrschaft. (übrigens eine meiner Lieblingsregionen für PN). Und auch bei derselben Philosophie und Knowhow ist ein Blauer Spätburgunder von Johner aus Bischoffingen im Kaiserstuhl etwas anderes, als ein Pinot Noir aus dem Johner Estate in Gladstone, NZ.

Drei Weine – Pinot Süd

Eigentlich hätte ich gerne ein paar Pinots aus der Ostschweiz und dem Wallis besprochen, doch die Beschaffung in der Kürze der Zeit hat nicht mehr geklappt. Vielleicht wäre das mal ein Projekt mit Dominik Vombach und Matthias Metze für die Zukunft?

Meine drei Weine sind also bis auf den Salwey Spontankäufe aus der erweiterten Region und aus dem Basissegment, preislich ebenfalls nahe beieinander und unter 10€.  Alle drei wurden zeitnah geöffnet und zeigten durchaus eine stilistische Verwandschaft,  trotz der deutlich unterschiedlichen Regionen Kaiserstuhl, Schaffhausen und Hagnau am Bodensee.

Wilchinger Blauburgunder AOC 2008

Etwas helleres Rubinrot als die anderen, fruchtig duftige Aromen, etwas Sauerkirsche, dabei sehr dezent, im Abgang kaum präsent.
Durchaus gefällig, könnte aber etwas mehr Säure vertragen, etwas verschwommener Eindruck am Gaumen.

Wilchinger Blauburgunder AOC 2008, GVS Schachenmann AG,
Weinkellerei Schaffhausen, Schweiz.


Salwey Spätburgunder 2007 Oberrottweil, Kaiserstuhl, Baden.

Der ausgewogenste der drei Weine ist der Spätburgunder vom Weingut Salwey, wobei er hier die Einstiegsklasse repräsentiert. Samtig, mäßige Tannine, sehr angenehme aber durchaus knackige Säure, vielschichtig und tiefgründig würziges Aromenspiel von Schwarzkirschen und erdig-mineralischen Tönen, dabei sehr präziser und gut ausgewogener Gaumeneindruck, bei dem die einzelnen Töne stets wahrnehmbar bleiben und nicht zu einem Tannin- oder fruchtüberladenen Brei verschmelzen.
Mein Favorit aus den dreien.

Salwey Spätburgunder 2007 Oberrottweil,
Kaiserstuhl, Baden.

Hagnauer Spätburgunder Burgstall 2008

Dunkles Rubinrot. Dicht- würzige Aromen von schwarzen Kirschen, Kakao und Mokka. Kräftiger Fruchteindruck am Gaumen mit etwas rauchigen Noten, samtig, angenehme, nicht übertriebene Säurestruktur.
Vielleicht etwas zu gefällig und zu geräuchert, jedenfalls angenehmer Trinkspaß und schön differenziert wahrnehmbare Aromatik.

Hagnauer Burgstall, 2008 Blauer Spätburgunder,
Hagnau, Winzerverein Hagnau eG.

Die Weinrallye im allgemeinen und besonderen

Eine Zusammenfassung der einzelnen Beiträge zur ‚Weinrallye#32 – Pinot Noir‘ – von der Themengastgeberin Iris Rutz-Rudel findet sich hier bei Facebook, vielen Dank Iris für das Engagement!
Was sich hinter der Weinrallye an sich verbirgt, erklärt am besten Erfinder Winzerblogger Thomas Lippert. Wir freuen uns schon auf die nächste Weinrallye!

3 Kommentare

  1. Danke für Deinen schönen, langen Beitrag – Pinot als Terroir-Diva und Rebsorte, die schon sowas wie eine Initiation beim jungen Trinker benötigt, kehrt ja erstaubnlicherweise bei einigen Rallyebeiträgern wieder. Ich finde das sehr interessant.

    Bisher habe ich so viel bei Euch allen gelesen, dass ich noch gar nicht zum Probieren gekommen bin – da muss ich mich wohl beeilen, um mithalten zu können:-).

  2. Da hast du dich aber ordentlich durch die komplexe Pinot-Thematik gekämpft. Schöner Artikel. Und einen Schweizer gabs auch noch, aber nicht aus der Herrschaft 😉 Weinreise Bündner Land gefällig?

  3. @Iris – lang? Man könnte ja ganze Bücher drüber schreiben… aber das Probieren sollte man wirklich nicht vergessen, auch die Pinot-Liebe geht schließlich über die Zunge bzw. Magen;-)

    @Domink, bin dabei! Fläsch, Maienfeld, Jenins und Malans – klingt doch nach einer guten Tour, oder?

Kommentare sind geschlossen.